Umschuldung

Argentinien wendet Staatsbankrott vorerst ab

Argentinien hat einen neuerlichen Staatsbankrott vorerst abgewendet. Sowohl der Pariser Club als auch der IWF gewähren einen Aufschub.

Argentinien wendet Staatsbankrott vorerst ab

af Buenos Aires

Argentinien hat einen neuerlichen Staatsbankrott vorerst abgewendet. Zwei Wochen vor dem Stichtag für eine Tilgungszahlung von knapp 3 Mrd. Dollar (2,4 Mrd. Dollar plus Zinsen) an den Pariser Club konnte Staatspräsident Alberto Fernández einen Aufschub erwirken und mit IWF-Direktorin Kristalina Georgiewa eine Verschiebung der Umschuldungsverhandlungen für den 45-Mrd.-Dollar-Kredit von 2018 vereinbaren. Am Freitag stiegen daraufhin die Börsenkurse argentinischer Werte an der Wall Street um bis zu 8%. Der von J.P. Morgan berechnete „Länderrisiko“-Index fiel um 29 auf 1565 Punkte.

Präsident Fernández besuchte in der abgelaufenen Woche die Staatschefs von Portugal, Spanien, Frankreich und Italien sowie Papst Franziskus, seinen Landsmann. Am Freitag traf er erstmals auch Georgiewa persönlich, in Rom. An allen Stationen bekam er Unterstützung zugesichert, damit das Land nicht inmitten einer dramatischen zweiten Pandemie-Welle erneut zahlungsunfähig wird. Wie die Nachrichtenagentur Bloomberg am Freitag meldete, seien die im Pariser Club lose formierten staatlichen Gläubiger bereit, Argentinien einen mehrmonatigen Aufschub zu gewähren „wenn das Land gewisse Bedingungen erfüllt“.

Die wichtigste Bedingung hatten die Mitglieder des Pariser Clubs dem argentinischen Finanzminister Martín Guzmán bereits vor einem Monat deutlich mitgeteilt. Man erwarte, dass Argentinien sich zügig mit dem IWF auf eine Umschuldung des 45-Mrd.-Dollar-Kredits verständige, den das Land erhielt, ehe Ende 2019 Fernández an der Spitze einer linken Koalition an die Macht kam. Nach dem Pandemiebedingen Einbruch der Wirtschaftsleistung von 9,9% im vergangenen Jahr kann das Land den stand-by-Kredit unmöglich zurückzahlen. 2021 sind im September und Dezember zwei Tilgungsraten vorgesehen, die je 1868 Mrd. Dollar ausmachen. 2022 und 2023 müssten jeweils mehr als 20 Mrd. Dollar zurückgezahlt werden, was das Land nicht leisten kann. Darum verhandelt Guzmán seit seiner Amtseinführung mit dem IWF über eine Umschuldung, die eine längere Laufzeit ebenso einschließt wie die Reduktion von Zinsaufschlägen, die Argentinien entrichten muss, weil der geliehene Betrag weitaus höher ist als die Geldmenge, die dem Land nach IWF-Statuten eigentlich zustehen.

Diese Gespräche hätten eigentlich bis Freitag abgeschlossen sein sollen, vor dem Stichtag der Tilgung an den Pariser Club. Dass es dazu nicht kam hat drei Gründe: Erstens ließ die Verbreitung der brasilianischen und der britischen Virusvarianten die Corona-Pandemie seit Ende März neu aufflammen, was die Regierung zu Teil-Lockdowns veranlasste, die fiskalische Folgen nach sich ziehen werden. Zweitens stehen im November Teilwahlen zum Parlament an, die den fragilen politischen Rückhalt der Regierung im Kongress gefährden können. Daher wollen Fernández und seine mächtige Stellvertreterin Cristina Kirchner vor dem Urnengang keinesfalls unpopuläre Sparverpflichtungen mit dem IWF unterschreiben. Kirchner will lieber, wie vor all ihren bisherigen Siegen, Geschenke an die Wähler verteilen. Infolge hintertreiben Kirchner-treue Parlamentarier und Spitzenbeamte systematisch die Bemühungen des Finanzministers um Budgetsanierung, was fast zum Rücktritt Guzmáns geführt hatte.

Nach anderthalbstündiger Unterredung bewertete die IWF-Chefin das Treffen mit Fernández als sehr positiv und versprach, die argentinische Bitte nach der Senkung des Zinsaufschlages den Fondsmitgliedern vorzutragen. „Wir haben uns auch verpflichtet, unsere gemeinsame Arbeit an einem IWF-gestützten Programm fortzusetzen, das Argentinien und seinem Volk helfen kann, diese Herausforderungen zu bewältigen, indem es die wirtschaftliche Stabilität stärkt, die Schwächsten schützt und die Grundlage für ein nachhaltigeres und integratives Wachstum schafft“, so die IWF-Chefin in einem offiziellen Kommuniqué.