Konjunktur

Corona-Welle hebelt Chinas Wirtschaft aus

Indikatoren zu Arbeitsmarktklima und Einkommenserwartungen in China weisen rekordtiefe Werte aus und sprechen gegen eine rasche Erholung der Konsumkonjunktur.

Corona-Welle hebelt Chinas Wirtschaft aus

nh Schanghai

Mit der abrupten Abschaffung sämtlicher Restriktionen, die seit 2020 Pekings kontroverse Corona-Politik gekennzeichnet haben, droht die chinesische Wirtschaft in eine schwierige Phase hineinzuschlittern. Eine besonders heftige Ansteckungswelle kom­promittiert ernsthaft die von den Marktteilnehmern vorweggenommene rasche Konjunkturerholung.

Zur Wochenmitte eingelaufene konjunkturelle Frühindikatoren vermitteln den Eindruck, dass die chinesische Wirtschaft im Dezember entgegen allen Beteuerungen von Wirtschaftsplanungsbehörden stark gelitten hat. Nun wachsen die Befürchtungen, dass die von offizieller Seite propagierte Erholung des Binnenkonsums länger auf sich warten lassen wird und die Konjunktur von der nun laufenden Omikron-Ansteckungswelle noch bis ins Frühjahr hinein stark abgebremst werden könnte.

Zwar hat die Regierung eine offizielle statistische Erfassung von Corona-Fallzahlen eingestellt, doch kursieren Angaben aus Kreisen der Gesundheitsbehörde, die auf mindestens 250 Millionen Ansteckungen in den ersten drei Dezemberwochen hindeuten. Das entspricht knapp 20% der Gesamtbevölkerung. Beim täglichen Briefing des Außenministeriums hieß es am Mittwoch, dass die Infektionswelle bereits nachlasse, allerdings wurden keinerlei Belege dafür angebracht. Aus Einträgen in Social-Media-Plattformen und Angaben zur Besuchsfrequenz von Krankenhäusern und sogenannten Fieberkliniken lässt sich indes schließen, dass die Ansteckungsintensität nun vor allem in Großstädten der sogenannten dritten und vierten Garde mit Einwohnerzahlen zwischen 1 und 5 Millionen stark zunimmt.

Grundsätzlich gilt die Überzeugung, dass die Aufgabe der chinesischen Null-Covid-Politik und damit die Beendigung einer Dauerschleife von Lockdown-Maßnahmen und Mobilitätsrestriktionen zu einer signifikanten langfristigen Belebung des Konsums und der Produktion führen wird. Gleichzeitig aber mehren sich die Anzeichen dafür, dass der ohne jegliche gesundheitspolitische Vorbereitung erfolgte Blitzausstieg aus dem Null-Covid-Regime wegen der nun manifesten Ansteckungs- und Krankheitswelle ernste sozialpolitische Folgen hat. Dabei könnten heftige Einschnitte am Arbeitsmarkt mit absehbaren Einkommenseinbußen zunächst stark den Konsum belasten.

Ein von der chinesischen Zentralbank verantworteter Index für das Arbeitsmarktklima, der People’s Bank of China Employment Sentiment Index, weist für das Schlussquartal 2022 einen weiteren kräftigen Rückgang aus. Damit landet das chinesische Job-Stimmungsbarometer nun bei einem rekordtiefen Wert von 33,1 Punkten. Ähnlich wie bei Einkaufsmanagerumfragen bedeuten bei diesen Erhebungen Werte unter 50 Punkten eine Stimmungseintrübung im Vergleich zur vorangegangenen Monats- oder Quartalsperiode. Der ebenfalls von der PBOC verantwortete Income Confidence Index, mit dem die Erwartungen für die Einkommensentwicklung von Arbeitnehmern registriert werden, ist für das Dezemberquartal ebenfalls auf einem historischen Tiefstwert bei nunmehr 44,4 Punkten gelandet (siehe Grafik).

Weitere Umfragen zum Wirtschafts- und Konsumvertrauen bringen ebenfalls ernüchternde Ergebnisse und zeugen von großer Verunsicherung. So betonen mittlerweile fast zwei Drittel der privaten Haushalte, dass sie die Konsumausgaben zurückzufahren und die Ersparnisse auszuweiten gedenken. Auch bei Wohnimmobilien ist eine verstärkte Zurückhaltung zu vernehmen: Der Anteil Befragter, die in den nächsten Monaten eine Immobilie kaufen wollen, ist auf Rekordtief. Deshalb rechnen sehr viele Marktbeobachter mit einem anhaltenden Rückgang der Durchschnittspreise für Neuwohnungen in chinesischen Ballungsgebieten.

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