Anlage

Stunde der Wahrheit für Infrastruktur-Investments

Wer von den Qualitäten von Infrastrukturanlagen profitieren will, kommt nicht an einer Bottom-up-Analyse der Einkommensströme der einzelnen Infrastruktur-Assets vorbei.

Stunde der Wahrheit für Infrastruktur-Investments

Angesichts der hohen Inflation, steigender Zinsen und neuer Makrorisiken werden die defensiven Eigenschaften von Infrastrukturinvestitionen auf die Probe gestellt. Inflationsschutz, Kapitalerhalt und konsistente risikobereinigte Renditen gelten neben der geringen Korrelation zu anderen Assetklassen zu den Tugenden dieser Anlagen. In den vergangenen 10 bis 15 Jahren haben Infrastrukturfonds eine gute Performance erzielt. Allerdings war die Schwankungsbreite größer als erwartet, wie Zahlen des Datenanbieters Preqin zeigen. Zudem stammte ein Großteil der Renditen aus den Gewinnrealisierungen am Ende der Laufzeit eines Fonds und nicht aus den laufenden Erträgen.

Entgegen der landläufigen Meinung sind wir der Meinung, dass Infrastrukturanlagen die Anleger nicht automatisch vor der Volatilität des Wirtschaftszyklus schützen. Über eine optimierte Portfoliokonstruktion lassen sich konsistentere Renditen und eine planbare Gesamtperformance erzielen. Ein Schlüsselfaktor dafür ist die Portfoliodiversifikation. Die einfache Diversifikation nach Geografie oder Sektor sowie nach Core, Core-Plus und Value-Add ist bei Infrastrukturanlagen am weitesten verbreitet. Allerdings müssen auch die spezifischen makroökonomischen Merkmale der einzelnen Infrastruktur-Assets berücksichtigt werden.

Theoretisch sollten Windparks derzeit allgemein attraktive Investitionen sein, da die Strompreise so hoch sind wie nie zuvor. Die Auswirkungen hängen jedoch vom Erlösmodell der Anlage ab: Abnahme oder Bezahlung, Festpreis-Stromabnahmevertrag (PPA), Einspeisetarif oder Spotpreis. Während die Anlagen eine Lebensdauer von 30 Jahren und länger haben, werden sich die Erlösmodelle im Laufe der Zeit ändern. PPAs können eine Laufzeit von 3 bis 15 Jahren haben. Gleichzeitig treibt die Technologie die Kostendeflation voran, wodurch die Gewinnspannen der Unternehmen im Bereich der erneuerbaren Energien erhalten bleiben oder sogar steigen. Der risikoadjustierte Beitrag für das Portfolio und auch die Sensitivitäten gegenüber makroökonomischen Bedingungen können während der Lebensdauer der Anlage variieren.

Das Problem der mangelnden Diversifizierung vergrößert sich bei geschlossenen Fonds. In der Regel müssen diese in einem kurzen Zeitraum das zugesagte Kapital investieren, wodurch systematische Überlegungen zur Portfoliodiversifizierung in den Hintergrund treten, da dann nur eine begrenzte Anzahl von Vermögenswerten zur Verfügung steht. Darüber hinaus ändern sich die Diversifizierungsfaktoren über die Laufzeit, wenn ein Fonds Vermögenswerte verkauft und das Portfolio nicht durch neue Engagements wieder ins Gleichgewicht gebracht werden kann.

Damit die Diversifikationswirkung von defensiven Infrastrukturanlagen voll zum Tragen kommt, sollten die Portfolios ausreichend robust sein, um ihre Renditeziele unter verschiedenen makroökonomischen Bedingungen zu erreichen. Wichtig ist, ein Portfolio nach dem Ertragsrisiko zu diversifizieren. Schlüsselvariablen sind hier Inflation, BIP-Wachstum und Zinssätze. So würde beispielsweise ein vollständig reguliertes Stromnetz nicht besonders empfindlich auf Veränderungen des Wirtschaftswachstums reagieren, sondern viel stärker von einem Anstieg der Inflation beeinflusst werden, da die meisten regulierten Tarife an die Inflation gebunden sind. Was die Zinssätze anbelangt, so würden die meisten Versorgungsunternehmen eine negative Korrelation mit steigenden Zinsen aufweisen. Im Gegensatz dazu werden die Einnahmen einer teilweise regulierten Mautstraße vom Wirtschaftswachstum beeinflusst und steigen mit dem Verkehrsaufkommen.

Im aktuellen Kapitalmarktumfeld werden die verschiedenen Vermögenswerte unterschiedlich beeinflusst. Diejenigen, die keinen expliziten oder impliziten Bezug zur In­flation haben, sind weniger gut ge­schützt. Diejenigen, die direkt an die Inflation gekoppelt sind oder höhere Preise weitergeben können (z.B. Versorgungsunternehmen, erneuerbare Energien, Energie- und Versorgungsunternehmen sowie einige Verkehrs- und soziale Infrastrukturanlagen), sind besser ge­schützt. Vermögenswerte, die mehr mit dem BIP zusammenhängen, können von zyklischen Aufschwüngen bei Wachstum und Zinsen profitieren. Selbst innerhalb einer Infrastrukturanlageklasse kann je nach Land die Sensitivität gegenüber den genannten Makro-Faktoren aufgrund von unterschiedlicher Re­gulierung oder ab­weichender Tarifkonventionen variieren. Schließlich ist neben der Einnahmenseite auch die Finanzierungsseite und dabei insbesondere die Laufzeiten oder die Inflationsindexierung zu betrachten. Ein weiterer, wesentlicher Faktor ist der Reifegrad der Assets. So bietet die Entwicklungsphase Aussicht auf deutlich höhere Gewinne bei erhöhtem Risiko, wohingegen ein in Betrieb genommenes Asset bereits konstante und planbare Erträge ge­neriert.

Bottom-up-Analyse

Wer vollumfänglich von den Qualitäten profitieren will, die Infrastrukturanlagen institutionellen In­vestoren bieten können, kommt nicht daran vorbei, eine Bottom-up-Analyse der Einkommensströme der einzelnen Infrastruktur-Assets und ihrer Empfindlichkeit gegenüber wichtigen makroökonomischen Variablen in verschiedenen Phasen des Lebenszyklus durchzuführen. Eine konsistente, nichtzyklische Performance kann in drei Schritten erreicht werden: Erstellung von Einkommensrisikoprofilen, Analyse makroökonomischer Szenarien und schließlich strategische Asset-Allokation. Im Idealfall sollte das Portfolio gerade in Zeiten wie diesen durch seine Diversifizierung vor makroökonomischen Abschwächungen ge­schützt werden.

Zuletzt erschienen:

Digitalisierung starker Impuls für Schwellenländer (237), Pictet Asset Management