Ampel-Streit

Koalition findet keinen Kompromiss bei EU-Lieferkettengesetz

Die Ampel hat keine Einigung mehr im Streit um das EU-Lieferkettengesetz geschafft und wird sich daher in der entscheidenden Abstimmung in Brüssel enthalten. Die FDP war zu keinen Kompromissen bereit.

Koalition findet keinen Kompromiss bei EU-Lieferkettengesetz

Kein Kompromiss zu EU-Lieferkettengesetz

Ampel kann sich nicht einigen und wird sich in Brüssel enthalten – Wirtschaft zufrieden

ahe Berlin

Die drei Ampel-Parteien haben es nicht geschafft, sich auf eine gemeinsame Haltung zum geplanten europäischen Lieferkettengesetz zu verständigen. In der finalen Abstimmung der EU-Staaten zu dem Vorhaben wird sich Deutschland daher enthalten, was das Gesetz noch zum Scheitern bringen könnte. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil bestätigte am Dienstag, dass eine koalitionsinterne Kompromisssuche gescheitert sei. Er habe bis zum Schluss Lösungsvorschläge gemacht, sagte der SPD-Politiker. Aber die FDP sei nicht bereit gewesen, diesen Lösungsweg mitzugehen. Heil warf dem Koalitionspartner eine „ideologisch motivierte Blockade“ vor. Er halte dies für falsch. Eine deutsche Enthaltung werde bei den europäischen Partnern auf Unverständnis stoßen.

Bundesfinanzminister Christian Lindner und Justizminister Marco Buschmann (beide FDP) hatten in der vergangenen Woche erklärt, sie könnten die EU-Richtlinie nicht mittragen. Eigentlich hatten die EU-Gesetzgeber schon im Dezember eine politische Einigung über die Lieferkettenregeln gefunden. Diese muss aber von den EU-Staaten noch einmal endgültig gebilligt werden. Wenn sich Deutschland in der Abstimmung enthält, ist es unklar, ob die notwendige Mehrheit zustande kommt. Die Liberalen befürchten, dass die neuen Regeln Rechtsunsicherheit und ein Übermaß an Bürokratie für die Unternehmen mit sich bringen.

Die Wirtschaft hatte schon länger Front gegen das neue EU-Gesetz gemacht. Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) hatte von „komplett wirklichkeitsfremden Vorstellungen“ gesprochen, die den Unternehmen uneinlösbare Pflichten aufbürden würden. Die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) sprach nach Heils Ankündigung am Dienstag daher auch von einem wichtigen Signal. „Der Zeitdruck durch die bald endende EU-Legislaturperiode darf nicht dazu führen, dass Gesetze mit negativen Auswirkungen auf die Wertschöpfungsketten und die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft vorschnell beschlossen werden“, sagte DIHK-Präsident Peter Adrian zu Reuters.

Kritik kam von den Grünen. Co-Fraktionschefin Katharina Dröge warnte, ein Scheitern der Richtlinie sei schlecht für die deutsche Wirtschaft, die von gleichen Wettbewerbsbedingungen profitiert hätte. Anna Cavazzini, grüne Verhandlungsführerin des Gesetzes im Handelsausschuss des EU-Parlaments, betonte, der Rückzieher in letzter Minute beschädige die Reputation Deutschlands als zuverlässiger Verhandlungspartner. Sie hoffe dennoch auf eine Mehrheit im Rat. Die Umweltorganisation WWF fordert Bundeskanzler Olaf Scholz auf, im Kabinett seine Richtlinienkompetenz zu nutzen, um sich für das Lieferkettengesetz einzusetzen. Misereor kritisierte das „Einknicken des Bundeskanzlers vor der Wirtschaftslobby“.

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