Jie Song

„Positive Wachstumstreiber Chinas intakt“

Jie Song ist für Chinas Aktienmarkt zuversichtlich. Die positiven Wachstumstreiber des Landes sind nach Einschätzung des Aktienspezialisten von UBS Asset Management intakt.

„Positive Wachstumstreiber Chinas intakt“

Christopher Kalbhenn.

Herr Song, China sorgt derzeit für Verunsicherung an den Aktienmärkten. Was bedeutet das für Ihre auf asiatische Aktienmärkte fokussierten Strategien?

Zunächst möchte ich betonen, dass wir einen Bottom-up-Ansatz verfolgen. Das makroökonomische Umfeld ist zwar auch für uns wichtig. In erster Linie schauen wir aber auf die fundamentalen Gegebenheiten einzelner Unternehmen und ihre langfristigen Aussichten. Die derzeit hohe Volatilität am chinesischen Aktienmarkt ist auf die Verunsicherung der Anleger durch die seit dem Juli von der Regierung ergriffenen regulatorischen Maßnahmen zu­rückzuführen. Die hohe Volatilität wird andauern, weil noch nicht ganz klar ist, wie das am Ende aussehen wird. Die langfristigen positiven Wachstumstreiber Chinas sind jedoch weiter intakt. Am stärksten hat die Anleger zuletzt verunsichert, dass die Unternehmen des Bildungssektors non-profit werden sollen. Die Anleger befürchten, dass das auch in anderen Sektoren geschehen kann. Wir gehen davon aus, dass das nicht das Basisszenario anderer Branchen ist, weil die Ausgangssituation anders ist.

Sie erwähnten positive Treiber des chinesischen Wachstums. Welche sind das?

Es gibt vier wesentliche Treiber. Dabei handelt es sich zum Teil um klassische Schwellenländertreiber, zum Teil um Treiber, wie wir sie auch aus den Industrieländern kennen. Schwellenländertreiber sind der Konsum-Upgrade, also die wachsende Nachfrage nach höherwertigen Konsumgütern, und die fortschreitende Urbanisierung. Treiber wie in den Industrieländern ergeben sich dadurch, dass China seine Produktion in der Wertschöpfungskette weiter nach oben verlagert, einen verstärkten Fokus also auf Bereiche wie Automatisierung, Technologie, Innovation etc. legt. Der vierte Treiber – auch hier ergibt sich eine Vergleichbarkeit zu Industrieländern – ist der demografische Wandel. China hat 30Jahre lang eine Ein-Kind-Politik verfolgt. Dadurch altert seine Bevölkerung nun schneller als in allen anderen vergleichbaren Schwellenländern. Langfristig gehen davon für China erhebliche Herausforderungen aus. Mittelfristig bedeutet das aber auch Impulse für bestimmte Sektoren wie das Gesundheitswesen und der Vermögensverwaltung, zumal China in diesen Bereichen Aufholpotenzial gegenüber den Industrieländern hat.

Ergeben sich Ihrer Einschätzung nach durch die aktuelle Entwicklung in China nun günstige Einstiegsgelegenheiten?

Grundsätzlich ist das so. Wenn Nachrichten die Kurse bewegen, können wir Positionen ändern, aber nur, wenn diese Nachrichten eine nachhaltige Bedeutung haben. Im Falle einer Marktschwäche analysieren wir das. Liegt eine Übertreibung vor? Wenn es etwa einen starken Kursrückgang nach einem Quartalsbericht gibt, versuchen wir herauszufinden, ob Day Trader verkauft haben. Manche Anleger sind in der Reaktion auch träge. Wir müssen verstehen, wie sich das entwickelt. Wir haben in der Vergangenheit aber durchaus gelegentlich bei einer Marktschwäche zugekauft.

In welchen Sektoren beziehungsweise Segmenten sehen Sie in Asien interessantes Potenzial?

Wir haben Industrieexperten, die versuchen, die besten Titel herauszupicken, und der Portfoliomanager versucht, die besten Empfehlungen zu finden. Unsere Positionen, was Sektoren betrifft, sind aber im Wesentlichen das faktische Ergebnis unseres Bottom-up-Ansatzes. In unserem Asian Smaller Companies-Fonds sind wir in den Sektoren Consumer Discretionary und Consumer Staples übergewichtet und in Industriewerten untergewichtet. China befindet sich einer Phase der ökonomischen Transformation, in der der Konsum eine immer größere Rolle spielt. Die Regierung will das Wachstum des Landes nachhaltiger machen.

Wie sieht die Verteilung nach Ländern aus?

Im Asian Smaller Companies entfallen 20% auf China, 15% auf Indien, 14% auf Korea und 7% auf Thailand. Der Fonds ist nach Ländern breit aufgestellt. Wir haben auch den Asian-Equities-Fonds, der sowohl in Large Caps als auch in Small and Mid Caps investiert. Dieses Produkt ist zu 30% in China investiert, gefolgt von Korea mit 16% und Indien mit 12%. Auf Large Caps entfallen in diesem Produkt 80%, auf Small and Mid Caps 20%.

Wie ist dieser Fonds nach Branchen positioniert?

Hier sind wir im IT-Sektor übergewichtet und in Industrieaktien untergewichtet. Der Industrials-Sektor ist stark von der Old Economy geprägt, mit nicht unbedingt attraktiven und effizienten Unternehmen.

Können Sie ein Beispiel für einen interessanten asiatischen Small Cap sowie einen Large Cap nennen?

Eine unserer Top-Positionen im Asian Smaller Companies ist China Meidong Auto. Das ist ein Autohändler mit Fokus auf das High-End-Segment. Das Unternehmen ist einer der Marktführer in China und hat ein sehr starkes Management. Es ist in einem Markt tätig, der hohes Wachstumspotenzial hat. Die Autodichte in China ist viel geringer als etwa in Europa und wird weiter steigen. Meidong ist ein gutes Beispiel für ein Unternehmen, das vom Konsum-Upgrade profitiert. In unserem Portfolio hat die Aktie ein Gewicht von 4,5% verglichen mit weniger als 1% im Benchmark-Index. Im Asian Equities halten wir beispielsweise Mediatek. Hierbei handelt es sich um einen Chip-Hersteller, der in den zurückliegenden Jahren seine Wertschöpfungskette erweitert hat. Anfänglich stellte er Chips für Laufwerke her, mittlerweile produziert er Prozessoren für Smartphones. Viele chinesische Hersteller nutzen seine Prozessoren. Das Unternehmen ist ein starker Designer und technisch weit vorne. Als Nächstes wird die 5G-Technologie kommen. Dafür hat Mediatek sehr kompetitive Produkte.

Das Interview führte