Euroraum

Zwist um Bail-in-Regeln bedroht Bankenunion

Die Regeln für die Abwicklung gescheiterter Kreditinstitute sorgen für Streit in der Eurogruppe. Einige Länder wollen die Vorgaben aufweichen.

Zwist um Bail-in-Regeln bedroht Bankenunion

Bloomberg Frankfurt

Europas jüngstem Vorstoß zur Wiederbelebung der seit langem festgefahrenen Verhandlungen über eine Bankenunion droht neuer Gegenwind. Nach dem Willen einiger Mitgliedstaaten des Euroraums sollen Regeln für die Abwicklung gescheiterter Kreditinstitute umgeschrieben werden. Die vergangenen Monate vom Vorsitzenden der Eurogruppe, Paschal Donohoe, vorgestellte Initiative sieht neben anderen Maßnahmen auch die schrittweise Schaffung einer gemeinsamen Einlagensicherung vor.

Doch einige Länder nutzen die Gelegenheit, um ein sieben Jahre altes Regelwerk aufzuweichen, das Investoren zwingt, Verluste zu übernehmen, wenn Banken pleitegehen, berichten mit der Angelegenheit vertraute Personen. Das wiederum ist eine rote Linie für andere Länder wie Deutschland, sagten Personen, die nicht namentlich genannt werden wollten. Seit Vorstellung des Fahrplans für einen Banken-Binnenmarkt vor einem Jahrzehnt hat die Eurozone Fortschritte bei der gemeinsamen Bankenaufsicht gemacht und eine Behörde zur Abwicklung von in Schieflage geratenen Kreditinstituten eingerichtet. Der Streit darüber, ob die bestehenden Regeln für ein Bail-in aufgeweicht werden sollen, stellt nun Fortschritte in Frage, wenn sich die Finanzminister bei ihrem Treffen im Juni mit dem Thema befassen. „Es war eine klare Lehre aus der Finanzkrise, dass die Eigentümer einer Bank haften müssen, und auch die Gläubiger nicht aus dem Schneider sein sollten“, erklärte Florian Toncar, Staatssekretär im Bundesfinanzministerium. „Das wäre ein großer Rückschritt. Wir wollen nicht, dass die derzeitigen Regeln aufgeweicht werden.”

Der europäische Abwicklungsmechanismus ist seit 2015 in Kraft. Seitdem sind zwar Banken zusammengebrochen, aber das Verfahren zur Erzwingung von Verlusten bei einer breiten Basis von Anlegern ist noch unerprobt. In einigen Ländern wurden Schlupflöcher genutzt, um die Inhaber nichtnachrangiger Anleihen vor Verlusten zu schützen. In Europa müssen mindestens 8% der Verbindlichkeiten eines gescheiterten Instituts durch Bail-in getragen werden, bevor der Bankenabwicklungsfonds zum Auffangen von Verlusten eingesetzt werden kann. 

Eine Senkung dieser Schwelle könnte als riskant eingestuften Banken helfen, ihre Finanzierungskosten zu senken, und die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass der Abwicklungsfonds Verluste bei gescheiterten Kreditgebern ausgleichen muss. Der Fonds setzt sich aus Beiträgen der Banken zusammen, wird aber von den Steuerzahlern abgesichert, wenn er ausgeschöpft ist.

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