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Was das EU-Bankenpaket für die Sparkassen bedeutet

Von Andreas Heitker, Brüssel Börsen-Zeitung, 11.12.2018 Nach langem und hartem Ringen haben sich in der vergangenen Woche die Finanzminister der EU und Vertreter des Europäischen Parlaments auf umfangreiche Änderungen in der Bankenregulierung...

Was das EU-Bankenpaket für die Sparkassen bedeutet

Von Andreas Heitker, BrüsselNach langem und hartem Ringen haben sich in der vergangenen Woche die Finanzminister der EU und Vertreter des Europäischen Parlaments auf umfangreiche Änderungen in der Bankenregulierung geeinigt. Der Gesetzgebungsprozess für dieses sogenannte Risikoreduzierungspaket, das an der europäischen Kapitalrichtlinie sowie am EU-Abwicklungsregime ansetzt, ist damit noch nicht abgeschlossen. Die Auswirkungen des Kompromisses gerade für kleinere Institute – also in Deutschland vor allem die vielen Sparkassen, Volks- und Raiffeisenbanken – sind aber schon greifbar. Komplizierte DefinitionFür sie ändert sich einiges zum Positiven: Die europäische Bankenregulierung wird nämlich deutlich verhältnismäßiger ausgestaltet. Komplexität, Größe und Geschäftsmodell der einzelnen Institute erhalten stärkere Beachtung.In den Genuss dieser Vorteile sollen Institute mit einer Bilanzsumme von bis zu 5 Mrd. Euro kommen können. Der Schwellenwert liegt damit deutlich über den ursprünglich von der EU-Kommission vorgeschlagenen 1,5 Mrd. Euro. Rund 85 % der Sparkassen könnten damit Erleichterungen bei den Regulierungsanforderungen erwarten. Und von den mehr als 900 Genossenschaftsbanken verbuchten letzten Zahlen zufolge lediglich 23 eine Bilanzsumme, die oberhalb des neuen Schwellenwertes liegt.Die einzelnen EU-Staaten dürfen die Schwelle allerdings auch absenken, und die nationalen Aufsichtsbehörden sollen zudem die Möglichkeit erhalten, Instituten die Einstufung als “kleine und nicht komplexe Bank” zu versagen, wenn zusätzliche qualitative Kriterien nicht erfüllt werden. Dazu gehört unter anderem, dass das Handelsbuch und das Derivatgeschäft je weniger als 5 % der Bilanzsumme ausmachen müssen.Drei Viertel der Vermögenswerte und Verbindlichkeiten müssen einen Bezug zum europäischen Wirtschaftsraum haben. Die Banken dürfen zudem – außer bei bestimmten Tochtergesellschaften – keine internen Modelle verwenden, und sie sollten auch keinen oder allenfalls einen vereinfachten Abwicklungsplan nach der BRRD vorlegen müssen.Sollten diese Kriterien alle erfüllt sein, wird bei den Offenlegungspflichten künftig allerdings auch noch zwischen Banken unterschieden, die an der Börse gelistet sind, und nichtnotierten Instituten. Beide müssen auch weiterhin Schlüsselparameter offenlegen. Dazu gehören Angaben zu Eigenmitteln, Kernkapital, Kapitalpuffer, Leverage Ratio, Liquiditätsquote und gegebenenfalls auch zum Bail-in-Puffer MREL. Nicht gelistete Institute müssen aber keine Informationen über Geschäftsstruktur, Vergütung und Risikomanagement nennen – im Gegensatz zu den Banken an der Börse. Diese müssen zum Beispiel Angaben zum Verhältnis von fester und variabler Vergütung oder zur Gesamtvergütung des Vorstands machen.Aber auch die Börsenbanken erfahren Erleichterungen: Informationen etwa zur Funktions- und Entscheidungsweise des Vergütungssystems sowie detaillierte Angaben zu Eigenmitteln, Markt- und Zinsrisiko, Verbriefungen, Liquiditätsquote, NSFR, Leverage Ratio sowie zu internen Modellen werden nicht mehr oder allenfalls noch in vereinfachter Form verlangt.Das EU-Parlament setzte in den Trilog-Verhandlungen hier ebenso seine Vorstellungen durch wie im Bereich des Meldewesens. Bereits die EU-Kommission hatte vorgeschlagen, die Bankenaufsichtsbehörde EBA damit zu beauftragen, Vorschläge zu machen, wie die Granularität der Meldeabfragen für kleine Institute verringert werden kann. Meldekosten sinken deutlichDas Mandat für die EBA wird nun noch einmal erweitert: Sie soll jetzt eine umfassende Bewertung des Mehrwerts aller zu meldenden Daten für Kleinbanken vornehmen und damit auch helfen, überflüssige Datenerhebungen zu beseitigen.Im Fokus stehen dabei unter anderem Meldungen zum Großkreditregime, zur Verschuldungsquote und zu Vermögenswerten. Die EBA-Vorschläge sollen dazu führen, die durchschnittlichen Meldekosten für kleine Institute mindestens um 10 %, idealerweise um 20 % zu senken.Auch in einem anderen Punkt, der gerade die kleineren Banken seit Jahren umtreibt, wird die EBA nun in die Pflicht genommen: Es geht dabei um die Abfrage von ähnlichen, jedoch nicht identischen Daten durch die Aufsichtsbehörden und die damit einhergehenden Zusatzbelastungen der Institute. Die EBA soll nun einen Bericht vorlegen, wie ein einheitliches und integriertes System zur Datenerhebung geschaffen werden kann, was den administrativen und finanziellen Aufwand erheblich verringern könnte.Im aktuellen Bankenpaket schon enthalten ist, dass kleine Institute nur eine vereinfachte Version der strukturellen Liquiditätsquote NSFR erfüllen müssen. Diese basiert dann auf der Baseler Variante, erfordert jedoch erheblich weniger Datenvolumen. Allerdings soll im Bereich der Refinanzierung strenger kalibriert werden. Bei der grundsätzlichen Überarbeitung des Handelsbuchs werden zur Berechnung der Kapitalanforderungen die alten Regeln genutzt und für Banken mit kleinen Handelsaktivitäten die Schwellenwerte beibehalten. Jedoch gibt es operationelle Vereinfachungen, etwa bei der Frage, ob Handelstische eingerichtet werden müssen.Auch bei der Berechnung des Zinsrisikos im Bankenbuch wird ein vereinfachter Ansatz für Kleinbanken eingeführt. Beim aufsichtsrechtlichen Überprüfungsprozess (SREP) können Behörden künftig auf ein IT-gestütztes Verfahren bei Banken mit ähnlichem Geschäftsmodell zurückgreifen. Genossenschaftsbanken und Sparkassen können auch hier mit einfacheren Prozessen rechnen.