Staatsfinanzen

Frankreich baut Defizit weiter ab

Höhere Steuereinnahmen haben Frankreichs Defizit etwas besser als erwartet ausfallen lassen. Auch die Staatsausgaben sind gestiegen. Bisher bekommt die Wirtschaft die Proteste gegen die Rentenreform kaum zu spüren.

Frankreich baut Defizit weiter ab

wü Paris

Die Staatsfinanzen Frankreichs tragen noch immer Spuren der Coronakrise, auch wenn das Defizit letztes Jahr etwas niedriger ausgefallen ist als befürchtet. Nach Angaben des Statistikamtes Insee hat sich das Defizit der zweitgrößten Volkswirtschaft der Eurozone 2022 von 6,5% des Bruttoinlandsprodukts auf 4,7% reduziert, die Staatsverschuldung von 112,8% auf 111,6%. Die Regierung von Premierministerin Élisabeth Borne hatte mit einem Defizit von 5% gerechnet.

Ziel sei nach wie vor, die Staatsfinanzen wieder komplett zu sanieren, erklärte Wirtschaftsminister Bruno Le Maire. So soll das Defizit 2027, wenn die Amtszeit von Präsident Emmanuel Macron endet, wieder 3% betragen. Gleichzeitig soll die Staatsverschuldung, die sich inzwischen der symbolischen Grenze von 3000 Mrd. Euro nähert, weiter abgebaut werden. Mitte April will Le Maire Pläne für die französischen Staatsfinanzen für die kommenden Jahre vorlegen.

Dass das Defizit etwas besser als erwartet ausgefallen ist, hat er höheren Steuereinnahmen zu verdanken – und das, obwohl die Abgabe für Rundfunk und Fernsehen abgeschafft und weite Teile der Bevölkerung von der Wohnungsteuer befreit wurden. So hat die Inflation zu höheren Mehrwertsteuereinnahmen geführt, die wirtschaftliche Dynamik zu mehr Einnahmen aus der Körperschaft- und der Einkommensteuer.

Aber auch die Staatsausgaben sind gestiegen, um 4%. Grund sind auch Maßnahmen zum Schutz der Kaufkraft der Bevölkerung, darunter die Deckelung von Strom- und Gaspreisen sowie Tankrabatte. Die Staatsquote beträgt wegen den hohen Ausgaben noch immer 58,1% des BIP, nachdem sie im Vorkrisenjahr 2019 auf 55,4% zurückgegangen war.

Die anhaltenden Proteste gegen die Rentenreform wirken sich bisher kaum auf die Wirtschaft aus, auch wenn Hotels und Restaurants klagen. Das Geschäftsklima hat sich nach Angaben der Insee-Statistiker im März nur leicht eingetrübt. Es ist noch immer besser als das langjährige Mittel. Bruno Cavalier, der Chefökonom von Oddo BHF, geht davon aus, dass die Proteste das BIP-Wachstum nicht belasten werden.

Wenn Frankreich wirklich wie im Mai 1968 stillstehe, habe das erhebliche Auswirkungen auf das BIP, erklärt er. Doch bisher sei die Wirtschaft von den Protesten noch nicht komplett blockiert worden, und im Gegensatz zur Gelbwesten-Bewegung belasteten sie nicht das Vertrauen der Wirtschaftsakteure. „Während einige Reporter die radikalsten Demonstranten filmen, wie sie Schaufenster einschlagen und Mülltonnen anzünden, geht das Leben weiter“, so Cavalier.