"Vieles wird Kongress nicht passieren"

J.P. Morgan Asset Management glaubt, dass die Märkte die Auswirkungen der Trump-Politik überschätzen

"Vieles wird Kongress nicht passieren"

Die Kapitalmarktexperten von J.P. Morgan Asset Management erwarten, dass die wirtschaftliche Stimulierung durch Maßnahmen von Trump nicht so stark sein werden wie an den Märkten erwartet. Denn vieles werde nicht so durch den Kongress gehen. Sie prognostizieren, dass der stärkere Dollar die US-Exporte belasten wird. Wachstumsrisiken würden auf die Briten durch den Brexit zukommen.kjo Frankfurt – Nach den ersten Wochen der neuen US-Regierung unter Präsident Donald Trump ist für die Anlageexperten aus dem Hause J.P. Morgan Asset Management ein Regimewechsel im Bereich der internationalen Handelsbeziehungen deutlich wahrscheinlicher geworden. Allerdings wird die Agenda von US-Präsident Trump, die den Aktienmärkten eine wochenlange positive Performance beschert und die Anleiherenditen nicht nur in den USA nach oben gezogen hat, als ambitioniert eingestuft. Die Agenda von Trump beginnt bei der Deregulierung vieler Bereiche, der Abschottung in der Einwanderungspolitik und reicht über die Abschaffung von Obamacare bis hin zu der Erhöhung der Verteidigungs- und Infrastrukturmaßnahmen sowie der Senkung der Einkommen- und Unternehmenssteuern, um die heimische Wirtschaft anzukurbeln. “Vieles wird den US-Kongress so nicht passieren”, sagte Tilmann Galler, Executive Director und Global Market Strategist bei J.P. Morgan Asset Management, gestern in einer Ausblickspräsentation in Frankfurt.Galler schätzt, dass Trumps Agenda rund 1,2 Bill. Dollar an Kosten über die nächsten zehn Jahre verursachen wird. “Es kommt aber nicht der Stimulus wie man ihn erwartet hat”, beschwichtigt Galler die an den Märkten in dieser Hinsicht teilweise sehr hoch gesteckten Erwartungen an die wirtschaftspolitischen Maßnahmen der Regierung Trump. Galler rechnet in den nächsten Jahren mit um die 2 % Wachstum in den USA. Außerdem ist der Kapitalmarktexperte der Meinung, dass die Ära der Sparsamkeit in den USA nun zu Ende gegangen ist und den kommenden Jahren eine Ausweitung der Defizite anstehen wird. Die Nettostaatsverschuldung wird seiner Ansicht nach von 77 % gemessen als Anteil am Bruttoinlandsprodukt (BIP) bis zum Jahr 2026 auf über 85 % des BIP anschwellen. Wirkung kommt erst 2018An den Finanzmärkten wurde in den vergangenen Wochen und Monaten auf die vielen Versprechungen von Trump gesetzt und auf weitreichende konjunkturpolitische Stimuli, die Unternehmen und privaten Verbrauchern zugutekommen. Deshalb zogen die Aktiennotierungen an, und die Renditen bewegten sich in Erwartung einer eindämmenden Geldpolitik in Form höherer US-Leitzinsen ebenfalls nach oben. Galler ist sich sicher, dass viele Maßnahmen aber nicht dieses Jahr, sondern erst 2018 ihre Effekte entfalten werden und verweist auf Infrastrukturmaßnahmen, die zunächst geplant, dann ausgeschrieben, später beschlossen, beauftragt und schließlich erst mal umgesetzt werden müssen, bevor sie Wirkung zeigen können. “Das dauert”, so Galler. 2018 werden seiner Ansicht nach auch erst die steuerlichen Maßnahmen von Trump Wirkung zeigen.Der allmählich anziehende Inflationsausblick vor dem Hintergrund einer Arbeitskräfteverknappung in den USA ermöglicht nach Einschätzung von Jakob Tanzmeister, Executive Director im Bereich Multi-Asset-Solution des Hauses, der US-Notenbank Fed eine zunehmend unstrittige Leitzinsnormalisierung. Galler hält den Schritt im März praktisch für gesetzt. Kurzfristig könnte das Wachstum in den USA anziehen, insbesondere angesichts potenzieller fiskalpolitischer Anreize und vorteilhafter Regulierungsmaßnahmen, so die Einschätzung von Tanzmeister. Er leitet daraus eine Verringerung der Short-Position in Industriewerten und eine Erhöhung des gesamten Aktiendeltas ab. Fed normalisiert Zins”Die geld- und nun auch fiskalpolitischen Unterschiede sorgen für ein beständiges Auseinanderdriften der Volkswirtschaften und Anlageklassen”, so Tanzmeister. “Die fiskalpolitisch bedingten Wachstumsdifferenzen werden auch die geldpolitische Divergenz verstärken, denn die US-Notenbank normalisiert ihren Leitzins wie versprochen”, fügt Tanzmeister hinzu. Mit Blick auf Änderungen im Portfolio bedeute dies eine Erhöhung der Long-Position im Dollar und eine Erhöhung des Engagements in japanischen Aktien wegen der prognostizierten Yen-Schwäche. Ein starker Dollar wird laut Galler aber auch Spuren bei den US-Exporten hinterlassen. Außerdem würde er China ins Schwitzen bringen. Pfund neigt zur SchwächeMit Blick auf Großbritannien hält Galler fest, dass 2017 ein entscheidendes Jahr für das Land wird. Man habe in Großbritannien ein stabiles Wachstum gesehen, aber es zeichneten sich wegen des Brexit Wachstumsrisiken ab. “Die Effekte sind nicht so schnell aufgetaucht, aber sie kommen”, ist sich Galler sicher. Der Wachstumstrend dürfte seiner Ansicht nach unten gehen. Er verweist in diesem Zusammenhang auf ein schwaches Pfund, höhere Importpreise und die Tatsache, dass in Großbritannien die Löhne nicht mehr so stark steigen werden.Beim Ölpreis, der als ein wichtiger Treiber für die Inflationsentwicklung angesehen wird, erwarten die Experten aus dem Hause J.P. Morgan Asset Management, dass die Erholung zunächst anhalten, die Preisbewegung dann aber in eine Seitwärtsphase münden wird. Sie rechnen damit, dass nordamerikanisches Ölangebot unter anderem aus dem Fracking-Bereich wieder sehr schnell auf den Markt kommen wird. Das führe zur Seitwärtsbewegung.