Konjunkturprognose

Belastungsfaktoren wiegen schwer

Angesichts der zahlreichen Risikofaktoren sagen die Chefvolkswirte der privaten Banken der Weltwirtschaft schwere Zeiten voraus: Schwächeres Wachstum und eine nur langsam wieder rückläufige Inflation ist die Erwartung für fast alle betrachteten Regionen.

Belastungsfaktoren wiegen schwer

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Die Chefvolkswirte der privaten Banken sehen die Weltwirtschaft in diesem und im nächsten Jahr in schwierigem Fahrwasser. Die rasant gestiegenen Produktions- und Verbraucherpreise, die an der Kaufkraft zehren, verstärkte geopolitische Spannungen, der Lieferkettenstress sowie teure und knappe Frachtkapazitäten dämpften das Wachstum ebenso wie die spürbar anziehenden Zinsen. Für 2022 sagen sie in ihrer neuen halbjährlichen Konjunkturprognose, die heute veröffentlicht wird und der Börsen-Zeitung vorab vorlag, eine Wachstumsrate von knapp 3% voraus. Dies ist nicht nur fast 1 Prozentpunkt weniger als der vor der Pandemie erreichte Wachstumstrend, sondern gerade einmal die Hälfte der im Vorjahr gezeigten Rate von 6,1%. 2023 sollten die hohen Preissteigerungsraten langsam abflauen, während die weiter notwendigen geldpolitischen Straffungen die wirtschaftliche Entwicklung dämpften.

„In einzelnen Ländern bzw. Wirtschaftsregionen wird ein spürbarer Rückgang der gesamtwirtschaftlichen Leistung befürchtet“, schreiben die Volkswirte. Die Weltwirtschaft als Ganzes sollte allerdings nicht in eine Rezession rutschen. Die für 2023 vorausgesagte Wachstumsrate von rund 2,5% wäre mit Ausnahme der Rezessionen 2009 (Finanzkrise) und 2020 (Pandemie) jedoch die niedrigste der Weltwirtschaft in den vergangenen beiden Dekaden.

Die US-Wirtschaft wird laut der Prognose ebenfalls stark an Schwung verlieren: Für dieses Jahr wird ein Wachstum von 1,7% erwartet, kommendes Jahr sollen es 0,6% werden. Zum Vergleich: 2021 hatte die US-Wirtschaft noch um 5,7% zugelegt. Der Rückgang, so heißt es beim BdB, stünde dabei in engem Zusammenhang mit der geldpolitischen Straffung der Fed. Für China wird kurzfristig eine Stabilisierung erwartet, doch schwäche sich der längerfristige Wachstumstrend weiter ab. Die Zielgröße Pekings für 2022 von ursprünglich 5,5% werde mit wohl rund 3,5% klar verfehlt. Falls der Taiwan-Konflikt nicht eskaliert und die Pandemieentwicklung kontrollierbar bleibt, könnten es 2023 dann rund 5% werden.

Die nachlassende globale Wirtschaftsdynamik trifft Deutschland als stark exportorientierte Volkswirtschaft. Doch sind nicht nur die Exportaussichten getrübt, auch die Inlandsnachfrage lässt nach. Aktuell seien nur wenige Stützen für die Entwicklung der deutschen Wirtschaft auszumachen, schreiben die Chefvolkswirte. Für das laufende Jahr wird ein Wachstum von 1,4% erwartet. 2023 wird ein Schrumpfen der Wirtschaft um 1,3% prognostiziert.

Auch der Euroraum insgesamt hat stärker und länger mit den Energiepreiseffekten zu kämpfen als etwa die USA. Eine schnelle wirtschaftliche Wiederbelebung im Verlauf des kommenden Jahres sei nicht wahrscheinlich. Positiv bewerten die Chefvolkswirte die Arbeitsmarktentwicklung, die in den meisten Euro-Staaten robust bleiben dürfte. In den kommenden Monaten, wenn sich die Wirtschaftslage im Euroraum deutlich eintrüben wird, sollten die Ausgaben im Rahmen des Aufbaufonds Next Generation EU eine wirtschaftliche Stütze sein. Für 2022 sagen die Chefvolkswirte ein Wachstum von rund 3% voraus – nach 5,2% im Jahr 2021. Für den Jahresdurchschnitt 2023 erwarten sie eine Stagnation, wobei die Prognosespanne relativ breit ist: Sie reicht von −1,5% bis +1,5%. Die Inflation wird für 2022 mit 8,3% vorausgesagt, 2023 soll sie auf 5,9% zurückgehen.

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