Alexander Funk, Ökoworld

„Klimaschutz jetzt Mainstream“

Vor wenigen Jahren noch ein Nischenthema, hat der Klimaschutz am Aktienmarkt einen gewaltigen Schub erhalten, sagt Alexander Funk, Portfoliomanager von Ökoworld.

„Klimaschutz jetzt Mainstream“

Christopher Kalbhenn.

Herr Funk, das Thema Klima beziehungsweise Bekämpfung der Erderwärmung ist derzeit der große Trend an den Finanzmärkten. Spürt das auch Ökoworld?

Wir sind schon lange im Thema Klima unterwegs. Schon in Zeiten, in denen es noch ein Nischendasein fristete, waren wir ausschließlich auf Klima beziehungsweise Nachhaltigkeit fokussiert. Den Ökoworld Klima haben wir im Jahr 2007 gestartet, und wir spüren in der Tat, dass der Klimaschutz als Anlagethema einen starken Schub erfahren hat. Derzeit beläuft sich das verwaltete Vermögen des Fonds auf 830 Mill Euro. Ende 2019 waren es knapp 150 Mill. Euro, Ende 2018 noch 35 Mill. Euro. Das zeigt, dass Zug in das Thema gekommen ist, dass es stark nachgefragt wird.

Wie erklären Sie sich diesen stark gestiegenen Zuspruch?

Unser Publikum sind die Privatanleger. Das ist gut für uns, weil es sich um ein sehr breit gestreutes Publikum handelt, so dass wir nicht durch den Ausstieg eines einzelnen großen Investors stark getroffen werden können. Der Klimaschutz ist jetzt Mainstream. Die Menschen gehen zu einem bewussten Umgang mit Geld über. Es ist für die Anleger wichtig, dass ihre Investments positive Wirkungen haben. Der Klimawandel ist mittlerweile auch in unseren Breitengraden bei den Menschen angekommen, die zuletzt mehrere sehr heiße Sommer erlebt haben. Sie spüren ihn am eigenen Leib. Auch die zu­nehmenden Wetterkatastrophen machen ihnen den zunehmenden Handlungsbedarf bewusst.

Was muss ein Unternehmen bieten beziehungsweise tun, um für Sie in Frage zu kommen?

Wir nennen unseren Fonds den konsequenten Klimaschutzfonds für mehr Zukunft. Viele assoziieren Klimaschutz mit alternativen Energien. Im Klimaschutz stecken jedoch sehr viele Themen. Ein Beispiel ist Recycling und Wiederverwertung. Das Thema ist derzeit auch wegen der sehr stark steigenden Rohstoffkosten angesagt. Aus Sicht des Klimaschutzes ist hier relevant, dass durch Wiederverwertung der energieintensive Abbau von Rohstoffen, der auch viel Wasser verbraucht, reduziert wird. Ein weiteres Thema, in dem wir stark allokiert sind, ist die Vermeidung der Entstehung von Treibhausgasen. Ein Beispiel für diesen Komplex ist die Energieeffizienz von Gebäuden. Eine Aktie, mit der in das Thema investiert werden kann, ist die des Dämmstoffherstellers Rockwool. Weitere Beispiele sind energieeffiziente Leuchtmittel und Energieeffizienz in der IT – Stichwort Cloud Computing.

Wie schützt Cloud Computing das Klima?

Cloud Computing bedeutet zum Beispiel, dass in einer Firma nicht jeder Mitarbeiter seinen eigenen Computer und nicht jedes Büro seinen eigenen Server hat. Es ermöglicht eine dezentrale Infrastruktur, die den Energieverbrauch senkt. Zusätzlich wird das Risiko von Hackerattacken signifikant gesenkt. Unternehmen, die von diesem Trend profitieren, sind etwa der Chiphersteller Ad­vanced Micro Devices und Applied Materials, ein Anbieter von Maschinen für Chiphersteller.

Die größte Position des Fonds ist die LKQ Corp. Was macht dieses Unternehmen?

Dieses amerikanische Unternehmen profitiert von zwei Entwicklungen. Zum einen ist das Durchschnittsalter der US-Fahrzeuge derzeit mit 13 Jahren sehr hoch, was zum Teil mit dem Chipmangel zu tun hat, der die Pkw-Produktion hemmt. LKQ ist auf das Recycling von Pkw spezialisiert. Ersatzteile werden wiederverwendet, die nicht wiederverwendbaren Bestandteile werden als Schrott am Spotmarkt verkauft. Hier kommen dem Unternehmen derzeit die sehr hohen Rohstoffpreise zugute. Aus Klimasicht ist die Wiederverwertung von Ersatzteilen und die Rückführung von Rohstoffen in den Kreislauf positiv zu werten.

Welche Ausschlusskriterien hat Ökoworld?

Wir haben, und das ist eines unserer Unterscheidungsmerkmale, eine Nulltoleranzpolitik. So sind bei uns Atomkraftwerkehersteller ausgeschlossen, während andere Anbieter die Kernenergie als saubere Energie betrachten und einschließen. Ausgeschlossen sind ferner unter anderem Waffen, Verletzung der Menschenrechte und Chlorchemie. Betroffene beziehungsweise entsprechend engagierte Unternehmen werden von uns ausgeschlossen, selbst wenn sie mit problematischen Geschäften nicht einmal 1% ihres Umsatzes erwirtschaften. Andere Anbieter tolerieren hier durchaus Umsatzanteile von 5%, 10% et cetera.

Worin sehen Sie noch Unterscheidungsmerkmale Ihres Unternehmens?

Ökoworld hat drei Fondsmanager und sechs Finanzanalysten. Hinzu kommen zehn Analysten im Nachhaltigkeitsresearch. Anlageentscheidungen werden bei uns sämtlich von Menschen getroffen. Es gibt vermehrt Anbieter, die sich auf Analysen beziehen, die sich auf Daten stützen. Wir schauen uns die Unternehmen sowie ihre Produkte und Dienstleistungen an und stellen uns die Frage, wie sie sich auf die Umwelt und die Gesellschaft auswirken und wie die Produkte hergestellt werden. Etliche andere Anbieter stützen sich nur auf zugelieferte ESG-Daten als nachhaltige Entscheidungsgrund­lage.

Sie fahren also einen dezidiert aktiven Ansatz.

Unser Fokus liegt auf Einzeltiteln beziehungsweise aktivem Management. Wir arbeiten völlig unabhängig von einer Benchmark. Die LKQ etwa hat eine Marktkapitalisierung von 17 Mrd. Dollar. Für amerikanische Begriffe ist sie damit ein Small Cap, den viele Institutionelle erst gar nicht anschauen. In unserem Klima-Fonds ist LKQ derzeit die größte Einzelposition. Wir schauen uns weltweit Trends und Unternehmen an, und über das Stock Picking können wir ausweichen, wenn es beispielsweise einmal im Windenergiebereich nicht gut laufen sollte.

Welche deutschen Aktien sind in Ihrem Klimafonds zu finden?

Wir halten beispielsweise Aurubis. Das ist der weltweit größte Recycler von Kupfer. Derzeit profitiert das Unternehmen von dem sehr guten wirtschaftlichen Umfeld und den steigenden Kupferpreisen. Ein weiterer Titel ist Hellofresh.

Das ist jetzt nicht gerade ein Unternehmen, das man mit Nachhaltigkeit in Verbindung bringen würde.

Auf den ersten Blick scheint Hello­fresh kein klimafreundliches Unternehmen zu sein. Kontrovers ist hier sicher der Verpackungsmüll, sprich die Kartons. Sicherlich gibt es bei Hellofresh Dinge, die noch verbessert werden können. Das Unternehmen hat auch Initiativen ergriffen, um Verpackung zu vermeiden und re­cyclefähiges Material zu verwenden. Bei dem Unternehmen kommt es aus Nachhaltigkeitsperspektive aber auf die Zutaten an. Es bietet Zutaten aus ökologischem Anbau an, außerdem regionale Produkte, was kurze Transportwege bedeutet. Der ökologische Anbau ist wesentlich klimafreundlicher als die intensive Landschaft. Zudem setzt er keine Pestizide ein, verbraucht weniger Wasser, die Böden werden weniger ausgelaugt und ausgewaschen. Außerdem bezieht Hellofresh zum Teil zertifizierte Nahrungsmittel und achtet auch auf die Berücksichtigung von Tierwohl. Die hohe Qualität der Lebensmittel dient der Verbesserung der Gesundheit durch gesündere Ernährung. Durch die exakt auf eine Mahlzeit abgestimmten Liefermengen werden außerdem Nahrungsmittelabfälle verringert.

Das Interview führte

BZ+
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