Bundesbank greift in Lohndebatte ein

Notenbank: Jüngste Tarifabschlüsse "vergleichsweise verhalten" - Sorge über Zweitrundeneffekte

Bundesbank greift in Lohndebatte ein

In Deutschland wurden zuletzt in wichtigen Tarifrunden deutliche Lohnerhöhungen vereinbart. Internationalen Beobachtern wie dem IWF reichen die noch nicht. Nun mischt sich auch die Bundesbank in die Diskussion ein.ms Frankfurt – In der aktuellen Kontroverse über höhere Löhne in Deutschland meldet sich die Bundesbank mit äußerst bemerkenswerten Aussagen zu Wort. In ihrem gestern veröffentlichten Monatsbericht Mai spricht die Notenbank mit Blick auf den jüngsten Tarifabschluss im öffentlichen Dienst von einem “vergleichsweise verhaltenen Lohnzuwachs” und betont, dieses “moderate Tarifergebnis” könne “Signalfunktion” für andere Branchen haben. Die mehr als 2 Millionen Beschäftigten von Bund und Kommunen sollen laut der Ende April erzielten Einigung in diesem Jahr 2,4 % und 2017 dann 2,35 % mehr Lohn erhalten.Ausdrücklich mahnt die Bundesbank in diesem Kontext, dass es “aus stabilitätspolitischer Sicht maßgeblich” sei, dass die derzeit niedrigen Inflationsraten nicht zu Zweitrundeneffekten führten. Diese seien beispielsweise dann festzustellen, wenn im Rahmen der Tarifrunden nicht die angestrebte Inflationsrate von knapp 2 % herangezogen werde, sondern etwaige niedrigere Inflationsraten oder Inflationserwartungen, so die Bundesbank. 2015 lag die Inflation in Deutschland im Schnitt bei 0,3 % und in der Eurozone insgesamt sogar bei nur 0,0 %.Die Aussagen können sich zusammengenommen durchaus so lesen lassen, als gingen der Bundesbank die jüngsten Lohnerhöhungen nicht weit genug und als sehe sie die Gefahr, dass es auch bei den Löhnen in Deutschland zu jenen Zweitrundeneffekten kommt, die die Europäische Zentralbank (EZB) so sehr fürchtet – dass sich also die aktuell niedrige Inflation etwa durch geringe Lohnsteigerungen auf Dauer verfestigt. Diese Sorge gilt der EZB als wesentliche Begründung für ihren aggressiven geldpolitischen Kurs, der in Deutschland heftig umstritten ist.2014 hatte Bundesbankpräsident Jens Weidmann mit seinem Plädoyer für einen Lohnanstieg von 3 % in Deutschland für Aufsehen gesorgt und teils erhebliche Kritik geerntet. Arbeitgeber und Gewerkschaften verbaten sich eine Einmischung. Weidmann hatte damals gesagt, die 3 % ergäben sich überschlagsmäßig aus mittelfristig knapp 2 % Inflation und 1 % Produktivitätswachstum.Vor allem internationale Beobachter wie der Internationale Währungsfonds (IWF) dringen seit langem auf höhere Löhne in Deutschland. Das soll die heimische sowie die Weltwirtschaft ankurbeln und das Erreichen des EZB-Ziels von 2 % Inflation erleichtern. Jüngst hatte sich auch der Chefökonom von US-Präsident Barack Obama, Jason Furman, derart geäußert. Das Thema dürfte auch Ende der Woche beim Treffen der G 7-Finanzminister und Notenbankchefs in Japan eine Rolle spielen.In ihrem neuen Monatsbericht verweist die Bundesbank nun darauf, dass die Lohnrunde 2016 bislang moderater sei als 2015 – auch inklusive des jüngsten Tarifabschlusses in der Metallindustrie mit 2,8 % mehr Lohn ab Juli 2016 und weiteren 2 % ab April 2017. Dass die Gewerkschaften im öffentlichen Dienst der verhaltenen Lohnerhöhung zugestimmt haben, habe wohl auch mit Zusatzvereinbarungen zu tun wie der Einführung einer neuen Entgeltordnung bei den Kommunen. Dennoch könne es passieren, dass dies Signalwirkung habe, so die Notenbank.Die Tarifverdienste insgesamt legten laut Bundesbank im Wintervierteljahr 2016 spürbar weniger zu als im Herbstquartal 2015 (siehe Grafik). Der Anstieg gegenüber dem Vorjahr sei von 2,3 % auf 2,0 % gesunken. Bei den für Sondereffekte weniger anfälligen Grundvergütungen sei der Rückgang geringer gewesen.Was die Lage der deutschen Wirtschaft betrifft, geht die Bundesbank davon aus, dass es nach dem kräftigen Wachstumsschub Anfang 2016 mit einem Plus von 0,7 % im Frühjahr weniger Dynamik geben wird. “Die solide konjunkturelle Grundtendenz dürfte aber auch im zweiten Vierteljahr intakt bleiben”, heißt es. Der Konsum sei weiter die wesentliche Stütze für das Wachstum.