Folgen der Zinswende

Währungshüter vor Änderung der TLTRO-Regeln

Die EZB steht Insidern zufolge kurz davor, wegen der Zinswende die Regeln für die in der Pandemie eingeführten Günstig-Kredite für Banken zu ändern. Dadurch entgehen den Instituten Milliardengewinne.

Währungshüter vor Änderung der TLTRO-Regeln

Reuters Washington – Die Währungshüter der Europäischen Zentralbank (EZB) stehen Insidern zufolge kurz vor einer Vereinbarung zur Änderung von Regeln für supergünstige Langfristkredite an Banken in Billionenhöhe. Mit einem solchen Schritt würden die Euro-Wächter risikolose Extragewinne der Geldhäuser im Währungsraum um mehrere 10 Mrd. Euro verringern, sagten mit den Diskussionen vertraute Personen zu Reuters. „Wir sind sehr nahe dran und eine Entscheidung wird bald kommen“, sagte einer der Insider am Rande des Jahrestreffens des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank: „Die endgültige Ausgestaltung wird den Banken wehtun und das ist auch unsere Absicht.“

Unter dem Stichwort TLTRO hatte die EZB in den vergangenen Jahren eine Serie zielgerichteter Kreditspritzen aufgelegt, um während der Coronakrise dafür zu sorgen, dass die Institute ausreichend Liquidität be­sitzen, um die Kreditvergabe an Unternehmen aufrechtzuerhalten. TLTRO steht für „Targeted longer-term Refinancing Operations“, auf Deutsch: zielgerichtete längerfristige Refinanzierungsmaßnahmen. Die Banken im Euroraum halten aus solchen Krediten derzeit Gelder in Höhe von rund 2,1 Bill. Euro.

Extragewinn dank Zinswende

Durch die unerwartet kräftigen Zinserhöhungen der EZB in diesem Jahr wurden aber mittlerweile die Strafzinsen für Banken abgeschafft und der Einlagenzins auf aktuell 0,75 % gesetzt. Den Instituten winken dadurch nun Milliarden an risikolosen Extragewinnen aus den Konditionen dieser Kredite. Dazu müssen sie die TLTRO-Gelder nur bei der Notenbank bis zum Auslaufen des Programm parken. An solche Extragewinne der Banken war damals nicht gedacht worden.

Den Insidern zufolge ist mit einer Entscheidung auf der Zinssitzung am 27. Oktober zu rechnen, da es keine Vorteile bringe zu warten. Die Auswirkungen der Änderungen würden sich auf etwa 30 bis 40 Mrd. Euro belaufen, sagte einer der Eingeweihten. Laut einer anderen mit den Plänen vertrauten Person könnte der Effekt sogar noch viel größer sein, wenn die Zinsen noch weiter ansteigen, wie es die Märkte aktuell erwarten. So wird derzeit damit gerechnet, dass der Einlagensatz bis zum Jahresende noch auf annähernd 2,0 % klettern und 2023 noch weiter angehoben werden könnte. Damit würden die Zusatzgewinne der Banken noch einmal deutlich anschwellen. Ein EZB-Sprecher lehnte eine Stellungnahme dazu ab.

Von den drei laut Insidern verbliebenen Vorschlägen wäre die einfachste Option, die ursprünglichen Bedingungen der TLTRO-Kredite abzuändern, so dass bei der EZB geparktes Geld nicht mehr zum Einlagensatz verzinst würde. Dies würde alle Banken gleichermaßen be­treffen, könnte aber rechtliche Schritte der Banken nach sich ziehen, die gegen die Änderung klagen. Eine andere Option wäre, Gelder aus TLTRO-Krediten ähnlich zu behandeln wie die Mindestreserven, die von den Geschäftsbanken bei der Notenbank gehalten werden. Diese Reserven werden aktuell mit 0,5% und damit unter dem EZB-Einlagensatz verzinst. Eine dritte Option wäre eine Art Staffelung, die es den Banken ermöglichen würde, bis zu einem bestimmten Schwellenwert günstigere Zinsen zu erhalten. Ab dieser Schwelle würde dann ein niedrigerer Satz greifen.