Sorgfaltspflichten

Einigung auf EU-Lieferkettengesetz

EU-Staaten und Europaparlament einigen sich auf umstrittene Sorgfaltspflichten für Unternehmen. Wirtschaftsverbände protestieren, die Finanzbranche bleibt weitgehend außen vor.

Einigung auf EU-Lieferkettengesetz

Einigung auf EU-Lieferkettengesetz

Wirtschaftsverbände protestieren – Finanzbranche weitgehend außen vor

rec Brüssel

Unter vehementem Protest aus der Wirtschaft haben Europaparlament und EU-Staaten ein Lieferkettengesetz für die gesamte Europäische Union beschlossen. Unternehmen ab 500 Beschäftigten und 150 Mill. Euro Jahresumsatz sollen künftig darauf achten, dass Geschäftspartner entlang ihrer gesamten globalen Lieferketten auf Menschenrechte und Umwelt achten. Außerdem müssen sie Transitionspläne im Einklang mit dem Pariser Klimaabkommen erarbeiten.

Letzteres gilt auch für den Finanzsektor. Ansonsten sind Banken, Versicherer und Fondshäuser von sogenannten Sorgfaltspflichten vorerst ausgenommen. EU-Industriekommissar Thierry Breton kündigte einen separaten Gesetzesvorschlag für die Finanzbranche an. "Der Gesetzgeber stellt dem Finanzsektor einen Freibrief aus", kritisierte der SPD-Europaabgeordnete René Repasi.

Ampel-Koalition muss nachschärfen

Die Bundesregierung wird das deutsche Lieferkettengesetz nachschärfen müssen. Es ist Anfang 2023 in Kraft getreten. Ab Januar wird es auf deutlich mehr Unternehmen ausgeweitet, nämlich alle ab 1.000 Beschäftigten. Bislang liegt die Grenze bei 3.000 Mitarbeitern. Diese Schwelle soll nach dem Willen der EU-Gesetzgeber auf 500 sinken, wobei es in vielen anderen EU-Staaten bislang noch gar kein Lieferkettengesetz gibt.

Das EU-Lieferkettengesetz geht an zentralen Stellen über die Vorschriften des deutschen Lieferkettengesetzes hinaus. So sieht die Übereinkunft auf EU-Ebene eine zivilrechtliche Haftung europäischer Unternehmen vor. Das heißt, Opfer von Menschenrechtsverletzungen oder Umweltverstößen bei Geschäftspartnern im Ausland dürfen vor einem hiesigen Gericht auf Schadenersatz klagen.

Besorgnis über noch mehr Bürokratie

Wirtschaftsverbände äußern große Besorgnis vor weiter steigenden Bürokratielasten. Große Probleme sehen sie vor allem auf Mittelständler zukommen. Vertreter mehrerer Branchen fordern deshalb die Bundesregierung auf, die EU-Einigung abzulehnen. Auch aus den Reihen der Union im EU-Parlament kommen Vorbehalte: Daniel Caspary, Vorsitzender der CDU/CSU-Gruppe, befürchtet einen Rückzug von Unternehmen "beispielsweise aus Afrika".

Beim Versicherungsverband GDV zeigt man sich erleichtert. "Wir begrüßen die Entscheidung des Gesetzgebers, das Versicherungsgeschäft zunächst vom Anwendungsbereich auszunehmen", sagt GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen. Andernfalls sei fraglich, "ob beispielsweise Industrieunternehmen noch ausreichend Versicherungsschutz bekommen können", so Asmussen.

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