Spanien

Erholung am spanischen Arbeitsmarkt stößt ans Ende

Entgegen dem Trend vor der Pandemie steigt die Zahl der Arbeitslosen in Spanien von Juli bis September leicht an. Allerdings entstanden auch neue Jobs und die Zeitarbeit ging weiter zurück. Die Gewerkschaften fordern einen Ausgleich der Kaufkraft.

Erholung am spanischen Arbeitsmarkt stößt ans Ende

ths Madrid

Die rasche Erholung des spanischen Arbeitsmarktes nach der Pandemie ist im Sommer ins Stocken geraten. Angesichts der konjunkturellen Abkühlung sind die Zahlen jedoch weiter recht robust. Im dritten Quartal stieg die Zahl der Menschen ohne Erwerbstätigkeit um 61000 auf 2,98 Millionen, wie die vierteljährliche Erhebung EPA des spanischen Statistikamtes INE am Donnerstag ergab. Die Arbeitslosenquote erhöhte sich leicht auf 12,67%. Normalerweise sinkt die Arbeitslosigkeit im Touristenland Spanien in den Sommermonaten von Juli bis September.

Da sich die Erwerbsbevölkerung jedoch insgesamt vermehrte, entstanden im dritten Quartal gleichzeitig 77000 neue Jobs. Auch das sind weniger als in den Jahren vor der Pandemie. Doch mit 20,5 Millionen sind heute mehr Menschen beschäftigt als zuletzt 2007 vor dem Platzen der Immobilienblase in Spanien. Mit der vierteljährlichen Erhebung ermittelt das Statistikamt alle Personen, die auf der Suche nach einem bezahlten Job sind, während die monatliche Statistik lediglich die bei den Ämtern arbeitslos gemeldeten Menschen angibt.

Die Dynamik am Arbeitsmarkt lässt nach. Die Beschäftigung wuchs im dritten Quartal im Jahresvergleich um 2,6 %, während es in den drei Monaten davor noch 4 % gewesen waren. Der Rückgang der Zeitarbeit setzte sich auch im Sommer fort. Der Anteil der befristeten Verträge sank auf einen historischen Tiefstand von 20,2%. Die Regierung und viele Experten schreiben diesen Trend der Arbeitsmarktreform zu, die Anfang des Jahres in Kraft trat.

Der Dachverband der spanischen Arbeitgeber CEOE warnte bei aller Zufriedenheit über die Widerstandskraft des Arbeitsmarktes vor den Folgen des erwarteten Wirtschaftsabschwungs. „Die bedeutende Erholung der Tourismusbranche hat den Abschwung in den übrigen Wirtschaftszweigen nicht ausgeglichen“, mahnte der Unternehmerverband. Die unabhängige Behörde für die Fiskalpolitik AiRef sagte vor Tagen eine technische Rezession in Spanien im Winter voraus. Spaniens Banken vertrauen dagegen darauf, dass es trotz hoher Inflation und Energiekrise keinen Einbruch am Arbeitsmarkt geben werde. Sie sehen keine Anzeichen auf einen Anstieg der Zahlungsausfälle, wie die Vorstände von Santander und Banco Sabadell diese Woche bekräftigten.

Die Gewerkschaften pochen darauf, dass der Verlust der Kaufkraft der Arbeitnehmer wegen der hohen Preise durch Gehaltserhöhungen ausgeglichen wird. Seit Monaten wird über einen Pakt zwischen den Tarifpartnern verhandelt, der eine gemäßigte Lohnangleichung bei Verzicht der Unternehmen auf Gewinnzuwächse vorsieht und unter anderem von der spanischen Notenbank stark begrüßt wird. Doch die Gespräche sind zuletzt eingeschlafen. Die Gewerkschaften geben der CEOE die Schuld, da deren Vorsitzender Antonio Garamendi mit Blick auf seine angestrebte Wiederwahl im November keine Zugeständnisse machen wolle. Der Arbeitgeberchef weist dies zurück. Die überraschend gute Zusammenarbeit zwischen der CEOE, den Gewerkschaften und der Arbeitsministerin Yolanda Díaz vom Linksbündnis Unidas Podemos ist mittlerweile Vergangenheit. Díaz plant nun, auch gegen den Willen der Arbeitgeber, den gesetzlichen Mindestlohn weiter zu erhöhen.

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