Rohstoffe

Chaos am Nickelmarkt

Am Nickelmarkt herrscht das blanke Chaos. Nach einem Preisanstieg von 250% binnen zwei Tagen musste der Handel in London eingestellt werden. Es drohten enorme Nachschusspflichten.

Chaos am Nickelmarkt

ku Frankfurt – Die Isolierung des Rohstoffgiganten Russland durch die USA und ihre Verbündeten wegen des Ukraine-Kriegs hat auch am Dienstag für chaotische Zustände an den Rohstoffmärkten gesorgt. An der London Metal Exchange (LME) ist der Preis für das Industriemetall Nickel binnen zwei Tagen um bis zu 250% auf über 100000 Dollar je Tonne gestiegen. In der Spitze wurden 101365 Dollar erreicht. Gegenüber Vortag war dies ein Anstieg von 111%. Händler sagten, die Angst vor Lieferengpässen sorge für den massiven Preisanstieg. Russland stellt mit Norilsk Nickel den weltgrößten Anbieter des Metalls. An der LME wurde daraufhin der Handel mit dem Metall ausgesetzt, da sich viele Händler enormen Nachschusspflichten ausgesetzt sahen. Für diese Nachschusspflichten wird nun lediglich ein Nickelpreis von 48000 Dollar zugrunde gelegt. Marktteilnehmer fühlen sich bereits an die Zinnkrise des Jahres 1985 erinnert, als die LME den Handel mit Zinn für vier Jahre aussetzen musste.

Auch andere Industriemetalle verteuerten sich weiter, wenn auch nicht so extrem. Zink legte um 9,1% auf 4486 Dollar je Tonne zu und Zinn um 7% auf 50000 Dollar.

Analysten halten es für möglich, dass die Nervosität der Marktteilnehmer oder echte Knappheit an Rohstoffen die Preise so weit nach oben treibt, dass angesichts des teilweise hohen Leverage sogar eine neue Krise des Weltfinanzsystems ausgelöst werden könnte. So wurde vermutet, dass sich der chinesische Investor Xiang Guangda, der den Produzenten Tsingshan Holding kontrolliert, mit einer umfangreichen Position am Nickelmarkt Nachschusspflichten im Milliarden-Dollar-Bereich gegenübersehen könnte. Eine ähnliche Situation habe sich am Markt für Kohle ergeben, wo der große US-Anbieter Peabody eine Nachschusspflicht von 534 Mill. Dollar erfüllen muss. Wie bekannt wurde, hat daraufhin die US-Investmentbank Goldman Sachs eine unbesicherte Kreditlinie über 150 Mill. Dollar gewährt.

Der Ölpreis ist am Dienstagabend erneut stark gestiegen. Die wichtigste Benchmarksorte Brent Crude verteuerte sich um 7,5 % auf 132,43 Dollar je Barrel. Die US-Sorte West Texas Intermediate (WTI) war für 128,08 Dollar zu haben, ein Anstieg um 7,3 %. US-Präsident Joe Biden verkündete ein sofortiges Import­verbot für russische Energieträger. Großbritannien kündigte ähnliches an, was aber erst ab Ende 2022 gelten soll. Eine unmittelbare Reaktion der russischen Regierung gab es nicht. Der stellvertretende russische Ministerpräsident Alexander Nowak hatte aber zuvor einen Ölpreis von mehr als 300 Dollar als realistisch bezeichnet, sollte es zu einem Ölembargo des Westens gegen Russland kommen. Am Dienstag hatte bereits der britisch-niederländische Konzern Shell angekündigt, kein russisches Öl mehr kaufen zu wollen.

Am europäischen Spotmarkt für Erdgas gab es am Dienstag weiterhin eine hohe Volatilität, zum Abend hin allerdings auch eine gewisse Beruhigung. Am niederländischen Übergabepunkt TTF gab die Notierung um 6,6% auf 203 Euro je Megawattstunde nach, womit sie auf einem auf Dauer für Europas Verbraucher unakzeptabel hohen Niveau blieb. Nowak stellte erstmals in Aussicht, dass Russland als Reaktion auf die westlichen Sanktionen die Lieferungen von Erdgas nach Deutschland durch die Pipeline Nord Stream1 einstellen könnte.

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