Hartz-IV-Nachfolger

Kompromiss zum Bürgergeld steht

„Hartz IV gehört damit der Geschichte an“, heißt es bei der SPD. Die Zugeständnisse der Ampel überraschen die Union. Nun kann das Bürgergeld wohl pünktlich kommen.

Kompromiss zum Bürgergeld steht

Reuters Berlin

Die von der Ampel-Koalition geplante Umwandlung von Hartz IV in ein Bürgergeld mit deutlich höheren Zahlungen kann wohl zum Jahresbeginn 2023 in Kraft treten. SPD, Grüne und FDP vereinbarten mit der oppositionellen Union einen Kompromiss, der am Dienstag dem Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat übermittelt wurde. Beide Seiten zeigten sich zuversichtlich, dass das Bund-Länder-Gremium am Mittwochabend zustimmt. Der Reuters vorliegende Vorschlag sieht schärfere Sanktionsmöglichkeiten gegen Leistungsbezieher, ein geringeres Schonvermögen und auf ein Jahr halbierte Karenzzeiten vor. Unions-Fraktionschef Friedrich Merz (CDU) bescheinigte der Koalition, sie gehe „überraschend weit“ auf die Union zu.

Die Koalition nahm für sich in Anspruch, dass die Reform im Kern erhalten bleibe. Die Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD, Katja Mast, sprach von der größten Sozialreform seit 20 Jahren, also seit Beginn der mit dem Namen des einstigen VW-Arbeitsdirektors Peter Hartz verbundenen Arbeitsmarktreformen. „Hartz IV gehört damit der Geschichte an“, sagte Mast. Die Parlamentarischen Geschäftsführenden von Grünen und FDP, Britta Haßelmann und Johannes Vogel, unterstrichen ebenfalls die Reformansätze. Es gebe mit dem Bürgergeld eine „klare Orientierung auf Kooperation und vertrauensvolle Zusammenarbeit“ zwischen Leistungsbeziehern und Jobcentern, sagte Haßelmann. Mit der Abschaffung des Vorrangs einer Vermittlung in Arbeit werde stärker auf Qualifizierung und dauerhafte Beschäftigung gesetzt.

Wichtigstes Zugeständnis der Koalition aus Sicht der Union ist, dass auf die geplante Vertrauenszeit verzichtet wird. Diese sah vor, dass Bürgergeldbeziehende in den ersten sechs Monaten nach Abschluss eines Kooperationsplans selbst dann nicht mit Leistungskürzungen rechnen müssen, wenn sie ihren Mitwirkungspflichten nicht nachkommen. Nur Terminverstöße sollten sanktioniert werden. Merz verbuchte das Streichen der Vertrauenszeit als großen Erfolg.

Das bisher geplante Schonvermögen von 60000 Euro für einen Bürgergeldbeziehenden plus 30000 Euro für jede weitere Person im Haushalt wird auf 40000 Euro und 15000 Euro verringert. Diese Rücklagen müssen Bürgergeldbeziehende in der neuen Karenzzeit auch dann nicht antasten, wenn sie Hilfen beziehen. Die ursprünglich geplante Karenzzeit von zwei Jahren wird auf ein Jahr halbiert. In dieser Zeit wird auch die Angemessenheit der Wohnungsgröße bei voller Kostenübernahme nicht geprüft.

Wenn der Vermittlungsausschuss den Einigungsvorschlag Mittwochabend beschließt, könnten Bundestag und Bundesrat noch diese Woche zustimmen. Die Reform könnte somit zum 1. Januar 2023 in Kraft treten.