Stanford-Stiftungsfonds

„Wir kaufen, wenn jeder verkauft“

Robert F. Wallace, CEO des Stanford-Stiftungsfonds, investiert aktienorientiert und langfristig. Bei Crashs kauft Stanford Aktien hinzu. Damit erzielt der Stiftungsfonds überdurchschnittliche Erträge.

„Wir kaufen, wenn jeder verkauft“

Von Werner Rüppel, Frankfurt

„Grau ist alle Theorie – entscheidend is’ auf’m Platz“, so hat schon Borussia-Dortmund-Legende Adi Preißler treffend formuliert, was wirklich zählt. Übertragen auf die Kapitalanlage kommt es also nicht allein darauf an, eine schöne Theorie zu entwickeln, die vielleicht im Backtest auch gute Ergebnisse liefern mag. Entscheidend ist es, in der Praxis eine überzeugende Performance zu liefern, und das nicht nur kurzfristig, sondern über Jahre hinweg und risikoadjustiert. Renommierte Investoren, die in den vergangenen Jahren überdurchschnittliche Ergebnisse geliefert haben, sind der norwegische Staatsfonds und der Stiftungsfonds der Universität Yale. Eine Adresse, die etwas weniger bekannt sein mag, ist der inzwischen mehr als 40 Mrd. Dollar schwere Stiftungsfonds der Universität Stanford.

Die Zahlen beeindrucken: Im Fiskaljahr 2020/21, das Ende Juni ausläuft, hat das Stiftungsvermögen von Stanford eine Performance von 40,1% erzielt. Über zehn Jahre übertrifft Stanford mit einem Wertzuwachs von 10,8% per annum sowohl den Median der Stiftungsfonds von US-Universitäten, der bei 8,9% im Jahr liegt, als auch ein Portfolio von 70% Aktien und 30% Anleihen, das auf 8,1% kommt, deutlich. Über zwanzig Jahre ist die Outperformance von Stanford mit einer Performance von 10,1% pro Jahr im Vergleich zu 7,6% und 6,9% pro Jahr noch höher. Für die Universität ist der 1991 gegründete Stiftungsfonds ein Juwel, hat das Vehikel im vergangenen Fiskaljahr doch 1,3 Mrd. Dollar an die Hochschule ausgeschüttet, was 20% ihrer jährlichen Ausgaben entspricht.

Vor diesem Hintergrund war das Interesse groß, als Robert F. Wallace, der CEO der Stanford Management Company, auf dem Lupus alpha Investment Fokus 2022 das Erfolgsrezept von Stanford präsentierte. Wallace hat sein Handwerk als Investmentlenker bei dem legendären, früh verstorbenen Yale-CIO David Swensen gelernt. Entsprechend fokussiert sich Wallace analog zum Yale-Modell auf langfristig besonders ertragreiche Assetklassen. „Wir sind sehr aktienorientiert“, erklärt Wallace. „Aber wir sind sehr breit diversifiziert.“ So investiere Stanford mit einer risikomindernden Streuung am Aktienmarkt, also auch in internationale Titel, in Small und Mid Caps sowie in wenig liquide, aber langfristig ertragreiche aktienorientierte Assetklassen wie Private Equity. So entfallen auf Fixed Income und Cash nur 10% der investierten Gelder. Zudem sind auch Absolute-Return-Strategien und Real Assets wichtige Bestandteile der Assetallokation. Der Stiftungsfonds hat laut Wallace einen klaren Auftrag: Jedes Jahr einen sicheren und nennenswerten Beitrag zur Finanzierung der Universität zu leisten, und sicherzustellen, dass dies auch für die gesamte Zukunft gewährleistet ist. Die Zielrendite liege bei nominal 9 bis 10% im Jahr, angestrebt wird eine Performance, die pro Jahr 6% über der Teuerungsrate liegt.

Rebalancing ist üblich

Der Stanford-Stiftungsfonds ist langfristig ausgerichtet, was laut Wallace ganz klar von Vorteil ist. So hat Stanford im Frühjahr 2020, als die Aktienkurse im Zuge des Corona-Crashs um bis zu 30% einbrachen, im Rahmen eines Rebalancing gekauft. „Wir kaufen, wenn jeder verkauft“, sagt Wallace. Während des Corona-Crashs habe man in der Spitze zweimal täglich die Aktienquote angepasst. Im Normalfall finde ein Rebalancing natürlich nicht so oft, aber regelmäßig statt. Dieses antizyklische Agieren mit einer Anpassung der Aktienquote sei indes nicht auf den Corona-Crash be­schränkt, sondern der Normalfall. Langfristig lohne es sich, die Aktienquote bei massiven Einbrüchen über Zukäufe an die Zielausrichtung anzupassen. Dies sei übrigens auch in der Finanzkrise 2008/2009 der Fall gewesen. Wallace wörtlich: „Wenn Dinge kollabieren, ist es sehr oft Zeit, diese zu kaufen.“

Wichtig für die erfolgreiche Kapitalanlage ist für Wallace neben ESG vor allem SEG: Die richtige Strategie, die richtige Execution (Ausführung) und die entsprechende Governance. So habe das Aufsichtsgremium der Universität Chicago sein Investment Office im Dezember 2008 gezwungen, die Hälfte des Aktienportfolios der Stiftung zu verkaufen. Wallace urteilt: „Wenn sich Euphorie und Panik bei den Portfolioentscheidungen abwechseln, ist das ein Zeichen für schlechte Governance.“

Bei der Ausführung ist für Wallace, wie übrigens stets auch für Swensen, die Wahl der richtigen Partner wichtig. Dabei strebe Stanford an, stets ins Top-Quartil, besser gar ins obere Zehntel der besten Fonds zu investieren. Integrität und Engagement der Partner seien wichtig und auch dass sie mit eigenem Geld mit investiert seien. Um einen klareren Fokus zu bekommen, ist Wallace dabei, die Zahl der ehemals 300 Partner, mit denen Stanford zusammengearbeitet hat, zu reduzieren.

Zur Frage, warum es kaum jemand gelingt, mit dem Yale-Modell so erfolgreich zu sein wie sein Mentor und Freund David Swensen, zitiert Wallace gerne das US-Baseball-Idol Yogi Berra: „Theoretisch gibt es keinen Unterschied zwischen Theorie und Praxis. Praktisch schon.“

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