Schwellenländer

Lokalwährungs­anleihen zeigen sich robust

Schwellenländeranleihen in Lokalwährungen haben sich aktuell als widerstandsfähig erwiesen. Es ist davon auszugehen, dass die Anlageklasse in den nächsten Jahren noch mehr Aufwind erfahren wird.

Lokalwährungs­anleihen zeigen sich robust

Das Umfeld für Anlagen in Emerging Markets im ersten Halbjahr 2022 hätte kaum herausfordernder sein können: ein eher feindlicher geopolitischer Hintergrund mit dem Ukraine-Krieg und sich abzeichnenden Spannungen zwischen China und den USA, eine US-Notenbank, die schnell und entschlossen handelt, die Verlangsamung des wirtschaftlichen Wachstums in China als Folge der Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie und, nicht zuletzt, die sich hartnäckig haltende globale Inflation. Umso erstaunlicher ist es, dass sich Schwellenländeranleihen in Lokalwährung, also die Anleihen, die von Staaten begeben werden und auf den jeweils eigenen Währungen lauten, in der ersten Hälfte des Jahres als besonders widerstandsfähig er­wiesen haben.

Das Anlagesegment der auf Lokalwährung lautenden Staatsanleihen ist größer als der eher traditionelle Markt für Anleihen in Hartwährungen. Gleichzeitig war es in diesem Jahr bislang stabiler als das Segment der Hartwährungsanleihen, aber auch als die Staatsanleihen aus In­dustrieländern. Vor allem aber spricht vieles dafür, dass sie das schwierige Umfeld auch in der zweiten Jahreshälfte meistern können. Ausschlaggebend dafür sind die be­sonderen Bedingungen, die für Schwellenländeranleihen in Lokalwährung gelten und die wir im Folgenden vorstellen wollen.

Keine Verknappung

Da ist zunächst der Zugriff auf die lokale Währungsdruckerpresse. Im Gegensatz zu Hartwährungen, wie dem Euro, dem Schweizer Franken, dem US-Dollar oder dem Yen, bei denen die Verfügbarkeit von Mitteln von der Zahlungsbilanz der Länder abhängt, kann es in den Schwellenländern nie zu einer Verknappung der eigenen Landeswährung kommen, da diese ja von der eigenen Zentralbank gedruckt und emittiert werden. Und tatsächlich haben einige Schwellenländer während der Covid-Krise (und in einigen Fällen auch schon davor) Programme zur quantitativen Lockerung aufgelegt, die denen der Industrieländer ähnelten, und im Zuge dessen eigene Staatsanleihen (in Lokalwährung) aufgekauft. Indonesien ist der be­merkenswerteste Fall.

Ein zweiter wichtiger Punkt ist das Anzapfen inländischer Ersparnisse. In den letzten Jahrzehnten haben die bekanntesten unter den Schwellenländern ihre Finanzierungsquellen konsequent auf ihre eigenen lokalen Märkte verlagert und damit ihre Abhängigkeit von ausländischen Geldflüssen zur Finanzierung ihres öffentlichen Defizits verringert. Natürlich verfügen nicht alle Schwellenländer über Finanzmärkte, die so weit entwickelt sind, dass sie über einen großen Pool von Ersparnissen in Landeswährung verfügen. Diejenigen, die über ausreichend große inländische Finanzmärkte verfügen, sind jedoch in der Lage, die Ersparnisse der Haushalte über lokale Vermögensverwalter, Pensionsfonds und Versicherungsgesellschaften in ihre auf Landeswährung lautenden Anleihe- und Aktienmärkte zu leiten und so Marktvolatilitäten abzufedern.

Drittens haben Schwellenländer durch die Emission von Lokalwährungsanleihen die Fähigkeit, ihre eigenen Refinanzierungskosten zu managen. Dies schafft zum einen eine weitaus stabilere und besser zu steuernde Finanzierungsquelle für den Staat und zum anderen weitaus stabilere Renditen für die Ersparnisse inländischer Anleger, die damit gegen Fremdwährungsrisiken immun sind. Es besteht in der Tat eine symbio­tische Beziehung zwischen dem Aufkommen solcher institutionellen Anleger, der Expansion der lokalen Anleihemärkte und der Entwicklung der Renditekurven in Landeswährung.

Die drei Merkmale machen deutlich, warum die Verlagerung auf lokale Finanzierungen in den letzten Jahrzehnten bei vielen großen Schwellenländern eine Priorität der Finanzministerien war, denn sie ermöglicht es den lokalen Schuldenmanagern und Zentralbanken, das Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage auf ihren Anleihemärkten fein abzustimmen.

Dies ist auch einer der Gründe, warum der Anteil ausländischer Investoren an den Staatsanleihen seit der Zeit vor der globalen Finanzkrise 2008 strukturell zurückgegangen ist und heute mit einem Anteil von knapp 23% nur leicht über dem Level der Finanzkrise liegt: Dahinter steckt nicht allein die Abwanderung ausländischer Investoren in schwierigen Zeiten, sondern auch die Tatsache, dass diese lokalen Anleihemärkte dank der Finanzierung ihrer eigenen aufstrebenden institutionellen Investorenbasis gewachsen sind.

Bestimmende Faktoren

Im weiteren Jahresverlauf 2022 gibt es mehrere Faktoren, die für das Segment der Schwellenländeranleihen in Lokalwährungen unserer Meinung nach bestimmend sein werden:

1. Die globale Erholung: Nachdem die zwei Jahre andauernde globale Pandemie endlich hinter uns liegt, befindet sich die Weltwirtschaft in der ersten Phase des neuen Konjunkturzyklus. Die Schwellenländer könnten über Spill-over-Effekte da­von profitieren. Zwar verzeichnet China ein nachlassendes Wirtschaftswachstum, dafür sind die Wachstumsprognosen der Schwellenländer ex China deutlich höher als in den Industriestaaten.

2. Die unterschiedliche Verteilung der Rohstoffvorkommen: Diese sind auch in den Schwellenländern un­gleich verteilt, so dass der globale Rohstoffschock hier Gewinner und Verlierer hervorgebracht hat. Viele der großen Schwellenländer mit liquiden und offenen Anleihemärkten wie Indonesien sind bedeutende Nettoexporteure von Rohstoffen und gehören folglich zu den Gewinnern der steigenden Nachfrage.

3. Die Schwellenländer sind gut auf die Zinswende der Fed vorbereitet. Viele Notenbanken in Schwellenländern haben ihre Zinsen bereits erhöht. Der Spread zwischen den Lokalwährungsanleihen und US-Treasuries sorgt damit für einen Renditepuffer, was auch die Möglichkeit für Carry Trades bietet.

4. Anfälligkeiten und institutionelle Schwächen sind ein konstanter Faktor, der auf diesen Märkten lastet. Dies hat dazu geführt, dass die globale Anlegergemeinschaft und auch die lokalen EM-Anleger dazu neigen, Emerging-Markets-Anleihen unterzugewichten.

Die realen Renditen von Schwellenländeranleihen in Lokalwährung erreichen derzeit historische Höchststände, die Währungen sind unterbewertet und die lokalen Zentralbanken kontrollieren die Finanzierungsbedingungen. Deshalb sind wir für die weitere Entwicklung zuversichtlich.

Die letzten Jahre waren für die lokalen Zinssätze eine Herausforderung, da traditionellere globale Vermögenswerte den lokalen Vermögenswerten den Rang abliefen und die Zentralbanken der Schwellenländer gezwungen waren, ihre Politik erheblich zu straffen. Wir glauben, dass wir uns hier jetzt einem Gleichgewicht nähern und die beschriebenen Kräfte dazu beitragen, der Anlageklasse weiteren Aufwind zu geben.