Weltwirtschaftsausblick

IWF senkt Prognosen teils drastisch

Im WEO-Update hat der Internationale Währungsfonds die Wachstumsprognosen teils drastisch gesenkt und warnt vor den Abwärtsrisiken für die Weltwirtschaft. Am wichtigsten aber sei im Moment, die Inflation wieder in den Griff zu bekommen.

IWF senkt Prognosen teils drastisch

det Washington

Die USA und andere Industrieländer müssen nach Ansicht des Internationalen Währungsfonds (IWF) ihre Politik vorrangig in den Dienst der Inflationsbekämpfung stellen – ungeachtet der wachstumshemmenden Wirkung höherer Zinsen. In dem Update zu seinem Weltwirtschaftsausblick (WEO) vom April hat der IWF seine Prognosen sowohl für die Industrienationen als auch für die Entwicklungs- und Schwellenländer nach unten revidiert, teilweise in bedeutendem Umfang. Dabei bestünden signifikante Abwärtsrisiken, die laut IWF „deutlich überwiegen“. Die globale Konjunktur könnte daher in diesem und im nächsten Jahr sogar noch schwächer wachsen, schreibt der Währungsfonds.

Laut WEO wird die globale Wirtschaftsleistung dieses Jahr um 3,2% zulegen. Im Frühjahr hatte der Fonds noch mit einem Plus von 3,6% gerechnet. „Viele der Risiken, vor denen wir im April gewarnt hatten, sind zwischenzeitlich zur Realität geworden“, sagte IWF-Chefökonom Pierre-Olivier Gourinchas. Mit maßgeblich für die Abwärtsrevision ist die Entwicklung in den USA. Dort habe der Kaufkraftverlust als Folge der hohen Inflation und steigender Zinsen dazu geführt, dass der Privatkonsum, der mehr als zwei Drittel des Bruttoinlandsprodukts (BIP) ausmacht, weit hinter den Erwartungen zurückgeblieben ist. Folglich wurde die prognostizierte Wachstumsrate um 1,4 Prozentpunkte auf 2,3% heruntergesetzt.

Sorge um Gaslieferungen . . .

Negativ schlagen aber auch Entwicklungen in China und in Europa zu Buche. Im Reich der Mitte hätten Lockdowns den konjunkturellen Abschwung verlängert. Hinzu komme noch die sich vertiefende Krise am Immobilienmarkt, die ebenfalls zu der Abschwächung beiträgt. In Europa hingegen machen sich Ansteckungseffekte des russischen An­griffskriegs in der Ukraine bemerkbar, insbesondere die laut IWF berechtigte Sorge, dass Erdgaslieferungen eingestellt werden könnten. Folglich wurden die Wachstumsprognosen für Deutschland um 0,9 Prozentpunkte auf 1,2% und für die Eurozone um 0,2 Prozentpunkte auf 2,6% heruntergesetzt.

. . . und Lohn-Preis-Spirale

Gemeinsam haben sämtliche Regionen nach Darstellung des Währungsfonds, dass die Volkswirtschaften unter der globalen Inflation leiden. Die bedeutendsten Gefahren bestehen laut WEO darin, dass Engpässe an den Arbeitsmärkten und daraus resultierende Lohnsteigerungen den Preisauftrieb weiter verstärken. Auszuschließen ist auch nicht, dass die Inflationserwartungen hochgeschraubt werden. Dies wiederum könnte zu einer Verschärfung globaler Finanzierungskonditionen führen und in den ärmeren Ländern eine neue Schuldenkrise heraufbeschwören.

Weitere Risiken werden in neuen Corona-Ausbrüchen in China gesehen, die zu verlängerten Lockdowns führen könnten und das Wachstum weiter drücken würden. Auch befürchtet der IWF, dass eine „geopolitische Fragmentierung“ handelspolitischer Kooperation und neuen Handelsabkommen im Wege stehen könnte.

Trotz der bedeutenden Wachstumsrisiken fordert der WEO resolute Maßnahmen gegen die hohe Inflation. Für die Industrieländer sagt der Währungsfonds dieses Jahr eine Teuerungsrate von 6,6% und für die Schwellen- und Entwicklungsländer eine Inflationsrate von 9,5% voraus. Die Werte liegen um 0,9 Prozentpunkte und 0,8 Punkte oberhalb der Prognose vom Frühjahr. Um die Preise in den Griff zu bekommen, fordert Gourinchas, dass die Notenbanken ihre Geldpolitik verschärfen, „um die Teuerung wieder mit den Inflationszielen in Einklang zu bringen“. Zwar könnten Regierungen durch gezielte Transferzahlungen die ökonomischen Folgen der Zinserhöhungen bei Haushalten und Unternehmen abfedern. Diese expansiven Maßnahmen müssten dann allerdings durch Ausgabenkürzungen in anderen Bereichen oder durch höhere Steuern ausgeglichen werden. Ansonsten würde deren expansiver Effekt „den Notenbanken ihren Job umso schwerer machen“, erklärte der IWF-Chefökonom.

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