Nahost-Konflikt

Containerverkehr im Roten Meer mehr als halbiert

Der Kiel Trade Indicator des IfW zeigt, dass die Angriffe der Huthi-Rebellen im Roten Meer mittlerweile Spuren im globalen Handel hinterlassen. Der Containerverkehr hat sich mehr als halbiert, Fahrtdauer und Frachtraten steigen.

Containerverkehr im Roten Meer mehr als halbiert

Containerverkehr im Roten Meer halbiert

IfW Kiel: 70 Prozent weniger Fracht unterwegs als üblich – Kosten steigen – Kaum Folgen für Welthandel erwartet

ba Frankfurt

Der Kiel Trade Indicator des IfW zeigt, dass die Angriffe der Huthi-Rebellen im Roten Meer Spuren im globalen Handel hinterlassen. Der Containerverkehr hat sich mehr als halbiert, Fahrtdauer und Frachtraten steigen. Gravierende Folgen erwartet das IfW aber nicht – auch nicht für die Verbraucherpreise im Euroraum.

Die andauernden Angriffe der Huthi-Rebellen im Roten Meer zeigen mittlerweile deutliche Spuren im weltweiten Containerverkehr. Die dort transportierte Containermenge ist im Dezember um mehr als die Hälfte eingebrochen. Die Alternativroute um das Kap der Guten Hoffnung verlängert die Fahrtzeit um bis zu 20 Tage, während sich die Frachtkosten mehr als verdoppelt haben. Noch aber sei die Situation weder mit den Lieferkettenproblemen während der Corona-Pandemie noch mit jenen nach der Havarie der "Evergiven" im Suezkanal vergleichbar, analysiert das Kiel Institut für Weltwirtschaft (IfW). Für den Welthandel und die Verbraucherpreise im Euroraum seien kaum negative Folgen zu erwarten.

66 Prozent weniger als üblich

Im Dezember waren rund 200.000 Container täglich auf Frachtern im Roten Meer unterwegs, im November waren es rund 500.000 Container pro Tag. Damit liegt dem IfW Kiel zufolge das aktuelle Aufkommen 66% unter dem auf Basis der Jahre 2017 bis 2019 eigentlich zu erwartenden Volumen. Denn große Reedereien meiden zunehmend die Route über das Rote Meer, nachdem die vom Iran unterstützten Huthi-Rebellen seit Ausbruch des Gaza-Krieges immer wieder Schiffe mit angeblich israelischer Verbindung im Roten Meer angreifen.

Chinas Handel profitiert vom Neujahrsfest

Der Kiel Trade Indicator zeigt für Dezember einen Rückgang des globalen Handels – von dem 10% über das Rote Meer laufen – um preis- und saisonbereinigt 1,3% an. Unter den betrachteten Ländern und Regionen weisen die Daten der Kieler Wirtschaftsforscher allein für China steigende Exporte und Importe aus. Ursächlich dürfte aber das bevorstehende chinesische Neujahrsfest sein, das die Handelsumsätze nach oben treibt. Die stärksten Rückgänge gibt es im Warenverkehr mit Deutschland und der EU, für die der Seeweg durch das Rote Meer und den Suezkanal – die kürzeste Verbindung auf dem Seeweg zwischen Asien und Europa – eine größere Rolle spielt als etwa für die USA.

Nicht vergleichbar mit den Verwerfungen während der Corona-Pandemie

Transportierte Waren seien "nun noch auf See und nicht wie geplant bereits in den Häfen gelöscht", erklärte Julian Hinz, Direktor des Forschungszentrums Handelspolitik und neuer Leiter des Kiel Trade Indicators. Der Umweg um das Kap der Guten Hoffnung verlängere die Zeit für den Transport von Waren zwischen den asiatischen Produktionszentren und den europäischen Verbrauchern um 7 bis 20 Tage. Die verlängerte Fahrzeit hat auch die Frachtraten deutlich erhöht: Der Transport eines 40-Fuß-Standardcontainers zwischen China und Nordeuropa kostet aktuell über 4.000 Dollar, noch im November waren es rund 1.500 US-Dollar. Allerdings, so schränkt Hinz ein, sei der aktuelle Preis noch weit entfernt von den drastischen Ausschlägen während der Corona-Pandemie. Damals waren es bis zu 14.000 Dollar. Einem Reuters-Bericht zufolge sind auch die Kosten einer weiteren alternativen Handelsroute kräftig gestiegen: Pro 40-Fuß-Container sind auf der Bahnverbindung von Westchina nach Osteuropa nach etwa 7.000 Dollar im November nun etwa 9.000 bis 10.500 Dollar fällig.

Mehr Überfälle auf allen Weltmeeren

Trotz des merklichen Anstiegs der Frachtraten erwartet IfW-Experte Hinz "keine spürbaren Folgen" für den globalen Handel oder die Verbraucherpreise in Europa, "zumal der Anteil der Frachtkosten am Warenwert hochpreisiger Artikel etwa im Bereich Consumer-Elektronik nur im Promillebereich liegt“. Das Containerschiffnetzwerk dürfte sich schnell "auf die etwas längeren Lieferzeiten für Produkte aus Fernost und erhöhten Frachtkosten einstellen". Laut Bloomberg geben Besatzungen derweil aus Sorge vor einem Angriff für die im Internet einsehbaren Schiffsbewegungen statt des sonst üblichen Zielorts "all Chinese crew" oder Ähnliches an. Frankreichs Marine wiederum eskortiert Handelsschiffe unter französischer Flagge oder mit französischen Interessen im Roten Meer. Erst am Mittwoch war wieder einen Angriff auf ein US-Schiff gemeldet worden. Der UN-Sicherheitsrat hat per Resolution ein Ende der Angriffe gefordert. Im Gesamtjahr 2023 war die Zahl der Vorfälle von Seepiraterie und bewaffneten Raubüberfällen auf sämtlichen Weltmeeren von 115 auf 120 gestiegen.