Belarus

Fragwürdige Finanzier­ungen für Lukaschenko

Wenn auch ungewollt: Eine neue Finanzspritze von fast 1 Mrd. Dollar erhält der belarussische Diktator Alexander Lukaschenko ausgerechnet vom Internationalen Währungsfonds (IWF).

Fragwürdige Finanzier­ungen für Lukaschenko

Auch gut ein Jahr nach der umstrittenen und ganz offensichtlich gefälschten Präsidentschaftswahl in Belarus muss sich die EU noch immer auf Sondersitzungen mit ihrem östlichen Nachbarn beschäftigen. Heute sind es die EU-Innenminister, die auf einer außerplanmäßigen Videoschalte eine Antwort auf die neuen Provokationen aus Minsk finden müssen. Denn Machthaber Alexander Lukaschenko hat in den Wochen nach der Kaperung der Ryanair-Maschine Ende Mai nicht nur eine weitere beispiellose Repressionswelle gegen die eigene Zivilgesellschaft losgetreten. Er hat außerdem gezielt Tausende Flüchtlinge über die Grenze nach Litauen geschickt, um die EU wegen der von ihr verhängten Sanktionen unter Druck zu setzen. Bundeskanzlerin Angela Merkel sprach gestern von einer „hybriden Aggressivität“ des belarussischen Regimes.

Angesichts der neuen Fluchtwelle aus Afghanistan, auf die sich die EU einstellen muss, wäre es wichtig, wenn sich die Innenminister jetzt zumindest über eine Verteilung der nach Litauen gelotsten Migranten einigen könnten. Mit Blick auf Belarus muss zugleich der Weg konsequent fortgesetzt werden, den die EU jüngst mit ihren Wirtschaftssanktionen begonnen hat und den auch die USA gehen: Lukaschenko und seinem Regime muss die finanzielle Grundlage entzogen werden. Ansonsten scheint kaum ein Wandel möglich.

Leider ist es aktuell ausgerechnet der Internationale Währungsfonds (IWF), der mit seiner massiven Aufstockung von Währungsreserven dieses Ziel unterläuft. Denn die Erhöhung der Sonderziehungsrechte um 650 Mrd. Dollar beschert Belarus in Kürze unverhofft eine Finanzspritze von 910 Mill. Dollar. Für die belarussischen Behörden seien diese Corona-Hilfsgelder wie „Manna, das vom Himmel fällt“, wurden Wirtschaftsexperten in den vergangenen Tagen schon zitiert. Möglich wird das Manna allerdings nur, weil der IWF die aktuelle Regierung in Minsk noch immer anerkennt.

Eine weitere Finanzspritze erhielt Lukaschenko übrigens kurz vor seiner angeblichen Wiederwahl 2020 von den Finanzmärkten: Über Staatsanleihen sammelte Belarus 1,25 Mrd. Dollar an der Londoner Börse ein. Große Banken wie Citigroup, Raiffeisen und Société Générale waren beteiligt. Auch darüber dürfte allein unter dem Gesichtspunkt der ESG-Nachhaltigkeitskriterien, denen sich die Institute verpflichtet hatten, noch einmal zu reden sein. Denn bei der Emission war bereits klar gewesen, dass die Wahlen undemokratisch verlaufen würden.

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