EU sondiert neue Steuerregeln

Finanzminister wollen Schlupflöcher für die Digitalwirtschaft schließen

EU sondiert neue Steuerregeln

ahe Brüssel – In der EU steigt der Druck, etwas gegen Steuerschlupflöcher in der Digitalwirtschaft zu unternehmen. Nachdem im EU-Parlament bereits Ende August entsprechende Nachbesserungen bei der geplanten gemeinsamen Körperschaftsteuerbemessungsgrundlage gefordert worden waren (vgl. BZ vom 31. August), befassen sich nun auch die EU-Finanzminister mit dem Thema. Auf einer informellen Sitzung in Tallinn wollen sie am Freitag das Problem diskutieren, dass gerade multinationale Großkonzerne wie Apple, Google, Microsoft, Amazon oder Facebook häufig nicht angemessen besteuert würden.In einer Tischvorlage für die Sitzung, die der Börsen-Zeitung vorliegt, kommt die estnische Ratspräsidentschaft zu dem Schluss, dass das derzeitige Körperschaftsteuerrecht in der Union nur unzureichend für die Herausforderungen der Digitalwirtschaft gewappnet sei. Dies liege daran, dass es vor allem noch auf einer physischen Präsenz der Unternehmen in einem Land und damit einem klassischen Betriebsstättenbegriff basiere. Estland sieht hier dringenden Handlungsbedarf, da die Mängel im System Wettbewerbsvorteile für die aktuell erfolgreichsten und am stärksten wachsenden Branchen mit sich brächten.Kurzfristige, bereichsspezifische Lösungen, wie etwa die Besteuerung von Online-Werbung, werden in der Diskussionsvorlage für die Finanzminister abgelehnt. Präferiert wird hier eher eine umfassende Reform des Unternehmenssteuerrechts, das auch die Einführung einer virtuellen Betriebsstätte beinhalten könnte.Unterstützung würde ein solches Vorgehen auch im EU-Parlament erhalten. Markus Ferber, der stellvertretende Vorsitzende des Wirtschafts- und Währungsausschusses, verwies darauf, dass Unternehmen wie Apple und Amazon regelmäßig zu den größten Steuersündern zählten. “Deswegen müssen wir das Körperschaftsteuerrecht um das Konzept einer virtuellen Betriebsstätte ergänzen”, betonte der CSU-Politiker. Sobald ein Unternehmen eine digitale Präsenz habe und Gewinne erwirtschafte, müssten auch die Bestimmungen des Körperschaftsteuerrechts greifen.Konkrete Beschlüsse sind am Freitag noch nicht zu erwarten. Allerdings hofft Estland, dass noch unter seiner Ratspräsidentschaft – und damit auf dem Ecofin-Rat im Dezember – eine gemeinsame EU-Position gefunden wird, um dann in der OECD und damit auch auf globaler Ebene die faire Einbeziehung der Digitalwirtschaft in die Steuersysteme vorantreiben zu können.Auf EU-Ebene ist aktuell der Vorschlag für eine gemeinsame Körperschaftsteuerbemessungsgrundlage (CCCTB) in der Abstimmung. Mehrere Mitgliedstaaten haben allerdings noch Bedenken, da sie ein Wegbrechen von Einnahmen fürchten.