Übernahmen

„US-Zukäufe sind für deutsche Unternehmen wichtig“

Das Interesse an Übernahmen in den USA ist hoch. Was solche Zukäufe von Transaktionen in Europa unterscheidet und welche Spezifika zu beachten sind, erläutert Rainer Traugott von Latham & Watkins.

„US-Zukäufe sind für deutsche Unternehmen wichtig“

Helmut Kipp

Herr Traugott, der Markt für Unternehmenskäufe hat sich im laufenden Jahr eingetrübt. Das Interesse deutscher Unternehmen an Übernahmen in den USA scheint aber ungebrochen, oder?

Ja, trotz Krise haben deutsche Unternehmen dieses Jahr etliche große Zukäufe in den USA getätigt, zum Beispiel RWE, Merck, Software AG, Munich Re, Porsche, Allianz und mit gleich zwei Transaktionen Siemens. US-Zukäufe sind für deutsche Unternehmen trotz Krise strategisch ­wichtig.

Was unterscheidet US-Transaktionen von europäischen Übernahmen?

Das ist ein großes Thema. Ich will drei Punkte herausgreifen. Dass Klagerisiken in den USA nicht zu unterschätzen sind, ist inzwischen be­kannt. Insbesondere wenn beim Zielunternehmen Verbraucherklagen möglich erscheinen, ist Vorsicht geboten. Neben den Klagen können US-Genehmigungsprozesse eine Hürde sein, zum Beispiel CFIUS, Fusionskontrolle und sektorspe­zifische Ge­nehmigungsverfahren. Schließlich sind Besonderheiten bei Strukturierung und Vertragsgestaltung zu beachten.

Oft wird ein Reverse Triangular Merger gewählt. Was ist das?

Dies ist bei börsennotierten Zielgesellschaften die häufigste Transaktionsstruktur. Dabei gründet der Erwerber eine US-Tochtergesellschaft, die beim Vollzug auf die Zielgesellschaft verschmolzen wird. Die Aktionäre der Zielgesellschaft erhalten die vereinbarte Gegenleistung, und mit der Verschmelzung wird der Erwerber alleiniger Gesellschafter der Zielgesellschaft. Diese Struktur führt direkt zum gewünschten vollständigen Erwerb und hat steuerliche Vorzüge. Sie bedarf aber der Zustimmung des Board of Directors und der Aktionäre.

Wie bekommt man diese Zustimmungen?

Indem man ein attraktives Angebot macht, wobei allerdings ein paar Rahmenbedingungen zu beachten sind. Das Board of Directors wird regelmäßig nach der Transaktion verklagt wegen zu niedriger Bewertung. Hintergrund ist die Revlon-Rechtsprechung, gemäß der das Board of Directors verpflichtet ist, den höchsten Preis zu erreichen, der vernünftigerweise zu erzielen ist. Der Gang der Gespräche ist den Aktionären offenzulegen. Entsprechend be­steht ein Interesse, einen dynamischen Verhandlungsverlauf mit dem deutschen Bieter und einen Markttest mit möglichen anderen Bietern darstellen zu können. Für die Zustimmung der Aktionäre bedarf es eines Proxy Statements, das zunächst bei der Börsenaufsicht SEC einzureichen ist und wesentliche Informationen zur Transaktion enthält. Bei der Abstimmung der Aktionäre reicht dann normalerweise die einfache Kapitalmehrheit.

Sind die Unterschiede zur deutschen Transaktionspraxis beim Erwerb privat gehaltener US-Un­ternehmen geringer als beim Er­werb börsennotierter US-Gesellschaften?

Ja, hier sind die Unternehmenskaufverträge in vielen Punkten vergleichbar. Es gibt aber Unterschiede in der Marktpraxis, die deutschen Käufern zugutekommen. Denn insgesamt ist der US-Markt in diesem Bereich käuferfreundlicher als der europäische. Ein offensichtliches Beispiel sind Material-Adverse-Change-Klauseln, nach denen der Käufer vom Vertrag Abstand nehmen kann, wenn sich vor Vollzug wesentliche nachteilige Veränderungen ergeben. In den USA sind solche Klauseln üblich, in Europa sieht man sie trotz Krise noch immer selten.

An Akquisitionen sind viele Unternehmensabteilungen und Berater beteiligt. Gibt es hier bei US-Transaktionen besondere Anforderungen für deutsche Käufer?

Der US-Transaktionsmarkt verfügt über hochprofessionelle Berater, die sich oft gut kennen und ein gemeinsames Verständnis von US-Usancen ha­ben. Daher sind Investmentbanker und US-Anwälte gerade bei ausländischen Mandanten zuweilen geneigt, die Köpfe zusammenzustecken und die Transaktion eigenständig voranzutreiben. Dies kann manchen sehr willkommen sein. Für Mandanten, die ihre unternehmensspezifischen An­for­derungen erfüllt sehen wollen, ist hingegen oft eine enge Führung der US-Teams wichtig. Dies lässt sich durch frühe Festlegung der Kommunikationswege und Entscheidungsprozesse erreichen. Ziel ist es, während des Transaktionsverlaufs abgewogene Entscheidungen zu treffen sowie die Üblichkeiten des US-Marktes und die Anforderungen des deutschen Käufers unter Berücksichtigung der jeweiligen Verhandlungssituation bestmöglich zum Ausgleich zu bringen.

*) Dr. Rainer Traugott ist Partner von Latham & Watkins.

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