Rohstoffmärkte

Sanktionen schlagen zurück

Sanktionen gegen Russland würden den Westen härter treffen als das Land selbst, betont die Investmentverwaltungsgesellschaft Loomis Sayles. Die möglichen Auswirkungen für die Finanz- und Rohstoffmärkte seien schwerwiegend.

Sanktionen schlagen zurück

ku Frankfurt

Die Ukraine-Krise und die zunehmenden Spannungen zwischen den USA und Russland haben bereits deutliche Auswirkungen auf die internationalen Finanzmärkte gezeigt. Betroffen sind insbesondere auch die Rohstoffmärkte, wobei Russland auf einigen Märkten wie Erdöl und Palladium eine durchaus zentrale bis marktbeherrschende Position einnimmt. In einer jetzt vorgelegten Studie erläutert Hassan Malik, Senior Sovereign Analyst bei Loomis Sayles, dass die Abhängigkeiten der Finanz- und Rohstoffmärkte und der westlichen Länder von Russland noch sehr viel weiter gehen, als es auf den ersten Blick erscheint.

Auf den ersten Blick, so Malik, sei der „finanzielle Fußabdruck“ Russlands wenig relevant, da der russische Aktienmarkt weniger als 5% des MSCI Emerging Market Index ausmacht bzw. 0,64% der Kapitalisierung der weltweiten Aktienmärkte. „Dennoch glauben wir, dass solche Kennzahlen die Relevanz Russlands für die Weltwirtschaft und die Märkte viel zu niedrig darstellen“, betont Malik. Die äußerst wichtige Rolle des Landes in der weltweiten Lieferkette gebe dem Land einen „enormen und asymmetrischen Einfluss“ weit über die Märkte für Öl und Gas hinaus. Anleger könnten es sich nicht leisten, diese Risiken zu ignorieren.

Inzwischen hat der Westen von der zuvor erörterten Option, Russland aus dem internationalen Zahlungssystem Swift zu werfen, bereits Abschied genommen, mit Blick auf die hohe Abhängigkeit Europas von russischem Gas und Öl. Aber auch in anderen Märkten ist die Rolle Russlands bedeutend. Auf dem Aluminiummarkt habe sich im April 2018 bereits gezeigt, welche Auswirkungen amerikanische Sanktionen gegen den russischen Produzenten Rusal haben. Binnen weniger Tage kletterte der Weltmarktpreis um fast 30%.

Noch größer sei der russische Einfluss auf den weniger im Licht der Öffentlichkeit stehenden Markt für Titan. Das halbstaatliche russische Unternehmen VSMPO-Avisma steuere mehr als 30% der weltweiten Produktionsmenge bei. Aber selbst dies werde der Bedeutung noch nicht gerecht: Der Konzern liefert eine Reihe von Spezialprodukten zum zehnfachen Preis von herkömmlichen Titan, dominiere damit Nischenmärkte. VSMPO liefere 65% der von Airbus benötigten Titanmengen, 35% des Bedarfs von Boeing und sei der alleinige Lieferant der brasilianischen Embraer.

Russland habe auch großen Einfluss auf Nachbarländer wie Weißrussland und Kasachstan. Weißrussland ist nicht nur einer der größten Exporteure von Düngemitteln, die BelAz-Lastwagen werden auch von internationalen Minenkonzernen benötigt. Kasachstan verfüge über die weltweit größten Lagerbestände an Zink, Wolfram und Baryt und habe einen Weltmarktanteil bei Uran von fast einem Viertel, wobei die staatliche Kazatomprom als einer der effizientesten Produzenten weltweit gilt. Die jüngste russische Militärhilfe bei der Niederschlagung eines Putschversuchs gegen den kasachischen Präsidenten Kassym-Jomart Tokayev unterstreiche den Einfluss Russlands in dem Land.

Krieg unwahrscheinlich

Zwar hält Malik einen richtigen Krieg zwischen der Nato und Russland für unwahrscheinlich, es sei aber auch der Blick auf die russischen Möglichkeiten für Gegensanktionen ernüchternd, zumal sich die weltweiten Lieferketten nach wie vor von den Schocks des amerikanisch-chinesischen Handelskriegs und der Pandemie erholten. „Entscheidend ist, dass der Einfluss Russlands asymmetrisch ist, dass westliche Unternehmen, Arbeitnehmer und Konsumenten wesentlich stärker getroffen würden als die russischen Interessen“, warnt er. Es bestehe für die Finanzmärkte das Risiko eines weiteren globalen Schocks für die Lieferketten, dessen gravierende Auswirkungen auf das weltweite Wirtschaftswachstum nicht übersehen werden sollten, so der Analyst.

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