K+S

Eine riskante Wette auf feste Kalipreise

Mehr denn je wird die K+S-Aktie zu einer Wette auf feste Kalipreise, denn das Volumen des Salzgeschäfts – die zweite Säule des MDax-Unternehmens – wird deutlich abnehmen. Um den Schuldenberg abzubauen, verkauft K+S ihr Salzgeschäft in Nord- und...

Eine riskante Wette auf feste Kalipreise

Von Martin Dunzendorfer,

Frankfurt

Mehr denn je wird die K+S-Aktie zu einer Wette auf feste Kalipreise, denn das Volumen des Salzgeschäfts – die zweite Säule des MDax-Unternehmens – wird deutlich abnehmen. Um den Schuldenberg abzubauen, verkauft K+S ihr Salzgeschäft in Nord- und Südamerika für 3,2 Mrd. Dollar an die Industrie-Holding Stone Canyon. Der Preis entspreche dem 12,5-Fachen des Ergebnisses vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) in der Einheit von 2019 und sei „sehr ordentlich“, so die Einschätzung von Vorstandschef Burkhard Lohr in der Bilanzpressekonferenz am 11. März. Der Deal soll spätestens im Sommer abgeschlossen werden und für einen sicheren Zahlungseingang von 2,5 Mrd. Euro sorgen.

Mit Blick auf das Fälligkeitsprofil von Anleihen, Schuldscheinen und Darlehen in den nächsten Jahren – allein 2021 stehen 835 Mill. Euro an und bis einschließlich 2024 insgesamt 2,8 Mrd. Euro – hatte das Management letztlich wohl keine andere Wahl, als die operative Einheit Americas mit ihrem verlässlichen Barmittelzufluss zu veräußern. Andere Optionen gab es zwar, doch für sie gab es offenbar kein ausreichendes Investoreninteresse.

Der Assetverkauf steht im Kon­trast zur Absicht, die 2009 mit der Übernahme des US-Unternehmens Morton Salt – des Kernstücks der Americas-Einheit – verbunden war: das Konzernergebnis durch verhältnismäßig wenig volatile Erlöse zu stabilisieren. Durch den Verkauf begibt sich K+S in noch größere Abhängigkeit von den nur schwer voraussagbaren Entwicklungen auf dem Markt für Kaliumchlorid – ein Salz, das zur Herstellung von Kalidünger genutzt wird. Die Ergebnisse dürften künftig noch volatiler werden. Ob K+S durch den Verkauf und den Schuldenabbau jedoch wie angestrebt wieder ein Investment Grade erhalten wird, erscheint fraglich. Standard & Poor´s bewertet K+S derzeit lediglich mit „B“ und der Ausblick ist „negativ“.

Verkalkuliert

Verursacht wurde der hohe Schuldenberg von 3,2 Mrd. Euro (31.12.2020) durch den Bau des Kaliwerks Bethune in Kanada. Dabei blieben die Kosten mit etwa 3,1 Mrd. Euro bis zur Eröffnung im Mai 2017 innerhalb des 2013 aufgestellten Budgets. Das Leuchtturmprojekt von K+S stellte in nahezu jeder Hinsicht – Reserven, Produktionskosten, Marge, Er­schließung neuer Märkte – ein Versprechen auf eine positive Zukunft dar. Doch das Überangebot auf dem Markt für Kaliumchlorid in den vergangenen Jahren führte alle Kalkulationen ad absurdum.

Im Herbst 2020 zollte der Vorstand der anhaltenden Schwäche auf dem Kalimarkt Tribut. Die langfristigen Preisprognosen wurden gesenkt. Zudem wird nun von höheren Kapitalkosten ausgegangen. Das führte zu einer Wertberichtigung von 2 Mrd. Euro. Wirkte schon diese Mitteilung negativ, setzte die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) vor einem Monat noch eins drauf.

Die Marktaufsicht hegt den Verdacht, dass die Milliardenabschreibung von K+S zu spät vorgenommen wurde und zu niedrig ausgefallen ist. Die Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung (DPR) untersucht derzeit auf Verlangen der BaFin die Richtigkeit der vorgenommenen Wertkorrektur. K+S unterstrich, „dass die Wertberichtigung ordnungsgemäß und unter Beachtung aller relevanten Rechnungslegungsvorschriften vorgenommen wurde“. Nachdem Deloitte für den Jahresabschluss 2020 ein uneingeschränktes Testat erteilt hat, geht das Management erst recht davon aus, den Verdacht der BaFin entkräften zu können.

Der K+S-Aktie hat die Unruhe um die 2-Mrd.-Euro-Abschreibung nicht gutgetan. Gerade als das Papier sich anschickte, sich oberhalb der 10-Euro-Marke zu etablieren, drückte die Meldung über den Verdacht der BaFin den Kurs wieder in den einstelligen Bereich.

Überschaubares Potenzial

Trotz ihres Bedeutungsverlustes wird die K+S-Aktie immer noch von relativ vielen Analysten beobachtet und beurteilt, auch wenn deren Zahl allein in den vergangenen 18 Monaten nach Daten von Bloomberg von 28 auf 21 gesunken ist. Von ihnen raten nur vier zum „Verkauf“, allerdings auch nur sechs zum „Kauf“. Rund die Hälfte der Analysten empfiehlt „Halten“.

Der Durchschnitts-Zielkurs, den Bloomberg aus den Nennungen von 24 Research-Häusern errechnet hat, liegt bei 9,30 Euro. Gemessen am derzeitigen Kursniveau von 8,60 Euro ist das ein überschaubares Aufwärtspotenzial. Nach der Bilanzvorlage haben zwei Häuser Kursziele ausgegeben, die deutlich über den Werten der anderen liegen: Scotiabank (12 Euro) und Baader Helvea (11 Euro). Allerdings war die Scotiabank, neben Kepler Cheuvreux, die im Februar ein Kursziel von 13 Euro nannte, schon immer auffallend optimistisch für die K+S-Aktie – was sich in den vergangenen Jahren als krasse Fehleinschätzung erwies.

Was die Gewinn- und Cash-flow-Prognosen der Analysten und damit die Bewertung des Unternehmens betrifft, hat ein Wandel stattgefunden. Selbst als sich die K+S-Aktie schon weit von früheren Hochs entfernt hatte und die Preise am Markt für Kalisalze entgegen den Voraussagen weiter nachgaben, statt sich zu erholen, zeugten die Ergebniserwartungen noch von großer Zuversicht. Damit ist es nun vorbei. Es ist das Ergebnis des großen Vertrauensverlusts, den K+S – teils selbstverschuldet – erlitten hat.

Auf Basis der Research-Schätzungen für 2021 sind K+S extrem hoch bewertet, und selbst für die beiden nächsten Jahre, in denen der Gewinn je Aktie von 0,11 Euro (Konsensschätzung für 2021) auf 0,33 und 0,53 Euro steigen soll, sind K+S nicht günstig. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) auf Basis der Konsenswerte liegt für dieses Jahr bei 78; in den nächsten beiden Jahren soll das KGV auf 26 und 16 zurückgehen. Das Kurs-Cash-flow-Verhältnis soll zwischen 2021 und 2023 zunächst von 5,6 auf 4,5 und dann auf 3,1 sinken.

Anleger, die seit langem bei K+S engagiert sind, werden immer noch dem Gesprächsangebot hinterhertrauern, das der Kali-Weltmarktführer Potash Corp. 2015 dem Vorstand machte. Die Kanadier boten, als das Papier 29 Euro kostete, 41 Euro je Aktie – doch das Management von K+S lehnte Gespräche u.a. mit Hinweis auf das viel größere Potenzial ab. Seither ging es mit dem Kurs fast nur bergab. Im Mai vorigen Jahres kostete die Aktie zeitweise nur noch 5,12 Euro.

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