Abspaltung

Daimler Truck fährt an die Börse

Vom kommenden Freitag an steht auch das Lkw- und Busgeschäft auf dem Kurszettel in Frankfurt. Die Erwartungen an das Unternehmen sind hoch.

Daimler Truck fährt an die Börse

Von Joachim Herr, München

Mehr Tempo, mehr Flexibilität und mehr Innovationskraft: Das erhofft sich der Vorstand von Daimler von der Abspaltung des Lkw- und Busgeschäfts. Mit dem Eintrag ins Handelsregister voraussichtlich am 9. Dezember ist es ganz offiziell so weit: Die Daimler Truck AG ist unabhängig. Am Ende dieses Wegs steht die erstmalige Börsennotierung im Prime Standard in Frankfurt am kommenden Freitag.

Der Aufbruch in eine neue Phase des Unternehmens, dessen Anfänge ins Jahr 1886 zurückreichen, wird in den sozialen Medien zele­briert. „Von heute an sind wir unabhängig“, lautete die Botschaft von Daimler Truck auf dem Kurznachrichtendienst Twitter am 1. Dezember.

Am Tag zuvor hatte Daimler-Konzernchef Ola Källenius auf Linkedin ein Foto von sich gepostet: Källenius verteilt zum Abschied „Lkw“ an die Beschäftigten – freilich korrekt mit Maske, Küchenkittel und Handschuhen ausgestattet. „Lkw“ steht im Schwäbischen für Leberkäswecken, die im Norden Deutschlands Fleischkäsebrötchen heißen.

Die nette Geste findet viel Applaus auf Linkedin. Zu lesen sind aber auch kritische Stimmen. Ein Mitarbeiter schreibt: „Die Begründung für die Abspaltung ist mir immer noch unklar … Aber egal … Die Welt dreht sich weiter.“ Der Kapitalmarkt und die Aktionäre erhoffen sich dagegen viel von der Trennung. Das spiegelt sich bereits an der Börse wider: Der Aktienkurs von Daimler ist vom Beginn dieses Jahres bis zu dem am 22. November erreichten Spitzenwert von knapp 91 Euro um 60% gestiegen. Es war der höchste Stand seit sechseinhalb Jahren. Zum Vergleich: Der Aktienkurs von BMW hat in diesem Jahr bis zur Spitze im November lediglich um ein Drittel zugelegt.

Erklärung für die starke Entwicklung der Daimler-Aktie ist deshalb nicht nur die gestiegene Profitabilität in einer Phase, in der der Halbleitermangel den Absatz trotz hoher Nachfrage empfindlich bremst. Offenbar hat die Börse den Konglomeratsabschlag zumindest zum Teil schon herausgerechnet. Einige Analysten erkennen auch nach dem Höhenflug des Aktienkurses noch Spielraum nach oben. Nach Ansicht der Berenberg Bank, die ein Kursziel von 115 Euro steckt, hat Daimler das Margenpotenzial noch nicht ausgeschöpft. Mercedes allein ist nach Einschätzung von Optimisten so viel wert wie heute die ganze Daimler AG. Das Nutzfahrzeuggeschäft bekämen die Aktionäre somit geschenkt dazu. Aktuell beträgt die Marktkapitalisierung gut 92 Mrd. Euro.

Überwältigend war die Zustimmung der Daimler-Aktionäre auf der Hauptversammlung am 1. Oktober: 99,9% stimmten für die Aufspaltung. Gut 56% des Grundkapitals waren vertreten. Beschlossen wurde dort auch die Umfirmierung der Daimler AG in Mercedes-Benz Group AG zum 1. Februar 2022. Das klare Votum der Aktionäre ist allerdings auch eine Bürde für das Management von Daimler Truck. Zum einen sind die Erwartungen hoch, zum anderen kann sich das Lkw- und Busgeschäft nun nicht mehr hinter dem am Umsatz gemessen etwa dreimal so großen Pkw-Segment verstecken.

„Jede Region muss liefern“

Der Vorstand von Daimler Truck um den Vorsitzenden Martin Daum zeigt sich entschlossen, die Profitabilität zu steigern. „Jede Region muss liefern“, fordert Daum. Maßstab sind die Renditeziele für das Jahr 2025.

Aufholen muss vor allem das Geschäft in Europa und Brasilien mit der Marke Mercedes-Benz Trucks. Damit das gelingt, hat Daimler Karin Rådström vom Konkurrenten Scania abgeworben. Sie ist im Vorstand für die zwei Regionen und die Marke verantwortlich. Auf Rådström angesprochen sagte Daum vor kurzem im Interview der Börsen-Zeitung: „Es haben sich alle Erwartungen erfüllt.“