Japans Devise

Bessere Aussichten für den Yen

Obwohl sich der Yen von seinen Tiefs vom Oktober erholt hat, ist er immer noch äußerst billig. Fidelity International empfiehlt Anlegern daher, den Yen überzugewichten.

Bessere Aussichten für den Yen

Von Ian Samson und

Wen-Wen Lindroth*)

Nach einem schwierigen Vorjahr haben sich die Aussichten für den japanischen Yen inzwischen deutlich aufgehellt. Angesichts des Mitte Dezember 2022 überraschend verkündeten Vorstoßes der Bank of Japan (BoJ), die Handelsspanne für zehnjährige Staatsanleihen auszuweiten, ist, trotz des im Januar 2023 erfolgten Rückziehers, weiterhin an den ultraniedrigen Zinssätzen festhalten zu wollen, ihre ultralockere Geldpolitik aufgrund des zunehmenden Inflationsdrucks unserer Ansicht nach kaum aufrechtzuerhalten. Da weitere Kurskorrekturen der japanischen Zentralbank wahrscheinlich sind und der Yen nach wie vor billig ist, sehen wir für Nippons Währung erhebliches Aufwärtspotenzial. Über sie können sich Anleger zudem gegen eine mögliche Schwächephase der Weltwirtschaft und an den Finanzmärkten absichern.

Japans Zentralbank hielt im letzten Jahr lange stoisch an ihrer ex­trem lockeren Geldpolitik fest. Während US-Notenbankchef Je­rome Powell und EZB-Chefin Christine Lagarde „Jumbo“-Zinserhöhungen durchdrückten, blieb Haruhiko Ku­roda, Gouverneur der BoJ, stur und weigerte sich, auf den Zug seiner Amtskollegen aufzuspringen. Zum Nachteil des Yen. Zwar verloren im vergangenen Jahr die meisten Währungen im Vergleich zum Dollar an Wert; besonders hart traf es jedoch die japanische Währung.

Als immer unhaltbarer erwies sich im Jahresverlauf das Versprechen der Bank of Japan, über ihre als Renditekurvensteuerung be­kannte Strategie die Rendite zehnjähriger Anleihen unter 0,25% zu halten. Auf Druck des Marktes sah sie sich schließlich gezwungen, immer mehr Staatsanleihen zu kaufen, um an ihrer Politik festzuhalten. Inzwischen hält sie fast 50% aller im Umlauf befindlichen japanischen Staatsanleihen und 82% aller zehnjährigen Japan-Anleihen. Dieser Ballast stellte angesichts der höchsten Inflationsraten und Lohnniveaus seit Jahrzehnten die Entschlossenheit der Währungshüter auf eine harte Probe.

Im Dezember überraschte die Bank of Japan die Märkte mit einer kleinen Anpassung ihrer Renditekurvensteuerung, die einen Anstieg der Renditen zehnjähriger Papiere zur Folge hatte. Mit dieser 180-Grad-Wende hat die Bank of Japan unseres Erachtens die Weichen für eine weitere Straffung der Geldpolitik gestellt, an die sich ein Ausstieg aus ihrer Renditekurvensteuerung im Jahresverlauf anschließen könnte. Im April wird mit Kazuo Ueda zudem ein neuer Gouverneur das Ruder der Notenbank übernehmen, über dessen geldpolitisches Credo allerdings nicht viel bekannt ist. Dennoch scheint er ein Ende der Renditekurvensteuerung zu befürworten, aber mit Zinserhöhungen hat er es nicht unbedingt eilig.

Ob es nun zu einem Kurswechsel in der Geldpolitik kommt, wird vor allem von der Inflations- und Lohnentwicklung abhängen. Seit sieben Monaten liegen die Kernverbraucherpreise nun schon über dem Inflationsziel der Zentralbank von 2%. Die Inflationsrate von 3,6% im Oktober war die höchste seit der Mehrwertsteuererhöhung 2014. Auch die Kennzahlen zum zugrundeliegenden Inflationsdruck sind so hoch wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Signalwirkung wird im Frühjahr von den Tarifverhandlungen ausgehen. Nicht umsonst hat die Zentralbank auf den engen Zusammenhang zwischen einem Lohnwachstum von 3% und einer Teuerung auf oder über ihrem Inflationsziel von 2% hingewiesen. Wiederholt erklärte sie zudem ein Erreichen dieser Werte als eine Voraussetzung für eine Überprüfung ihrer Renditekurvensteuerung. Sollte der Kernverbraucherpreisindex also über dem Inflationsziel der BoJ verharren und sollten Lohnzuwächse von 3% ausgehandelt werden, wäre dies ein starkes Signal für die Währungshüter, ihre extrem lockere Geldpolitik zu überdenken.

Wie dem auch sei, eine weitere Änderung der Politik der BoJ ist wahrscheinlich. Wann und wie diese erfolgen wird, lässt sich aber kaum vorhersagen. Nach unserer Einschätzung dürfte jedoch eine Lockerung oder ein Ende der Renditekurvensteuerung die Renditen japanischer Anleihen steigen lassen. Dies wiederum könnte japanische Anleger dazu veranlassen, ihr im Ausland angelegtes Kapital verstärkt in japanische Staatsanleihen und andere inländische Finanzanlagen umzuschichten. Eine Schwächephase bei ausländischen Staatsanleihen, auch bei US-Staatspapieren, könnte die Folge sein. Selbst wenn nur ein Bruchteil der japanischen Auslandsguthaben zurückfließen würde, könnte dies eine erhebliche Aufwertung des Yen bewirken.

Tatsächlich hatte in der Vergangenheit das Umschichten von Auslandsvermögen in den japanischen Markt erheblichen Einfluss auf die Entwicklung der Wechselkurse. Eine Aufwertung des Yen wäre eine Belastung für Japans exportorientierte Branchen und die Renditen des Topix, wenn man etwaige Absicherungskosten berücksichtigt.

Obwohl sich der Yen von seinen Tiefs vom Oktober erholt hat, ist er immer noch äußerst billig. Und weil weitere geldpolitische Maßnahmen der BoJ wahrscheinlich sind, bietet er ein attraktives Risiko-Rendite-Verhältnis. Weiterer Rückenwind geht vom weltweit langsameren Wachstum aus, das überall die Nachfrage nach Staatsanleihen ankurbeln dürfte. Wir empfehlen Anlegern daher, den Yen überzugewichten. Er könnte sich als besserer „sicherer Hafen“ erweisen als der Schweizer Franken und den Renminbi hinter sich lassen, da wegen der Wiederöffnung der chinesischen Wirtschaft mit einem kräftigen Importschub zu rechnen ist.

*) Ian Samson ist Portfoliomanager und Wen-Wen Lindroth ist Lead Cross-Asset Strategist bei Fidelity International.

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