Immobilienmanagement

Daten verfeinern den Investmentprozess

Die Möglichkeiten der Datenanalyse gehen weit über die Bewertung des Umfelds von Wohnimmobilien hinaus und lassen sich auch für andere Anlageklassen anwenden. Damit gewinnen Investmentmanager ein Werkzeug, um Investmentmöglichkeiten zu identifizieren.

Daten verfeinern den Investmentprozess

Die Vermessung der Welt ist durch die Digitalisierung erheblich vorangeschritten. Damit ist auch der Anspruch an das Investmentmanagement von Immobilien gestiegen. Eine umfassende Bewertung einer Immobilie bezieht heute neben Ausstattungsmerkmalen vor allem das Umfeld viel stärker und detaillierter ein als noch vor wenigen Jahren. Denn Umfang und Qualität ortsbezogener Daten sowie die Möglichkeiten, diese auszuwerten, haben sich enorm verbessert.

So lässt sich heute viel genauer bestimmen, was eine gute Lage für welche Mietergruppe auszeichnet und vor allem wie sich der jeweilige Standort in Zukunft entwickeln wird. Das Investmentmanagement ge­winnt hierdurch wichtige Erkenntnisse dazu, wo Investments besonders vielversprechend sind und wie sich Immobilien am besten weiterentwickeln lassen. Die Suche nach der besten Lage wird damit erheblich präziser.

Ortsbezogene Daten zu Städten und Standorten sind heute ausreichend vorhanden. Öffentlicher Nahverkehr, Schulen, Grünanlagen, Einkaufsgelegenheiten­, Restaurants, Spielplätze und vieles mehr, was eine attraktive Lage ausmacht, sind über Datenanbieter und Online-Kartendienste verfügbar. Mehr als 250000 Datenpunkte für London, mehr als 400000 für Paris oder 56000 für München fließen beispielsweise in die Datenbasis von Patrizia ein, die aktuell mehr als 25 Millionen Datenpunkte umfasst – Tendenz steigend.

Für die Analyse wird diese ortsbezogene Datenbasis mit Kennzahlen zum Immobilienmarkt und sozio-ökonomischen Informationen angereichert. Die Auswertung setzt eine strukturierte Erfassung der Daten und IT-Systeme mit ausreichender Rechenleistung voraus. Die größere Herausforderung besteht jedoch darin, die umfangreiche Datenbasis intelligent auszuwerten.

Hierzu braucht es eine eigene Analysemethodik mit aussagekräftigen Variablen, wie sie beispielsweise Patrizia­ für ihr Investmentmanagement entwickelt hat. Methoden der künstlichen Intelligenz (KI) sind dabei den klassischen Regressionsanalysen überlegen, da sie die Dynamiken im Immobilienmarkt besser abbilden können.

Ansatzpunkte für die Analyse von Wohnimmobilien bietet etwa das Konzept der „15-Minuten-Stadt“ des französisch-kolumbianischen Stadtentwicklers Carlos Moreno. Laut dem Konzept ist eine Lage dann attraktiv, wenn sich wichtige Einrichtungen – etwa für Bildung, Arbeit, Mobilität und Naherholung – innerhalb einer Viertelstunde mit dem Fahrrad erreichen lassen.

Anhand der ortsbezogenen Daten lässt sich eine solche Erreichbarkeit bestimmen und so die Attraktivität einer beliebigen Wohnlage feststellen. Entscheidend hierbei ist die Gewichtung der einzelnen Kriterien, also beispielsweise welchen Einfluss eine nahe gelegene Schule im Vergleich zu einem gut erreichbaren Supermarkt oder einem Park auf die Attraktivität der jeweiligen Wohn­lage hat.

Für ein solches Gewichtungssystem ist der Input der Investmentmanager vor Ort wichtig. Beispielsweise können Sonderfälle, die nicht in den Datenbanken erfasst sind, wie prominente Nachbarn, etwa Fußball- oder Fernsehstars, oder landesspezifische Unterschiede, etwa die Nähe zu Cafés in Madrid oder zu Pubs in englischen Städten, den Wert einer Lage steigern.

KI plus Investmenterfahrung

Mithilfe der automatisierten Analyse erhält der Investmentmanager für eine beliebige Lage innerhalb weniger Minuten eine Bewertung, wie attraktiv die jeweilige Wohnlage ist. Dieser Wert lässt sich mit dem Mietniveau vergleichen und zeigt so – gemessen an der Attraktivität der Lage – eine Über- oder Unterbewertung auf. Neben dem Gesamtwert ist hierbei vor allem der Score für die einzelnen Kategorien entlang des Konzeptes der „15-Minuten-Stadt“ aufschlussreich.

Die differenzierte Betrachtung der Kriterien gibt beispielsweise Aufschluss darüber, für welche Mietergruppen die jeweilige Wohnlage besonders attraktiv ist und damit welche Zimmerzahl und Ausstattungsmerkmale gefragt sind. Da die Daten mittlerweile über längere Zeiträume verfügbar sind, kristallisieren sich Entwicklungsdynamiken in der jeweiligen Stadt heraus. Es zeigt sich, welche Stadtteile attraktiver geworden sind und wo Potenzial besteht, dass sich das Wohnumfeld weiter verbessert.

Die Analysen sind heute wichtige Entscheidungshilfen für die Investmentmanager. Sie gehören beispielsweise zur Due Diligence für jede Investmententscheidung. Auch können regelmäßige Trendanalysen Anomalien und Bewertungsunterschiede aufzeigen. Sie helfen damit, Investmentpotenziale zu identifizieren und neue Investmentideen zu entwickeln. Dabei ist die Interpretation durch den Investmentmanager ausschlaggebend. So sind die Ergebnisse je nach Investmentziel unterschiedlich zu bewerten: Sucht der Investmentmanager beispielsweise Lagen für eine Projektentwicklung, können gerade weniger erschlossene Standorte und damit ein aktuell noch als weniger attraktiv geltendes Umfeld interessant sein.

Die Möglichkeiten der Datenanalyse gehen weit über die Bewertung des Umfelds von Wohnimmobilien hinaus und lassen sich auch für andere Anlageklassen anwenden, beispielsweise für Büros oder Seniorenheime. Mit den Möglichkeiten der Datenanalyse gewinnen Investmentmanager damit ein hilfreiches Werkzeug, um attraktive Investmentmöglichkeiten zu identifizieren. Dies hilft ihnen, dem wachsenden Anspruch an Immobilieninvestments auch in Zukunft gerecht zu werden.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.