Ifo-Umfrage in der Industrie

Materialmangel nicht mal mehr für jedes zweite Unternehmen ein Problem

Erstmals seit Juli 2021 klagt nicht mal mehr jedes zweite deutsche Industrieunternehmen über Materialengpässe. Das ist aber keine uneingeschränkt gute Nachricht.

Materialmangel nicht mal mehr für jedes zweite Unternehmen ein Problem

Materialmangel immer weniger ein Problem

Ifo: Erstmals seit 2021 in allen Industriebranchen nicht mal mehr jeder Zweite betroffen

ba Frankfurt

Materialmangel ist für die darbende deutsche Industrie ein immer geringeres Problem. Laut der jüngsten Ifo-Umfrage hat sich die Materialknappheit im August weiter entspannt. Erstmals seit Juli 2021 gibt es keine Branche mehr, in der die Hälfte oder gar mehr Unternehmen über Probleme berichten. In mehr als 50% der Industriezweige liegt der Anteil „sogar wieder unterhalb des langfristigen Mittelwerts“, wie die Münchener Wirtschaftsforscher am Montag mitteilten.

Im August klagten nur noch 24,4% der monatlich vom Ifo-Institut befragten Firmen über Engpässe. Im Juli waren es noch 29,5%. „Die Entwicklung bewegt sich immer mehr in Richtung auf das Vorkrisenniveau“, erklärte dazu Klaus Wohlrabe, Leiter der Ifo-Umfragen. Im Zuge der weltweiten Lockdowns während der Corona-Pandemie hatten sich die Materialknappheiten immer stärker ausgeweitet – insbesondere Chips waren Mangelware. Darunter hatte vor allem die in Deutschland so gewichtige Automobilindustrie schwer zu leiden.

Diese leidet auch heute noch am stärksten unter fehlendem Material. Laut Ifo waren es im August noch rund 49%. Aber auch niedrige Pegelstände oder Hochwasser sorgen immer wieder für Engpässe: Aktuell fehlen beispielsweise VW nach dem jüngsten Hochwasser in Slowenien Zahnkränze für den Antriebsstrang für Verbrennungsmotoren. In der Elektroindustrie melden derweil weniger als 40% der Befragten Engpässe. Keine grundlegenden Probleme finden sich laut Ifo zum Beispiel in der Getränkeindustrie (7,2%), im Papiergewerbe (2,1%) oder bei der Metallerzeugung und -bearbeitung. „Völlig sorgenfrei sind die Hersteller von Lederprodukten“, stellten die Wirtschaftsforscher zudem fest.

Nachfrageschwäche wird zum Problem

Die stark exportorientierte Industrie ist derzeit das Sorgenkind der deutschen Wirtschaft. Die jüngsten Daten für Juli und August schüren die Erwartung, dass die Wirtschaftsleistung im dritten Quartal wieder schrumpft. „Die Probleme der Unternehmen verschieben sich nun von der Angebots- auf die Nachfrageseite“, konstatierte denn auch Ifo-Experte Wohlrabe. Wegen der Nachfrageschwäche hat das verarbeitende Gewerbe die Produktion im August so kräftig zurückgefahren wie seit den ersten Lockdowns im Frühjahr 2020 nicht mehr, ergab die jüngste Einkaufsmanagerumfrage. In Verbindung mit der besseren Materialverfügbarkeit seien die Unternehmen bestrebt, ihre Lagerbestände zu reduzieren. Dies war laut S&P Global „erneut ein herausstechendes Merkmal der Umfrageergebnisse“.

Der Datenkranz des Statistischen Bundesamts für Juli zeugt gleichfalls vom verpatzten Start in das zweite Halbjahr: Die Neubestellungen sind – allerdings vor allem wegen der volatil ausfallenden Großaufträge – um 11,7% im Monatsvergleich eingebrochen. Die Produktion wurde um 0,8% gedrosselt. Und die deutschen Exporte fielen um 0,9%. Eine nachhaltige Belebung sei wegen der schwachen Weltkonjunktur nicht zu erwarten, mahnte das Wirtschaftsministerium.

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