Multi-Asset-Strategie

Aktien als guter Diversifikator für Aktien

Die niedrigen Zinsen sind eine Herausforderung für Multi-Asset-Portfolios. Aufgrund der notwendigen höheren Aktienquoten steigen die Anforderungen an die Diversifikation innerhalb des Aktienanteils.

Aktien als guter Diversifikator für Aktien

Nicht alle Eier in einen Korb zu legen, gab Wirtschaftsnobelpreisträger Harry M. Markowitz Investoren mit auf den Weg. Dass die Idee der Verringerung des Risikos durch die Verteilung von Kapital auf unterschiedliche Anlageklassen wie Aktien und Anleihen grundsätzlich funktioniert, hat die heiße Phase der Coronavirus-Krise im Frühjahr vergangenen Jahres erst wieder gezeigt. Um angesichts von niedrigen oder gar negativen Anleiherenditen auch noch Erträge erwirtschaften zu können, müssen mittlerweile aber weitaus mehr Eier im Aktienkorb liegen als in der Vergangenheit. Umso wichtiger ist der richtige Umgang mit dem damit einhergehenden Risiko.

Anforderungen steigen

Dies gilt natürlich für alle Multi-Asset-Portfolios. Besonders groß ist die Herausforderung aber für die defensiven Vertreter mit ihren traditionell hohen Anleiheanteilen. Um höhere Aktienquoten zu ermöglichen, ohne damit den gesetzten Risikorahmen zu verlassen, steigen die Anforderungen an die Diversifikation innerhalb des Aktienanteils. Darüber hinaus braucht es die Flexibilität und die Entschlossenheit, die Kasseposition zum Schutz des Kapitals im Fall der Fälle auch robust zu erhöhen. Davor scheuen viele Manager von Multi-Asset-Portfolios nach wie vor zurück, obwohl Bargeld doch die einzige tatsächlich risikofreie Anlageklasse ist.

Um den Aktienanteil eines Portfolios richtig zu diversifizieren, braucht es allerdings eine weniger konventionelle Herangehensweise. So ist beispielsweise die traditionelle Klassifizierung nach dem Global Industry Classification Standard (GICS) in elf Sektoren wenig zielführend. Beispielsweise wird Amazon als zyklischer Konsumwert klassifiziert und die Google-Mutter Alphabet als Kommunikationsdienstleister. Wer sich von den beiden Aktien aufgrund ihrer Sektorzugehörigkeit einen Diversifikationseffekt beispielsweise gegenüber dem Technologiesektor erhofft, dürfte aber enttäuscht werden.

Stattdessen wird eine Einteilung in verschiedene thematische Töpfe den tatsächlichen Charakteristika von Aktien eher gerecht – einzelne Streitfälle einmal außen vor gelassen. Davon ausgehend lassen sich dann auch gut diversifizierte Aktienportfolios konstruieren. Eine konkrete Möglichkeit wäre die Unterteilung in drei Aktientöpfe mit den Etiketten „Wachstumstitel und digitale Ökonomie“, „Defensivtitel und Infrastruktur“ sowie „Zyklik“.

Bei der Verteilung des Kapitals auf diese drei Töpfe geht es aber um mehr als eine „naive“ Diversifikation, also die schlichte Gleichgewichtung der Töpfe. Der Grund dafür liegt auf der Hand: Zykliker würden einen überproportionalen Beitrag zum Portfoliorisiko leisten, weil sich dahinter Geschäftsmodelle mit hoher Sensibilität gegenüber der wirtschaftlichen Entwicklung verbergen. Die Aufgabe, für ausgewogene Risikobeiträge der drei Töpfe zu sorgen, erfordert also auch die Unterstützung aus dem Risikomanagement. In seine Verantwortung fällt in diesem Zusammenhang übrigens auch, einen zu einseitigen Stileinschlag im Portfolio zu vermeiden, beispielsweise in Richtung von Value- oder Dividendenfaktoren.

Auch im Umgang mit Zinsänderungsrisiken kann die vorgeschlagene Aufteilung des Aktienportfolios unterstützen. Viele Papiere aus dem Topf „Defensivtitel und Infrastruktur“ werden aus guten Gründen häufig als Anleiheersatz genutzt, würden beispielsweise in einem Szenario steigender Renditen aber tendenziell leiden. Ähnliches gilt für den Topf „Wachstumstitel und digitale Ökonomie“. Der Discounted-Cash-flow-Logik folgend billigt der Markt diesen Werten bei sinkenden Renditen höhere Bewertungen zu, bei steigenden Renditen droht jedoch Gegenwind. Papiere aus dem Topf „Zykliker“ hingegen profitieren zumeist von steigenden Renditen.

Unterschiedliche Treiber

Die Einteilung in die genannten Aktientöpfe eignet sich also gerade deshalb für die Konstruktion eines ausgewogenen Portfolios, weil diese sich in ihren Risikotreibern unterscheiden.

Vor diesem Hintergrund können dann sogar Werte aus dem Topf „Zykliker“ zur Absicherung für ein Portfolio werden. Ein gutes Beispiel dafür war die Lage in den Monaten September und Oktober des vergangenen Jahres. Seinerzeit hatten wir diesen Topf stärker akzentuiert, da ein Ende der Unsicherheiten durch die US-Präsidentschaftswahlen absehbar war und Neuigkeiten zu den Impfstoffen gegen das Coronavirus zu erwarten waren. Das „Risiko“ war damit also eine wesentlich optimistischere Einschätzung der weiteren wirtschaftlichen Entwicklung.

Zwar erwies sich die stärkere Gewichtung des Topfes „Zykliker“ zunächst noch als schmerzhaft. Im November setzte dann aber die von steigenden Zinsen begleitete Sektorrotation ein, die bis in den März dieses Jahres anhalten sollte. Insofern können „Zykliker“ in bestimmten Szenarien also tatsächlich den Gegenwind bei anderen Portfoliobausteinen kompensieren und dazu beitragen, ein Portfolio ausgewogen zu positionieren.

Neue Rotation ante portas?

Eine ähnliche Entwicklung zeichnet sich womöglich jetzt wieder ab. Angesichts der Aussicht auf unter Umständen Mitte 2022 beendete Anleihekäufe der Federal Reserve zogen die Renditen der US-Treasuries zuletzt wieder an. In Verbindung mit einer anhaltend robusten wirtschaftlichen Erholung könnte dies Zyklikern nach einigen Monaten der Konsolidierung ein Revival bescheren. Vor diesem Hintergrund haben wir diesen Aktientopf zuletzt wieder aufgestockt, wobei wir vor allem bei Chemiewerten und US-Banken zugekauft haben. Die Quartalsberichtssaison birgt hier zwar aufgrund der anhaltenden Störungen in den Wertschöpfungsketten Risiken auf Einzeltitelebene. Stellt man sich aber die Frage, wie die Ausgewogenheit eines Aktienportfolios über die kommenden Monate hinweg sichergestellt werden kann, dann sollten Zykliker nach ihrer jüngsten Schwächephase wieder genauer unter die Lupe genommen werden.

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