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Chinas Immobilien­­aktien geht die Puste aus

Die verschuldungsgeplagten chinesischen Immobilienentwickler geraten an der Börse erneut unter schweren Druck. Die Anleger misstrauen den Erholungschancen im Sektor.

Chinas Immobilien­­aktien geht die Puste aus

nh Schanghai

Trotz einiger Signale für eine Belebungstendenz am chinesischen Wohnimmobilienmarkt zeigt sich das Vertrauen der Anleger in die Erholungschancen der in einer schweren Verschuldungskrise steckenden Immobilienentwickler stark getrübt. Chinesische Immobilienwerte hatten nach einem historischen Absturz von der im November 2022 losgetretenen Hoffnungsrally in Sachen „Wiederöffnung“ nach Aufgabe der Null-Covid-Politik zunächst überproportional profitieren können, doch hat sich das Anlegersentiment längst wieder gedreht und die Kurse seit Februar auf eine erneut steile Talfahrt gebracht.

Ein vom Datenanbieter Bloomberg aufgestellter Sektorindex, der die an Chinas Festlandbörsen und in Hongkong gelisteten chinesischen Immobilienaktien verfolgt, ist nach einem neuerlichen Rückgang um 1,5% am Donnerstag nun wieder ins „Bärenterritorium“ abgerutscht. Der Ab­stand vom Dezemberhoch zum aktuellen Niveau beträgt nun 21% und die Aussichten auf ein rasches neuerliches Aufbäumen sind eher mau. Vielmehr drohen weitere Einbußen, wenn sich Schuldenrestrukturierungspläne von besonders existenzgefährdeten großen Bauträgern als nicht tragfähig erweisen sollten.

Die Marktteilnehmer schielen hier insbesondere auf einen Hongkonger Gerichtstermin am 20. März, bei dem der einst zweitgrößte und stark existenzgefährdete Immobilienentwickler China Evergrande Farbe bekennen muss. Darüber hinaus dürften zahlreiche große Bauträger in den kommenden Monaten unter Druck geraten, wenn neue Fälligkeitstermine für ihre stark zahlungsausfallgefährdeten Dollar-Anleihen anstehen. Beim Branchenführer Country Garden Holdings sah man zuletzt besonders kräftige Kurskorrekturen. Am Donnerstag rutschten die Titel in Hongkong um knapp 4% ab und haben damit seit Ende Januar bereits über 30% eingebüßt.

Grundsätzlich hat sich zwar die Auffassung durchgesetzt, dass Chinas Wohnimmobilienmarkt nach den Preisrückgängen seit Mitte 2021 langsam wieder die Kurve kriegt, doch sind die Bauträger noch weit davon entfernt, bei der Verkaufsaktivität von Neuobjekten wieder an die Zeit vor der Pandemie anzuknüpfen. Im Februar sah man nach 20 Monaten erstmals wieder einen Anstieg der Verkaufserlöse bei den 100 größten Immobilienfirmen. Sie kletterten zwar um 15% gegenüber Vorjahresmonat, doch ist dies wegen saisonaler Verzerrungen durch das Neujahrsfest von begrenzter Aussagekraft. Für das Gesamtjahr 2023 laufen die Prognosen auf einen weiteren, allerdings wesentlich glimpflicheren Rückgang der Verkaufserlöse hinaus.

Bei der Frage, inwieweit der chinesische Staat mit Stützungsmaßnahmen für den Immobiliensektor und der Mobilisierung von neuen Kreditfinanzierungen für die liquiditäts­bedrohten Bauträger aktiv wird, herrscht weiterhin große Unsicherheit. Während die Rally zu Ende des vergangenen Jahres wesentlich auf einer Reihe von Signalen für staatliches Eingreifen zur Behebung der Klemme beruhte, scheiden sich die Geister dazu nun wieder. Auf dem laufenden Volkskongress hat sich die Staatsführung zum Thema Immobilienmarkt verdächtig bedeckt gehalten und keinerlei Anzeichen dafür gegeben, dass eine Bail-out-Offensive für besonders gefährdete große Immobilienentwickler ansteht. Zu­dem sind die Aussichten für fühlbare Zinssenkungsschritte der Zentralbank zur Anregung der Hypothekenkreditnachfrage eher gering.