Commerzbank fordert EU-Zollsenkungen

Handlungsbedarf auch bei deutschen Unternehmen

Commerzbank fordert EU-Zollsenkungen

jw Frankfurt – Im transatlantischen Handelsstreit ist auch eine Woche nach der Verlängerung der Strafzollfrist durch US-Präsident Donald Trump keine Einigung in Sicht. Deutschland setzt sich für Zollsenkungen und Verhandlungen über “TTIP light” ein. Gut so, finden die Ökonomen der Commerzbank. Sie argumentieren, dass sich an den Gründen für den hohen deutschen Leistungsbilanzüberschuss in naher Zukunft kaum etwas ändern wird. Folglich drohe Deutschland ein stärkerer Protektionismus seiner Handelspartner. Um diesen zu verhindern, solle Deutschland sich innerhalb der EU für eine Senkung der eigenen Import-Zölle einsetzen, fordern die Analysten. Auch die Unternehmen sollen entlastet werden.2017 wies Deutschland mit knapp 300 Mrd. US-Dollar weltweit erneut den mit Abstand höchsten Überschuss in der Leistungsbilanz auf. Auch 2018 steuert das Land auf einen Leistungsbilanzüberschuss von 280 Mrd. Euro zu, wie führende Forschungsinstitute prophezeien. Dabei hatte Deutschland über die gesamten neunziger Jahre noch ein Leistungsbilanzdefizit. Die Wende kam Anfang des Jahrtausends, als im Handel mit den Euro-Ländern und dem Rest der Welt zunehmend Überschüsse erzielt wurden (siehe Grafik). Was sind die Gründe dafür? Der schwache Euro spielt den Commerzbank-Experten zufolge eine Rolle, tauge aber kaum als alleinige Erklärung. Denn Anfang dieses Jahrtausends sei der Außenwert der fiktiven D-Mark sogar noch etwas tiefer gewesen als heute, und damals befand sich die Leistungsbilanz gegenüber den Nicht-Euro-Ländern leicht im Minus. Auch die deutsche Lohnzurückhaltung könne nicht als alleinige Erklärung herhalten. Zwar hätten die Lohnstückkosten in Deutschland in den ersten Jahren der Währungsunion tatsächlich stagniert, während sie im Durchschnitt der anderen Euro-Länder um 15 % zulegten. Gleichzeitig habe sich der deutsche Leistungsbilanzsaldo gegenüber den anderen Euro-Ländern um 4,5 % des deutschen Bruttoinlandsprodukts (BIP) verbessert.Die Commerzbank sieht die eigentlichen Gründe für die deutschen Überschüsse im unterschiedlichen Sparverhalten der Länder. Ein positiver Leistungsbilanzsaldo bedeute, dass die Inländer für Konsum und inländische Investitionen weniger ausgeben, als sie erwirtschaften – so sei es auch in Deutschland. Seit 2001 hätten sich hierzulande die Finanzierungssalden aller Wirtschaftssektoren mit Ausnahme des Finanzsektors verbessert. Dass die deutschen Privathaushalte ihr Geld lieber auf das Konto legen, statt es auszugeben, ist keine Neuigkeit. Es sind laut der Commerzbank insbesondere die Salden des Staates und der Unternehmen außerhalb des Finanzsektors, die sich zwischen 2001 und 2016 um 4 bzw. 5 % des BIP verbessert haben. Statt die niedrigen Zinsen der lockeren Geldpolitik für Investitionen zu nutzen, haben Bund und Unternehmen ihre Schulden abgebaut. Die Commerzbank fordert vor allem die Unternehmen auf, ihr Verhalten zu ändern. Sie “verfügen über ausreichend finanzielle Mittel, aber im Inland fehlt es offenbar an rentablen Investitionsmöglichkeiten”. Darum läge der beste Ansatz für geringere Leistungsbilanzüberschüsse in besseren Investitionsbedingungen und einer geringeren Abgabenbelastung für die Unternehmen (Stichwort Steuerreform).Schon am Dienstag könnte die Diskussion über die Rolle der deutschen Leistungsbilanz im Handelsstreit neu entfachen, dann werden die deutschen Außenhandelszahlen für März veröffentlicht.