Industrie

Auftragsstau der Industrie groß wie nie

Die deutsche Industrie könnte 4,5 Monate ohne Neuaufträge weiterarbeiten – die Reichweite legt im April allerdings nicht mehr ganz so dynamisch zu, mahnt das Ifo-Institut.

Auftragsstau der Industrie groß wie nie

ba Frankfurt

Die Auftragsbücher der deutschen Industrie sind so gut gefüllt wie nie. Ohne einen einzigen neuen Auftrag könnte die Industrie 4,5 Monate produzieren, wie die Ifo-Umfrage für April zeigt. Im Januar waren es noch 4,4 Monate. Zum Vergleich: Im langjährigen Durchschnitt liegt die Auftragsreichweite bei 2,9 Monaten. Das Statistische Bundesamt vermeldete zuletzt ebenfalls Rekordreichweiten. Der Auftragsbestand kann allerdings weiter wegen der wirtschaftlichen Folgen des Ukraine-Kriegs nicht abgearbeitet werden – auch wenn sich beim Materialmangel zuletzt eine leichte Entspannung zeigte. Die Lieferkettenprobleme aber halten an und bremsen dabei weiter die Weltwirtschaft – und heizen zudem die Inflation über hohe Frachtraten und Rohstoffpreise an.

Für Ifo-Experte Timo Wollmershäuser spricht allerdings „derzeit vieles eher für eine Verschärfung der Lieferengpässe, vor allem als Folge der rigorosen Lockdowns in China, von wo Deutschland zuletzt 15% seiner importierten Vorprodukte bezog“. Die Staus in der Containerschifffahrt verfestigen sich dem Kiel Trade Indicator zufolge auf hohem Niveau: Rund 11% aller weltweit verschifften Waren stecken im Stau. Falls sich die Lieferengpässe in den kommenden Monaten auflösen würden, so Wollmershäuser, könnte die Produktion in der deutschen Industrie durchstarten: „Das würde dann die Wirtschaftsleistung kräftig anschieben.“

Allerdings ist „der Zuwachs an Reichweite jetzt nur noch gering. Das deutet darauf hin, dass sich der Eingang an neuen Aufträgen allmählich abschwächt“, erklärte Wollmershäuser. Der Auftragsstau spiegele nicht nur die hohe Nachfrage nach deutschen Industriewaren in den vergangenen Monaten wider, sondern auch die Schwierigkeiten der Unternehmen, die bestehenden Aufträge aufgrund des Mangels an wichtigen Vorprodukten und Rohstoffen zeitnah zu erfüllen. Besonders groß ist die Auftragsreichweite in der Autoindustrie (7,4 Monate), im Maschinenbau (6,5 Monate) sowie bei den Herstellern von Datenverarbeitungsgeräten (6,3 Monate). Laut Ifo-Institut sind die Klagen über Materialmangel im April leicht auf 75% zurückgegangen. Im März hatten noch 80,2% der Firmen über Probleme berichtet.

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