Hochwasser

Neue Debatte über Schuldenbremse

Die neue Debatte über die Schuldenbremse kommt für die Bundesregierung zu früh. Bevor über eine Notlage entschieden wird, müssten die Hochwasserschäden erst feststehen.

Neue Debatte über Schuldenbremse

Neue Debatte über Schuldenbremse

Bundesregierung hält Aussetzung für verfrüht – Hochwasserschäden „noch nicht absehbar“

wf Berlin

Die möglichen finanziellen Folgen des Hochwassers in Deutschland haben eine neuerliche Debatte über das Aussetzen der Schuldenbremse ausgelöst. Die Bundesregierung stufte Forderungen danach als verfrüht ein. Regierungssprecher Steffen Hebestreit zufolge dauere die Krise noch an und das Ausmaß der Schäden sei noch nicht absehbar. Bund, Länder und Kommunen könnten erst nach der Akutphase beraten, wie groß das Schadensbild sei und wie damit umgegangen werde. „Wenn dann eine so hohe Schadensumme zusammenkommen sollte, was wir zum jetzigen Zeitpunkt nicht unterstellen, dann kann auch der Bund handeln“, sagte Hebestreit.

Auch die Kommunen sind mit Blick auf eine neue Ausnahmesituation für die Schuldenbremse zurückhaltend. Uwe Brandl (CSU), Präsident des Deutschen Städte- und Gemeindebunds (DStGB) und bis 2023 Bürgermeister in Abensberg, sieht „überhaupt keinen Anlass“ zum Aussetzen der Schuldenbremse. „Da würde ich zu Gelassenheit und zur Zurückhaltung raten“, sagt Brandl. Es gebe sonst „alle fünf Minuten“ eine schwierige Situation, die das Aussetzen der Schuldenbremse rechtfertige.

Kommunen erwarten Defizit

Der DStGB mahnte, Investitionen Vorrang vor Sozialausgaben einzuräumen. Der Investitionstau summiere sich mittlerweile auf 166 Mrd. Euro. Seit 2005 hätten sich die Ausgaben der Städte und Gemeinden für soziale Leistungen auf mehr als 70 Mrd. Euro jährlich verdoppelt. Für 2024 rechnen Städte und Gemeinden mit einem Defizit von 10 Mrd. Euro.

Wegen des Dauerregens wächst derweil die Gefahr von Deichbrüchen. Mit Hochwasser kämpfen verschiedene Regionen in Deutschland – besonders Niedersachsen und Bremen. Aber auch im Süden Sachsen-Anhalts und im Norden Thüringens sind großen Flächen überschwemmt. In Nordrhein-Westfalen steigen die Pegelstände wieder stark an, Hessen rechnet mit einer ähnlichen Entwicklung.

Britta Haßelmann, Fraktionsvorsitzende der Grünen, versprach den Menschen in den Hochwassergebieten, sie „werden sich auf unsere Unterstützung verlassen können“. Dafür müsse im Haushalt 2024 Vorsorge getroffen werden. Forderungen nach einer Aussetzung der Schuldenbremse kamen aus der SPD. Vize-Fraktionschef Dirk Wiese hält laut Zeitungen der Funke Mediengruppe eine Aussetzung der Schuldenbremse für sinnvoll, wenn finanzielle Hilfe des Bundes geboten sei. Der SPD-Abgeordnete Andreas Schwarz verwies auf immense Flutschäden. „Für diese Kosten könnten wir die Schuldenbremse aussetzen.“ Für DIW-Präsident Marcel Fratzscher zeigt die Hochwasserkatastrophe die Unsinnigkeit der Schuldenbremse. Wenn der Staat nicht in fast jedem Jahr mit einer Notlage eine Ausnahme erklären wolle, müsse er für Krisen erhebliche Überschüsse einplanen.

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