Sportartikelindustrie

Ein Übergangsjahr für Adidas

Adidas stellt sich für dieses Jahr auf einen Betriebsverlust ein. Die Höhe hängt vor allem davon ab, was mit den restlichen Millionen Paar „Yeezy“-Schuhen passiert.

Ein Übergangsjahr für Adidas

jh Herzogenaurach

Bjørn Gulden, seit Beginn dieses Jahres Vorstandsvorsitzender von Adidas, blickt schon über 2023 hinaus, das er als Übergangsjahr bezeichnet. Es solle die Basis für 2024 und 2025 legen, sagte er in der Bilanzpressekonferenz. „Im Jahr 2024 können wir dann wieder mit dem Aufbau eines profitablen Geschäfts beginnen.“ Dann soll auch der Umsatz wieder wachsen.

Für dieses Jahr rechnet er mit einem Rückgang um eine hohe einstellige Rate. Das könnten etwa 2 Mrd. Euro sein. Das Betriebsergebnis wird in diesem Jahr in der Spanne von 0 bis −700 Mill. Euro erwartet. Es wäre der erste Verlust seit 1992. Der Aktienkurs von Adidas gab am Mittwoch im Xetra-Handel bis zum Schluss um 2,6 % auf 140,70 Euro nach.

In diesem Jahr müsse Adidas Lagerbestände abbauen und Rabatte reduzieren. Gulden deutete an, was er anders machen will als sein Vorgänger Kasper Rorsted: „Wir müssen uns auf den Kern unseres Geschäfts konzentrieren: Produkte, Konsumentinnen und Konsumenten, Einzelhandelspartner sowie Athletinnen und Athleten.“

Als wichtigste Punkte für einen Erfolg nannte er die Motivation der Mitarbeiter und eine starke Adidas-Kultur. Gulden fasste seine Ambitionen mit den Worten zusammen: „Wir werden Adidas zur weltweit besten Sportartikelmarke machen.“

Trüber Ausblick

Von diesem Anspruch ist der nach Nike zweitgrößte Sportartikelkonzern der Welt weit entfernt. Wie Adidas schon vor einem Monat berichtete, stieg der Konzernumsatz im vergangenen Jahr währungsbereinigt gerade einmal um 1% (s. Tabelle). Das Betriebsergebnis hat sich nahezu ge­drittelt. Der Nettogewinn stürzte auf 254 Mill. Euro ab. Das bekommen auch die Aktionäre zu spüren: Der Hauptversammlung am 11. Mai wird eine auf 0,70 Euro reduzierte Dividende vorgeschlagen (s. Grafik).

Der Ausblick auf dieses Jahr ist ebenfalls trübe, wie Gulden schon vor einem Monat klarmachte. Ein Betriebsverlust von 700 Mill. Euro könnte entstehen, wenn die Schuhe der Linie „Yeezy“ nicht verkauft werden können. Es geht um den Restbestand aus der im Herbst jäh beendeten Kooperation mit dem Rapper und Designer Kanye West (Ye), der mit Hasstiraden und antisemitischen Äußerungen auffiel. Gulden und sein Team überlegen, was mit den etlichen Millionen Paar teurer Sneaker, die auf Lager in der ganzen Welt verteilt seien, geschehen soll. Sie haben einen Umsatzwert von etwa 1,2 Mrd. Euro.

„Das ist eine der schwierigsten Entscheidungen, die ich zu treffen habe“, sagte der Vorstandschef. Viele verschiedene Interessen müssen möglichst in Einklang gebracht werden. Adidas werde kaum Geld damit verdienen. Erwogen wird, einen möglichen Erlös zu spenden.

Die Yeezy-Schuhe zu vernichten ist aus Guldens Sicht wegen des großen Themas Nachhaltigkeit keine ernsthafte Option. Ebenso wenig kommt für ihn in Frage, sie zu verschenken, da sie dann wohl wieder auf den Markt kämen, oder unter einem anderen Markennamen zu verkaufen.

Das Material der Schuhe könnte verwendet werden, um Fußballplätze und andere Produkte herzustellen. Im Fall eines Verkaufs erhielte Kanye West eine Provision von Adidas. Im Geschäftsbericht wird die Wahrscheinlichkeit, dass die Yeezy-Produkte verkauft werden, auf 15 bis 30 % beziffert. Gulden sagte, die Entscheidung werde getroffen, wenn alle notwendigen Informationen gesammelt seien. „Wir stehen nicht unter Zeitdruck“, fügte er hinzu. Einen Zeitrahmen nannte er nicht.

„Fantastische Kooperation“

Gulden hält die Entscheidung seines Vorgängers Kasper Rorsted für richtig, die Partnerschaft mit Kanye West nach neun Jahren beendet zu haben. Mit der Produktlinie hatte Adidas hohe Margen erzielt. Eine solche fantastische Kooperation ließe sich nur mit vielen kleinen anderen ersetzen.

Im Gegensatz zu den anderen großen Regionen schrumpfte 2022 der Umsatz von Adidas in China. Der Erlös sank dort wegen der Lockdowns währungsbereinigt um 36% auf 3,18 Mrd. Euro.

Adidas
Konzernzahlen nach IFRS 1
in Mill. Euro20222021
Umsatz22 51121 234
Bruttoergebnis10 64410 765
Bruttomarge (%)47,350,7
Betriebsergebnis6691986
Ergebnis vor Steuern3881852
Konzernergebnis 22541492
Erg. je Aktie (Euro)1,257,47
Operativer Cashflow−4582873
Nettofinanzschulden 36047 2082
Beschäftigtenzahl59 25861 401
1) fortgeführtes Geschäft; 2) auf Anteilseigner entfallend; 3) bereinigt Börsen-Zeitung
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