Spanien

Madrid macht sich an Arbeitsmarktreform

Spanien leidet unter einer hohen Arbeitslosigkeit. Um die Mittel aus dem EU-Wiederaufbaufonds zu erhalten, muss eine Arbeitsmarktreform her. Darüber gibt es jedoch noch Streit.

Madrid macht sich an Arbeitsmarktreform

ths Madrid

Der spanische Arbeitsmarkt verzeichnete im März eine leichte Besserung, doch die Aussichten sind wegen der Ungewissheiten durch die Corona-Pandemie eher trübe. Die Zahl der bei den Ämtern registrierten Erwerbslosen sank gegenüber Februar um knapp 60000 auf leicht unter 4 Millionen Personen, wie das Arbeitsministerium am Dienstag mitteilte. Die Erwerbslosenquote wird nur vierteljährlich durch eine Erhebung des Nationalen Statistikamtes ermittelt und lag im vierten Quartal 2020 bei 16,1%. Der Internationale Währungsfonds (IWF) erwartet nach seinen jüngsten Prognosen für das Gesamtjahr eine Quote von 16,8%.

In Spanien waren im März 400000 Menschen mehr ohne Job als vor einem Jahr, bevor die Krise ihren Lauf nahm. Hinzu kommen jedoch noch rund 750000 Personen in Kurzarbeit. Die für die Pandemie beschlossenen Sonderkonditionen dieses Instruments namens ERTE laufen Ende Mai aus. Eine Verlängerung muss nun neu verhandelt werden. Das ist eine Kleinigkeit im Vergleich zur großen Aufgabe einer umfangreichen Arbeitsmarktreform, die sich die Koalitionsregierung aus den Sozialisten von Ministerpräsident Pedro Sánchez und dem Linksbündnis Unidas Podemos (UP) vorgenommen hat.

Die Europäische Kommission hat Spanien angemahnt, dass eine Reform des Arbeitsmarktes unumgänglich sei, um die zugesagten Hilfen aus dem EU-Next-Generation-Fonds von bis zu 140 Mrd. Euro zu erhalten. Sánchez kündigte am Dienstag an, dass man kommende Woche das Programm für die Hilfen aus Brüssel verabschieden werde.

Für die Reform sind im Wesentlichen die Wirtschaftsministerin Nadia Calviño und Arbeitsministerin Yolanda Díaz zuständig. Díaz ist nach dem überraschenden Amtsverzicht von Podemos-Chef Pablo Iglesias zu einer der stellvertretenden Ministerpräsidentinnen aufgerückt. Sie wurde hierarchisch jedoch der Sozialistin Calviño untergeordnet, die die Wirtschaftspolitik der Regierung koordiniert. Zwischen beiden hatte es in der Vergangenheit mehrere Auseinandersetzungen gegeben, etwa über eine weitere Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns, den Calviño ablehnt.

Auch bei den Verhandlungen über die Arbeitsmarktreform gibt es unterschiedliche Vorstellungen. Díaz will, wie im Koalitionsvertrag vorgesehen, die Maßnahmen der Konservativen von 2012 zurückdrehen und Arbeitnehmerrechte stärken. Daher soll zunächst über neue Regeln für die Tarifverträge geredet werden. Für Calviño hat dagegen die Reduzierung der verschiedenen Arbeitsverhältnisse auf nur noch drei Vertragsformen Vorrang. Es geht ihr darum, den nach wie vor sehr hohen Anteil von Zeitarbeit zu senken. Es ist mit 24% der höchste in Europa.

Das ist ganz im Sinne der Kommission, die darauf hingewiesen hat, dass der Missbrauch von befristeten Verträgen im öffentlichen Dienst in Spanien noch größer ist als in der spanischen Privatwirtschaft. Fast ein Drittel der Beschäftigten im Staatsdienst haben Zeitverträge, hauptsächlich im Schulbereich und dem Sanitätswesen. Die Regierung will dies mit einem Gesetz beheben.

Sánchez und Calviño haben zudem angekündigt, die Wachstumsprognose der Regierung von 7,2% für dieses Jahr nach unten zu revidieren. Bis August sollen 70% der Bevölkerung geimpft sein, versprach der Regierungschef. Entscheidend für das Reiseland wird die Sommersaison werden. Denn der Großteil der Arbeitsplätze ist im Tourismus und Gastgewerbe verloren gegangen.