CEOs

Ertragsmisere drückt Managergehälter

Das schwierige wirtschaftliche Umfeld spiegelt sich in der Vorstandsvergütung, vielerorts gehen die Gehälter zurück, doch es gibt auch neue Spitzenverdiener im Dax.

Ertragsmisere drückt Managergehälter

Von Sabine Wadewitz, Frankfurt

Viele Unternehmen sind von Inflation, Konjunkturflaute und hohen Energiepreisen getroffen. Die Gewinnerosion schlägt sich auch in niedrigeren Vorstandsgehältern nieder. Markus Steilemann, CEO des Kunststoffkonzerns Covestro, fand dafür klare Worte: Die Aktionäre erhalten für 2022 keine Dividende, weil das Unternehmen in roten Zahlen landete. Somit werden auch die Boni für die Mitarbeitenden gestrichen, der Vorstand erhält keine kurzfristige variable Vergütung für das Geschäftsjahr. In Zahlen heißt das für Steilemann, dass sein Jahressalär von 5,2 Mill. auf 2,5 Mill. Euro schrumpft.

Weimer an der Spitze

In anderen Chemieunternehmen sieht es ähnlich aus. BASF-Chef Martin Brudermüller muss eine Gehaltskürzung um ein Viertel hinnehmen; BASF gewährt den Aktionären jedoch eine unveränderte Dividende. Nicht immer entspricht der Aderlass dem Ausmaß des Gewinnrückgangs. So liegt die Vergütung von Rice Powell in seinem letzten Jahr als CEO von Fresenius Medical Care (FMC) um 14% unter Vorjahr, während das operative Ergebnis des Dialysekonzerns um 25% einbrach, das Konzernergebnis sogar um 37%. Nach seiner Pensionierung bleibt der US-Amerikaner­ Powell bis Ende 2023 als Berater des Vorstands aktiv, was ihm FMC nach eigenen Angaben mit einem Honorar von monatlich 25000 Dollar vergütet.

Wenngleich die schwierige Marktlage für zahlreiche Manager Gehaltskürzungen mit sich brachte, gibt es auch 2022 Spitzenverdiener in Un­ternehmen, die von der Konjunkturflaute nicht getroffen sind – oder noch nicht. Merck-Chefin Belén Garijo streicht wie schon 2021 mehr als 10 Mill. Euro ein. Sie wird übertroffen vom CEO der Deutschen Börse, Theodor Weimer, dessen Vergütung sich auf 11,5 Mill. Euro mehr als verdoppelt. Er profitiert davon, dass 2022 die fünfjährige Performance-Periode der Tranche für die aktien­basierte Komponente (Performance Share Plan) endete und es für ihn und andere Vorstände erstmals seit Amtsantritt zur Auszahlung einer Tranche kommt. Für Weimer macht das allein eine mehrjährige variable Vergütung von 7,2 Mill. Euro aus.

Zalando schnallt Gürtel enger

Auch die Chefs der Autokonzerne spüren mehr Bewegung auf dem Gehaltskonto. BMW-Vorstandschef Oliver Zipse kommt dank langfristiger Gehaltskomponenten aus dem Performance Cash Plan auf ein Salär von mehr als 10 Mill. Euro. Prozentual fällt das Gehaltsplus bei Mercedes-Benz-CEO Ola Källenius dank höherer Boni mit mehr als 45% deutlich größer aus, mit gut 7 Mill. Euro bleibt das Gehalt aber unter dem von Zipse.

In die andere Richtung geht es diesmal beim Long-Term Incentive für Post-Chef Frank Appel, der für sein letztes vollständiges Jahr an der Vorstandsspitze mit 6,99 Mill. Euro bezahlt wird. Im Vorjahr 2021 hatte er 11,9 Mill. Euro verdient, dabei allein aus der mehrjährigen variablen Komponente eine Summe von 7,3 Mill. Euro.

Die Vergütungskönige des Jahres 2021 von Zalando dürften 2022 das Schlusslicht setzen – das darf man annehmen, auch wenn noch nicht alle Dax-Konzerne die Vergütungsberichte veröffentlicht haben. Die Co-Chefs des Online-Modehändlers müssen sich 2022 mit Grundgehalt plus Nebenleistungen bescheiden, in Zahlen 78000 Euro. Im Vorjahr hatten Robert Gentz und David Schneider dank Aktienoptionen noch jeweils gut 45 Mill. Euro eingestrichen. Für die gewährten Aktienoptionen seien die geltenden Leistungskriterien 2022 zwar erfüllt worden, heißt es im Vergütungsbericht von Zalando. Der Ausübungspreis von 47,44 Euro lag aber über dem Jahresschlusskurs von 20,23 Euro, so dass „die gewährte und geschuldete Vergütung gleich null ist“.

Besser getroffen hat es der am 1. Juni 2021 in Elternzeit ausgeschiedene ehemalige Dritte im Bunde bei Zalando. Rubin Ritter hat noch mal Optionen ausgeübt, die dem Management vor dem Börsengang 2013 zugeteilt wurden. Das hatte Ritter im Jahr des Abschieds schon eine Vergütung von in Summe 89 Mill. Euro gebracht und nun 2022 weitere 14,2 Mill. Euro.

Mit neuen gesetzlichen Vorgaben haben die Konzerne die Systeme der Vorstandsvergütung zuletzt angepasst. Unter anderem sind ESG-Kriterien eingefügt worden. Die Unternehmen berichten zudem deutlich ausführlicher über die Zielerreichung und lassen mehr Transparenz in den Vergütungsberichten zu, zumal die Aktionäre nun regelmäßig darüber abstimmen müssen – und Investoren bei dem Thema sehr genau hinsehen.

Die Systematik der Darstellung in den Vergütungsberichten fällt unterschiedlich aus, so dass die Vergleichbarkeit begrenzt ist. Für die einzelnen Unternehmen selbst bekommen die Anleger in der Regel jedoch deutlich mehr Informationen über Incentivierung und Arbeitserfolg. Dabei wird auch individuell dargestellt, in welchem Umfang jedem Vorstandsmitglied der Erfolg seiner Arbeit bescheinigt werden kann und inwieweit sich das für ihn oder sie im Portemonnaie auszahlt.

Ins Detail geht zum Beispiel der Versicherer Allianz mit ein paar Sätzen zur Beurteilung jedes Vorstandsmitglieds. CEO Oliver Bäte wird das Zeugnis ausgestellt, er habe „im Krisenjahr 2022 das Unternehmen und sein Team mit ruhiger Hand erneut zu operativen Rekordergebnissen geführt“. Wegen rückläufiger aktienbasierter Vergütung ist sein Gehalt dennoch leicht um 2,6% auf 6,78 Mill. Euro gesunken. Dem Ende 2022 vorzeitig ausgeschiedenen Vorstand Ivan de la Sota wird dagegen angekreidet, „die finanzielle Zielerreichung habe erneut unter der enttäuschenden Performance der Einheiten in Brasilien und Spanien“ gelitten. Die in Höhe einer zweifachen Jahresvergütung gewährte Abfindung verschafft dem ehemaligen Konzern­manager dennoch eine Zahlung von 8,78 Mill. Euro.

In der Bemessung der Zielerreichung greift der Aufsichtsrat der Allianz indes diskretionär ein – was Investoren in der Regel kritisch betrachten. Im Versicherungskonzern betrifft das die negativen Effekte im Zusammenhang mit dem Rückzug aus dem russischen Markt, was den Nettogewinn mit fast 440 Mill. Euro belastete. Dieser Effekt sei bei der Berechnung der Zielerreichung bereinigt worden, heißt es.

Goldene Fallschirme halten

Wie üblich in schwierigen Zeiten ist es auch 2022 zu einigen teils überraschenden Umbesetzungen in den Vorständen gekommen, was sich in teilweise stattlichen Abfindungen niederschlägt. Bei Adidas musste Kasper Rorsted im November den Sessel räumen, wofür ihm eine Abfindung von 12 Mill. Euro gezahlt wird. Der ehemalige DWS-Chef Asoka Wöhrmann erhielt nach seinem Rücktritt Mitte des Jahres 2022 von der Fondstochter der Deutschen Bank eine Abfindung von 8,15 Mill. Euro.

Nicht nur CEOs bekamen den goldenen Handschlag. SAP verständigte sich mit dem langjährigen Finanzchef Luka Mucic drei Jahre vor Vertragsablauf auf einen vorzeitigen Abschied zum 31. März 2023, was ihm mit 9,6 Mill. Euro versüßt wird. Bruno Piacenza hat mit Zusammenführung zweier Geschäftsbereiche Henkel verlassen und erhält 6,8 Mill. Euro als Ausgleichszahlung. Sein Kollege Jan-Dirk Auris ist „einvernehmlich“ Ende 2022 ein Jahr vor Vertragsablauf aus dem Vorstand des Konsumgüterkonzerns ausgeschieden, was ihm 3,4 Mill. Euro einbringt. Bei Infineon hat Vertriebschef Helmut Gassel Ende Mai 2022 vor Vertragsablauf aufgehört und bekommt eine Abfindung von 3,9 Mill. Euro – aber in Raten.

Teuer zu stehen kommt dem jüngst aus dem Dax abgestiegenen Dialyseunternehmen FMC der überraschende CEO-Wechsel am Jahresende. Carla Kriwet, am 1. Oktober 2022 drei Monate früher als geplant als Chefin des Dialysekonzerns angetreten, musste nach 66 stressigen Tagen im Amt am 5. Dezember wegen strategischer Differenzen ihren Hut nehmen. Sie erhält für 2022 eine Kompensation von in Summe 3,2 Mill. Euro, wobei 1,8 Mill. als Abfindung deklariert sind. Für ein zweijähriges Wettbewerbsverbot er­hält die Managerin zusätzlich 1,8 Mill. Euro. Und FMC übernimmt die Anwaltskosten, die ihr im Zusammenhang mit der Vertragsauflösung angefallen sind.

CEO-Gehälter im Dax
Gewährte und geschuldete bzw. zugeflossene Vergütung in Mill. Euro
Name/Unternehmen20222021Name/Unternehmen20222021
T. Weimer/Deutsche Börse11,55,64L. Birnbaum/Eon5,425,50
O. Zipse/BMW10,99,46B. Montag/Healthineers4,964,49
B. Garijo/Merck10,510,5C. Klein /SAP4,675,87
T. Höttges/Telekom8,346,89R. Powell/FMC4,665,42
G. Faury/Airbus7,356,68C. Sewing/Dt. Bank4,393,87
O. Källenius/Mercedes7,094,80C. Bruch/Siemens Energy3,523,42
F. Appel/Deutsche Post6,9911,9M. Daum/Daimler Truck3,40
W. Baumann/Bayer6,997,79C. Kohlpaintner/Brenntag3,143,13
R. Busch/Siemens6,896,94H.-J. Bertram/Symrise2,763,32
C. Knobel/Henkel6,867,55M. Steilemann/Covestro2,535,24
A. Bäte/Allianz6,786,96J. Kreuzburg/Sartorius2,292,59
M. Brudermüller/BASF5,847,84R. Gentz/Zalando0,0845,5
Quelle: UnternehmenBörsen-Zeitung
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