Andreas Stöcklin, Kroll

Berater Kroll expandiert mit Finanz­investoren

Das US-Beratungsunternehmen Kroll hat seine Wurzeln in der Unternehmensbewertung. Inzwischen kümmern sich die Experten aber um vieles mehr. In einem Fall hat ein Fußballverein aus der Premier League die Kroll-Tochter Crisp engagiert, um den Hasskommentaren in den sozialen Medien entgegenzutreten.

Berater Kroll expandiert mit Finanz­investoren

Von Christoph Ruhkamp, Frankfurt

Das US-Beratungsunternehmen Kroll (ehemals Duff & Phelps), das seine Dienste mit 6500 Experten in 30 Ländern unter anderem auf den Feldern Corporate Finance, Unternehmensbewertungen und Cyberrisiken anbietet, expandiert mit Private-Equity-Gesellschaften als Eigentümern und Kunden. Die Firma hat ihren Wert zuletzt stetig gesteigert. Im April 2020 wurde das damals noch Duff & Phelps heißende Unternehmen durch ein Investor-Konsortium geführt von Stone Point Capital und Further Global für 4,2 Mrd. Dollar übernommen. Der vorherige Investor Permira Funds bleibt weiter als Investor investiert – ebenso wie das Management.

„Wir expandieren rasant und erweitern kontinuierlich das Beratungsportfolio“, sagte Kroll-Deutschlandchef und Leiter des europäischen Corporate-Finance-Geschäfts Andreas Stöcklin der Börsen-Zeitung. „Das gilt besonders für Europa und für Deutschland.“

Beispielsweise sei Kroll bei den Fairness Opinions in Europa zur Nummer 1 aufgestiegen – jedenfalls laut Refinitiv Global Mergers & Acquisition Review 2021, in dem der Marktanteil unabhängig geschätzt werde. Solche Transaktionsbeurteilungen (Fairness Opinions) erstellen die Experten nicht nur im Rahmen von Fusionen und Übernahmen, sondern auch bei Rekapitalisierungen, Public-to-Private-Deals, Devestitionen sowie Spin-offs.

100 Berater in Deutschland

In Deutschland sind inzwischen rund 100 Kroll-Berater im Einsatz – unter anderem in Frankfurt, München und Berlin. Kroll, die in den USA nach eigenen Angaben die Hälfte aller S&P-500-Unternehmen zu ihren Kunden zählt, beriet hierzulande etwa den Marktforscher GfK, ein Portfoliounternehmen des Finanzinvestors KKR, beim Verkauf der Sparte GfK Research an die Ipsos Group.

Der Kroll-Vorläufer Duff & Phelps ist seit der Gründung im Jahr 1932 durch mehr als 30 Akquisitionen gewachsen – zuletzt unter anderem durch die Übernahme der Risikoanalyse-Technologiefirma Resolver. „Die wachsende Anzahl der Produkte und Marken erschwerte zunehmend eine einheitliche Botschaft“, erklärt Stöcklin. „Nach dem Erwerb von Kroll durch Duff & Phelps im Jahr 2018 wurden deshalb alle weltweiten Aktivitäten der Unternehmensgruppe im Jahr 2022 unter der Marke Kroll vereint.“

Für Kroll sind in der Sparte „Forensic“ als Berater vormalige Geheimdienstler, Detektive oder ehemalige Investigativjournalisten tätig. Der wohl prominenteste Fall im Geschäftszweig Sicherheitsberatung war der Datendiebstahl bei der Hotelkette Marriott im Jahr 2018.

Das Beratungsportfolio wurde im Laufe der Jahre erweitert durch Akquisitionen in den Bereichen Risikomanagement, Compliance, Cyber Security und Corporate Governance. Kroll macht inzwischen mehr als 1 Mrd. Dollar Umsatz im Jahr. Die Zahl der Beschäftigten wuchs seit 2005 von 100 auf 6500. So hat Kroll im Mai 2022 etwa das Risk-Intelligence-Unternehmen Crisp übernommen. Crisp ist auf den Schutz von Unternehmen, Marken, Vermögenswerten und Menschen vor Reputationsschäden, Sicherheitsbedrohungen und Online-Schäden spezialisiert. Nach eigenen Angaben schützt Crisp mehr als 6,5 Bill. Dollar an Marktkapitalisierung für mehr als 1000 Marken.

„In einem Fall hat ein Fußballverein aus der Premier League Crisp engagiert, um den zunehmenden Hasskommentaren sowie anderen schädlichen Inhalten in den sozialen Medien entgegenzutreten und seine Fangemeinden und Spieler vor online angerichteten Schäden zu schützen“, berichtet Stöcklin. „Mit Hilfe der beiden Applikationen Social Defense und VIP Defense entfernte Crisp innerhalb von Minuten schädliche Inhalte aus den Fan-Communities des Vereins und lieferte Echtzeitwarnungen bei Online-Drohungen gegen die Spieler, so dass das Sicherheitspersonal benachrichtigt werden konnte.“

Stopp der Online-Beleidigung

Die von Crisp bereitgestellte Lösung habe nicht nur die Online-Beschimpfungen gestoppt, sondern dem Verein auch ein besseres Verständnis der feindseligen Akteure verschafft. Innerhalb eines Jahres habe Crisp so 85000 Beschimpfungen gegen Spieler entdeckt.

Daneben betreut Kroll auch zahlreiche Kunden bei Fragen rund um das Thema Lieferkettenmanagement. Dabei hat das Forensic-In­vestigations-and-Intelligence-Team eine Lösung für die „investigative Due Diligence“ entwickelt. Diese konzentriert sich auf die Identifi­zierung negativer Lieferkettenrisiken für Unternehmen, die von Aufsichtsbehörden aufgegriffen werden könnten.

„In einem Projekt hat Kroll eine Untersuchung für den Marketingzweig eines im FTSE-Index enthaltenen Bergbauunternehmens durchgeführt, das den Kauf von Kupferkonzentrat aus der Provinz Katanga in der Demokratischen Republik Kongo erwog“, nennt Stöcklin ein Beispiel. „Im Rahmen des Projekts klärte Kroll zentrale Fragen zu den Eigentumsverhältnissen der produzierenden Mine und analysierte das Ausmaß und den Wahrheitsgehalt der Kritik der Zivilgesellschaft an der Mine in Bezug auf Arbeitsverhältnisse und Umwelt.“

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