Konjunktur

Deutsche Einzelhändler mit unerwartetem Umsatzplus

Trotz rekordhoher Inflation und flauer Verbraucherstimmung haben die deutschen Einzelhändler im September wieder mehr umgesetzt. Dennoch sind die Sorgen um die eigene Existenz groß. Und nun beginnt der Jobmarkt zu schwächeln.

Deutsche Einzelhändler mit unerwartetem Umsatzplus

ba Frankfurt

Die deutschen Einzelhändler haben im September trotz der hohen Inflation und der trüben Verbraucherstimmung mehr Umsatz gemacht. Allerdings machen sich die Einzelhändler derzeit wieder größere Sorgen um ihre Existenz, wie eine Ifo-Umfrage ergab. Und auch der Jobmarkt zeigt gemessen an diversen Frühbarometern Schwächen, so dass der Rückenwind für den Privatkonsum, der der Wirtschaft im dritten Quartal noch zu einem Plus von 0,3% im Quartalsvergleich verholfen hat, bald enden dürfte.

Laut Statistikamt (Destatis) erlösten die Einzelhandelsunternehmen im September kalender- und saisonbereinigt real (preisbereinigt) 0,9% mehr als im Vormonat – Ökonomen hatten mit −0,5% gerechnet. Nominal, also nicht preisbereinigt, setzten sie 1,8% mehr um. Im Jahresvergleich sanken die Erlöse real um 0,9%, wohingegen sich nominal ein Umsatzplus von 9,9% ergab. Die Differenz zwischen den nominalen und realen Ergebnissen spiegelt laut Destatis die hohen Preissteigerungen im Einzelhandel wider.

Tankrabatt-Ende belastet

Am besten lief der Handel mit Textilien, Bekleidung, Schuhen und Lederwaren (+9,9%) sowie der Internet- und Versandhandel (+5,8%). Der Einzelhandel mit Lebensmitteln (+2,6%) erholte sich etwas von seinem im August vermeldeten tiefsten Stand seit Januar 2017. Das Ende des Tankrabatts bescherte den Tankstellen mit −15,7% den „größten Umsatzrückgang im Vormonatsvergleich seit Beginn der Zeitreihe im Jahr 1994“. Laut den Wiesbadener Statistikern hatten „die Konsumenten den letzten Monat des Tankrabatts offenbar genutzt, um ihre Vorräte aufzufüllen“.

Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank, erklärt das Umsatzplus auch so: „Die hohen Inflationsraten dürften möglicherweise derzeit sogar beim Konsum helfen. Das Motto könnte lauten: Lieber jetzt kaufen bevor es teurer wird.“ Die aktuelle Inflationsdynamik führt aber auch dazu, dass 11,6% der Einzelhändler in einer Ifo-Umfrage von einer existenzbedrohenden Situation berichten. In der vorherigen Befragung im April waren es nur 6,9%. Über alle Unternehmen hinweg sehen sich derzeit 7,5% in ihrer wirtschaftlichen Existenz bedroht. Während der Corona-Hochphase waren es noch 21,8%. „Angesichts der kräftigen konjunkturellen Abkühlung zeigen sich die Unternehmen sehr robust“, sagte Ifo-Experte Klaus Wohlrabe.

Mittlerweile hat sich das Konsumklima zwar von seinem Rekordtief gelöst, doch droht der Rückenwind vom Jobmarkt zu verfliegen. Der Stellenindex BA-X der Bundesagentur für Arbeit fiel im Oktober um 3 auf 128 Punkte und zeigt, dass der Personalbedarf „weiter spürbar nachlässt“. Das Arbeitsmarktbarometer des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) gab 0,3 auf 100,2 Punkte nach und signalisiert damit noch geringfügig positive Aussichten für die Arbeitsmarktentwicklung. „Normalerweise gibt es nur eines von beiden: starken Arbeitskräftebedarf oder schwache Konjunktur. Aber im Moment trifft Knappheit auf Krise“, erklärte IAB-Experte Enzo Weber. „Die Einstellungspläne werden aber etwas zurückgefahren.“

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