BEWEGUNG IN DEN HANDELSKONFLIKTEN

Die schwierige Mission des Phil Hogan

Subventionen, Autozölle, Digitalsteuer - Der EU-Handelskommissar muss eine neue Eskalation verhindern

Die schwierige Mission des Phil Hogan

Von Stefan Reccius, FrankfurtPhil Hogan ist derzeit ein begehrter Gesprächspartner. Von Dienstag bis Donnerstag reist der EU-Handelskommissar zu Gesprächen nach Washington. Dort wird Hogan zum ersten Mal sein Pendant auf US-Seite, den Außenhandelsbeauftragten und Architekten von Donald Trumps Zollpolitik Robert Lighthizer, treffen. Vor seinem Abflug telefonierte Hogan mit Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier, traf den französischen Finanzminister Bruno Le Maire, Premierminister Édouard Philippe und die spanische Industrie- und Handelsministerin María Reyes Maroto.Es gibt eine Menge zu besprechen: Die EU-Kommission sieht sich mit immer neuen Zolldrohungen aus den USA konfrontiert, die besonders ihre beiden führenden Volkswirtschaften Deutschland und Frankreich empfindlich treffen würden. Im Fokus der Gespräche dürfte der Subventionsstreit über die Flugzeugbauer Airbus und Boeing stehen. Die Welthandelsorganisation hat den USA Strafzölle im Volumen von 7,5 Mrd. Dollar zugestanden. Einen Teil hat die US-Regierung gegen Firmen aus verschiedenen Branchen und EU-Staaten ausgesprochen. Umgekehrt hat die WTO einer Klage der EU gegen US-Subventionen für den Airbus-Rivalen Boeing stattgegeben. Die Schadenssumme verkündet sie in einigen Monaten, Pläne für dann mögliche Gegenmaßnahmen hat Brüssel in der Schublade. Hogan und Lighthizer verhandeln deshalb über konkrete Kriterien für Subventionen und Steuervorteile in der Luftverkehrsbranche. Einigen sie sich nicht, dürften die USA dem Vernehmen nach ihre – in diesem Fall WTO-konformen – Strafzölle “sehr schnell” ausweiten. Rätselraten um AutozölleNach wie vor stehen Importzölle bis zu 25 % auf europäische Autos im Raum. US-Präsident Trump hat Mitte November eine Frist nach Paragraf 232 des Handelsgesetzes kommentarlos verstreichen lassen. Die deutschen Autobauer VW, Daimler und BMW investieren Milliarden in ihre US-Werke. Ist das Thema Autozölle damit ausgeräumt? Bernd Lange, Vorsitzender des Handelsausschusses im EU-Parlament, steht im Austausch mit Senatoren aus Trumps Republikanischer Partei. Sein Eindruck: “Zölle auf Autos haben sich erledigt.” In Industriekreisen sieht man das ganz anders: “Das Thema ist überhaupt nicht vom Tisch.” Befürchtet wird, dass sich das Handelsministerium auf andere Rechtsgrundlagen beruft.Die Schäden wären immens: Kommt ein Zoll von 10 %, ergeben sich nach Berechnungen des Kreditversicherers Euler Hermes Exporteinbußen von 4 Mrd. Euro jährlich. Fast die Hälfte entfiele auf die deutschen Autobauer (1,8 Mrd. Euro). Bei Strafzöllen von 25 % exportierten sie für geschätzte 5,6 Mrd. Euro weniger, EU-weit würden die Ausfuhren um 12,5 Mrd. Euro sinken.Ungelöst ist auch der Konflikt über Frankreichs Digitalsteuer. Paris hat im vorigen Jahr im Alleingang eine dreiprozentige Abgabe für international tätige Internetfirmen eingeführt. Trump will das nicht hinnehmen, weil vor allem US-Konzerne wie Google, Apple, Amazon und Microsoft betroffen sind. Er droht, Strafzölle über 2,4 Mrd. Dollar auf französische Waren wie Champagner, Käse und Kosmetik zu verhängen. Frankreichs Finanzminister Bruno Le Maire hält dagegen: Die Digitalsteuer sei “nicht diskriminierend”. Die USA müssten mit einer Antwort rechnen. Le Maire will mit seinem US-Kollegen Steven Mnuchin am Rande des Weltwirtschaftsforums in Davos (21. bis 24. Januar) über eine Digitalsteuer auf OECD-Ebene beraten. Auch EU-Handelskommissar Hogan hat Paris Hilfe zugesagt. Baustelle Nord Stream 2Anders ist das bei einem Anliegen der Bundesregierung. Die US-Regierung hintertreibt die Fertigstellung der Ostsee-Pipeline Nord Stream 2, die bis zu 55 Mrd. Kubikmeter Erdgas jährlich aus Russland zur deutschen Ostseeküste liefern soll. Denn die Firma Allseas hat aus Angst vor US-Sanktionen ihre Spezialschiffe zum Verlegen der Rohre abgezogen. Die Bundesregierung hält an dem Projekt fest und steckt damit in einer delikaten diplomatischen Baustelle. Denn auch die EU-Kommission und etliche Mitgliedstaaten sind dagegen – aus Angst vor einer zu starken Abhängigkeit von Russland und davor, dass mit dem Erdgastransport über osteuropäische Länder deren Einnahmen aus den Transitgebühren versiegen. Hogan hält sich bedeckt. Auch das ist ein Signal: Auf Hilfe aus Brüssel darf Berlin wohl nicht hoffen.