NACH DER WAHL IN GRIECHENLAND

Berlin setzt auf Athens Vertragstreue

Zusammenarbeit mit Linkenführer Tsipras - Andere EU-Länder hoffen auf Startschuss für Lockerung

Berlin setzt auf Athens Vertragstreue

wf Berlin – Berlin hat mit Zurückhaltung und Respekt vor dem griechischen Souverän auf das Wahlergebnis in Athen reagiert. Die Bundesregierung werde der neuen Regierung die Zusammenarbeit anbieten, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert lediglich vor der Presse in Berlin. Es werde davon ausgegangen, dass diese “an die erfolgreichen Reformen anknüpft”. Zu der vom Wahlsieger und linken Bündnis Syriza angestrebten Lockerung der Reformauflagen oder gar einem Schuldenschnitt äußerte sich Seibert nicht. Berlin will zunächst die Regierungsbildung abwarten. Syriza-Führer Alexis Tsipras hatte bei den Wahlen vom Sonntag nur knapp die absolute Mehrheit verfehlt und ist eindeutiger Wahlsieger.Von der CDU/CSU unterstrich Vizefraktionsvorsitzender Ralph Brinkhaus, dass er das Ergebnis der griechischen Parlamentswahlen respektiere. “Wir erwarten aber auch, dass Griechenland die europäischen Verträge respektiert und den Reformkurs fortsetzt.” Einen Sonderrabatt für eine neue griechische Regierung könne es nicht geben, erklärte Brinkhaus. Für den SPD-Parteivorstand forderte Joachim Poß die Europäer auf, “in eine konstruktive Diskussion über die notwendigen Schritte zur wirtschaftlichen Belebung und sozialen Stabilisierung mit den Griechen” einzutreten. Hellas benötige zusätzliche Investitionen und strukturelle Reformen. Lagarde verlangt ReformenNach dem Willen von Christine Lagarde, Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), muss Griechenland nun ausstehende Strukturreformen angehen. Der IWF werde zunächst den Dialog mit Athen wieder ankurbeln, sagte Lagarde laut Nachrichtenagentur dpa-afx der Zeitung “Le Monde” in Paris. “Viel Rückstand muss aufgeholt werden.” Dies gelte vor allem für die Reform des Staatsapparats, des Steuersystems und der Justiz. Dies seien keine Sparmaßnahmen, unterstrich die IWF-Chefin. Kritisch und zurückhaltend äußerte sich Lagarde zu der Frage eines griechischen Schuldenschnitts. Es seien interne Regeln der Eurozone zu respektieren. “Man kann nicht spezielle Klassen für dieses oder jenes Land bilden”, sagte sie.In anderen EU-Ländern wird nach dem Wahlergebnis in Athen laut dpa-afx bereits laut über eine Lockerung strikter EU-Sparvorgaben nachgedacht. Die in Paris regierenden Sozialisten haben Griechenland Rückendeckung im Kampf gegen die Sparpolitik zugesagt. Die Linke werde Tsipras eine Stütze sein “in der Frage der Umwidmung der Schulden und des Wachstums in Europa”, sagte der Fraktionssprecher der Sozialisten in der Nationalversammlung, Bruno Le Roux. Staatspräsident François Hollande hatte Tsipras mit der Zusage gratuliert, die enge Zusammenarbeit im Sinne von Wachstum, Stabilität und Solidarität in der Eurozone fortzusetzen.Auch Italien erhofft sich eine weitere Diskussion über eine Lockerung der Sparvorgaben. Seit Monaten sei eine Kraftprobe zwischen Sparen und Flexibilität im Gange, und es gebe keinen Zweifel, dass das griechische Ergebnis “auf die Frage hinausläuft, aus der Unbeweglichkeit herauszukommen, was auch wir Italiener vorschlagen”, sagte Außenminister Paolo Gentiloni dem Fernsehsender “Rai Tre”. In Spanien und Portugal haben sich die konservativen Regierungen bislang nicht dazu geäußert, ob Griechenland beim Abbau der Schulden ein Sonderstatus eingeräumt werden soll.