Chinas Immo-Markt

Große Probleme bei Immobilien­aktien

Durch Evergrande und andere Immobilienkonzerne hat Chinas Bankenmarkt große Probleme. Die Investmentgesellschaft Columbia Threadneedle meint aber, dass das Land auch die Ressourcen hat, um diese zu lösen. Eine Finanzkrise sei nicht wahrscheinlich.

Große Probleme bei Immobilien­aktien

kjo Frankfurt

Die Stabilisierung des Immobiliensektors hat der Fondsgesellschaft Columbia Threadneedle Investments zufolge Auswirkungen auf die Assetqualität des Bankensektors. „Es ist hinlänglich bekannt, dass Evergrande, einer der größten Immobilienentwickler des Landes, Schwierigkeiten hat, seine Schulden zu bedienen, aber tatsächlich sind die Schwierigkeiten des Immobiliensektors weitaus größer“, sagen Senior-Kredit-Analyst Paul Smillie, die Se­nior-Analystin für asiatische Staatsanleihen Lin Jing Leong und der Senior-Analyst für asiatische Unternehmensanleihen Justin Ong bei der Investmentgesellschaft Columbia Threadneedle. „Die Schulden der Immobilienentwickler belaufen sich auf 20 Bill. Renminbi – umgerechnet 3 Bill. Dollar –, dies entspricht rund 10% der gesamten Unternehmenskredite oder etwa 20% des nominalen Bruttoinlandsproduktes.“

Als 2020 die Coronavirus-Pandemie in China durch die massive Ausweitung der Kreditvergabe bekämpft wurde, seien diese Kredite hauptsächlich von kleinen und mittelständischen Banken gewährt worden. Diese sind den Experten zufolge aber gleichzeitig die Institute mit dem stärksten Engagement im Immobiliensektor. „Die fünf größten Banken verfügen über eine solide Kapital­decke und sind auf geordnete Weise gewachsen. Dagegen ist rund die Hälfte der kleineren Banken nach westlichen Standards technisch zahlungsunfähig.“ Seit der weltweiten Finanzkrise seien die Aktiva der fünf großen Banken von 110% des Bruttoinlandsproduktes auf 135% angewachsen. Bei den kleineren Banken sei hingegen ein sprunghafter An­stieg von 90% auf 190% verzeichnet worden.

Drei rote Linien

China sei sich jedoch des Problems bewusst und verfüge über die erforderlichen Ressourcen, um es auch zu lösen. Laut Columbia Threadneedle sind Immobilienentwickler seit Jahresbeginn 2021, ohne die Evergrande Group, bei Schulden in Höhe von rund 12,7 Mrd. Dollar in Verzug geraten, dies entspricht 4,7% des chinesischen Hochzinssektors. „Um eine Abkühlung des Sektors herbeizuführen, führte die chinesische Regierung 2020 die ‚drei roten Linien‘ ein. Sie stehen für drei Bilanzkennzahlen, die herangezogen werden, um die Verschuldung von Immobilienentwicklern einzudämmen: das Verhältnis von Verbindlichkeiten zu Vermögenswerten, der Nettoverschuldungsgrad und das Verhältnis von liquiden Mitteln zu kurzfristigen Verbindlichkeiten“, erläutern die Experten. Wenn ein Immobilienentwickler bei diesen drei Kennzahlen die Messlatte reiße, könne er kein neues Fremdkapital mehr aufnehmen, könne also nicht umschulden und nicht wachsen, so die Einschätzung.

„Eine Finanzierungskrise scheint insgesamt unwahrscheinlich, denn den weltweiten Finanzmärkten droht keine offensichtliche Ansteckungsgefahr“, so Smillie, Leong und Ong. „Chinesische Banken finanzieren sich über inländische Quellen, und die People’s Bank of China, die Zentralbank der Volksrepublik China, kann im Falle eines Finanzierungsproblems auf ein breit gefächertes und höchst wirkungsvolles Instrumentarium zurückgreifen.“ Verschiedene interne und externe Faktoren könnten eine Finanzierungssperre auslösen. Diese Faktoren würden laut den Experten jedoch nur eintreten, wenn es vorher zu einem Vertrauensverlust in das System gekommen wäre, und dies scheint unwahrscheinlich.