Glücksspiel-Aktien

Blatt am Casino-Markt wendet sich

Am Markt für Casino-Aktien wendet sich das Blatt. Grund sind vor allem Sorgen über geplante Regulierungsänderungen im bisherigen Wachstumsmarkt Macau.

Blatt am Casino-Markt wendet sich

Von Alex Wehnert, Frankfurt

Für die Casino-Betreiber von Las Vegas und Macau wendet sich das Blatt. Hatten sich an der Börse während der Coronakrise insbesondere Glücksspielkonzerne mit einer großen Präsenz in der chinesischen Sonderverwaltungszone lange robust gezeigt, halten nun die schwerpunktmäßig in der Mojavewüste vertretenen Häuser eine starke Hand.

Denn Lockerungen der Corona-Gegenmaßnahmen in den USA bescheren der Stadt der Sünde einen Besucheransturm. Im August beliefen sich die Glücksspielumsätze am Las Vegas Strip auf 625,7 Mill. Dollar – ein Plus von 20% gegenüber dem Vergleichsmonat 2019. Die Aktien von Macaus Casino-Betreibern leiden indes unter der Aussicht auf eine striktere Regulierung in der ehemaligen portugiesischen Kolonie.

Mitte September hatte Macaus Wirtschaftsminister Lei Wai Nong einen Politikwechsel angekündigt. Demnach sollen Regierungsvertreter Glücksspielhäuser künftig direkt beaufsichtigen sowie Dienstleister, die Kredite an gut betuchte Hochrisikospieler – sogenannte High Roller – vergeben, strenger kontrollieren. Zudem steht eine Erhöhung der Mindestquote an Casino-Beteiligungen, die sich im Besitz lokaler Eigentümer befinden müssen, über das aktuell festgeschriebene Niveau von 10% hinaus zur Diskussion. Die Konsultationsphase für die neuen Regeln läuft noch bis zum 29. Oktober.

Nach Ansicht der US-Großbank J.P. Morgan entsteht durch die zu erwartende strengere Überprüfung der Kapitalströme der Casino-Branche in Macau Unsicherheit. So könne die Ausgabebereitschaft vermögender Spieler sinken. Auch werde es für die Glücksspielhäuser schwieriger, ihren in China generierten freien Cash-flow in die USA zu überführen. Im Juni 2022 müssen die Casino-Betreiber von Macau zudem ihre Lizenzen erneuern. Wenngleich J.P. Morgan Verlängerungen kaum in Gefahr sieht, dürften die neuen Konzessionen laut dem US-Geldhaus doch eine geringere Laufzeit aufweisen als die bisher üblichen 20 Jahre.

Aus diesen Gründen haben die Analysten drei Titel, deren Geschäft sich auf Macau konzentriert, von „Übergewichten“ auf „Neutral“ herabgestuft. Neben Melco Resorts und Wynn Resorts ist darunter auch Las Vegas Sands (LVS). Der Konzern steht exemplarisch für die Wende am Casino-Markt. Denn LVS hat im März den Verkauf all ihrer Häuser in der Wüstenmetropole an das Private-Equity-Unternehmen Apollo Global Management und den Reit Vici Properties beschlossen.

Reinvestitionen in Asien

Der Deal soll 6,25 Mrd. Dollar in die LVS-Kassen spülen, eine Klausel in Verträgen mit Gläubigern blockierte den Deal aber zunächst. Nachdem LVS ankündigte, ihr seit April 2020 auf Eis gelegtes Dividendenprogramm bis Ende 2022 auszusetzen, erreichte der Konzern aber eine Einigung mit den Kreditgebern. Die Erlöse aus dem Vegas-Verkauf will das Unternehmen in Asien reinvestieren. Einerseits sollten laut Bloomberg Intelligence großvolumige Mittel in den Ausbau des Marina Bay Sands in Singapur fließen. Doch auch eine weitere Expansion im Massenmarkt Macau stehe an.

Die Regulierungsnachrichten aus der chinesischen Sonderverwaltungszone haben der LVS-Aktie im September empfindliche Rücksetzer beschert, doch bereits zuvor war der Trend umgeschlagen. Hatte der Titel in den zwölf Monaten nach dem Corona-Crash an den Märkten noch über 75% an Wert gewonnen, setzte er in den Folgemonaten kontinuierlich zurück – inzwischen ist er wieder auf dem im März 2020 erreichten Niveau angelangt.

Und auch bei den Analysten, unter denen LVS lange Zeit einer der beliebtesten Glücksspielwerte war, nimmt der Optimismus ab. So hat sich der Anteil der Kaufempfehlungen für die Aktie laut Bloomberg zuletzt rückläufig entwickelt – noch raten 53,3% der Analysten zum Einstieg und der Rest zum Halten.

Bei MGM Resorts International ist die Quote an Kaufempfehlungen zuletzt auf 40% gestiegen. Der Konzern betreibt rund 27% der Hotelzimmer am Las Vegas Strip, ist damit der größte Spieler in der Wüstenmetropole – und auf Jahressicht einer der größten Börsengewinner. Der Konzern hat in der Stadt der Sünde nun noch mehr Chips im Pot als ohnehin schon. Denn wie Ende September bekannt wurde, hat sich MGM Resorts für 1,625 Mrd. Dollar die Betreiberrechte am Cosmopolitan gesichert, einem Casino in Premiumlage – die jährlichen Pachtkosten sollen 200 Mill. Dollar betragen.

Laut Bloomberg Intelligence handelt es sich um einen smarten Deal, der es dem Konzern ermögliche, seinen „City Center“-Komplex und das Bellagio, zwischen denen das Cosmopolitan liegt, miteinander zu verbinden. Das Unternehmen verfüge über genügend Liquidität, die durch den Verkauf seines 42-%-Anteils am Reit MGM Growth Properties noch wachsen werde. Der Deal soll 4,4 Mrd. Dollar Cash in die Kassen des Casino-Betreibers spülen.

Zudem hat MGM Resorts auch in einem Zukunftsmarkt einen Erfolg gelandet: Die japanische Millionenstadt Osaka stellt sich hinter die Pläne des US-Konzerns zum Bau des ersten großen Glücksspielhauses in Nippon. Bisher befinden sich vier Städte im Rennen um staatliche Lizenzen als Casino-Standort, drei davon sollen 2023 den Zuschlag erhalten. Osaka stellt mit einem potenziellen Brutto-Glücksspielumsatz (GGR) von 5,9 Mrd. Dollar pro Jahr laut Bloomberg Intelligence den größten Markt unter ihnen dar. Insgesamt könne Japan mit einem GGR von bis zu 12,8 Mrd. Dollar per annum zum weltweit drittgrößten Glücksspielmarkt aufsteigen.

Lizenzjagd läuft heiß

Folglich läuft die Lizenzjagd heiß. MGM-Konkurrent Caesars Entertainment ist jüngst einem Entwicklerkonsortium beigetreten, das an einem Resort in Wakayama arbeitet. Nach Einschätzung von Bloomberg Intelligence ist es aber unwahrscheinlich, dass sowohl Osaka als auch Wakayama Lizenzen erhielten – dafür lägen die Städte zu nahe beieinander.

Investoren dürften gespannt sein, ob es Caesars erneut gelingt, die Wettbewerber zu übertrumpfen. Bereits im Sportwetten- und Online-Glücksspielmarkt, der auch durch die geplante Übernahme der Bwin-Mutter Entain durch Draftkings im Fokus steht, hat sich der Konzern stärker aufgestellt als die Konkurrenz. Dies reflektiert auch die Aktie, die in den vergangenen Jahren der Top-Performer unter den Casino-Werten war – und bei der Analysten immer noch das größte Potenzial sehen. Dies legt zumindest der Kaufempfehlungsanteil von 80% bei keinem einzigen „Verkaufen“-Votum nahe.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.