EU-Kommission

Plan zur Dekarboni­sierung von Europas Wirtschaft

Die EU-Kommission hat eine umfassende Strategie vorgelegt, wie Europa bis 2050 klimaneutral werden kann. Die Vorschläge reichen von einer Neuausrichtung der Energiebesteuerung und Emissionshandel bis zum Ausbau der erneuerbaren Energien.

Plan zur Dekarboni­sierung von Europas Wirtschaft

ahe Brüssel

Mit rund einem Dutzend Gesetzesvorschlägen will die EU-Kommission den nachhaltigen Umbau der Wirtschaft schneller vorantreiben und den CO2-Ausstoß in Europa in den kommenden Jahren drastisch senken. Um das verschärfte Klimaziel der EU für 2030 zu erreichen, das eine CO2-Senkung von mindestens 55% im Vergleich zu 1990 vorsieht, nimmt die Brüsseler Behörde insbesondere den Energie- und den Verkehrssektor in Fokus. Die Energieeffizienzziele werden verschärft, und erneuerbare Energien sollen bis zum Ende der Dekade einen Anteil von 40% erreichen. Bisher waren es nur 32%. Die EU-Mitgliedstaaten erhalten spezifische Ziele für die Nutzung erneuerbarer Energien in den Bereichen Verkehr, Heizen und Kühlung, Gebäude und Industrie.

„Die Wirtschaft der fossilen Brennstoffe stößt an ihre Grenzen“, betonte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bei der Präsentation des sogenannten „Fit for 55“-Pakets. Der europäische Grüne Deal sei Europas Wachstumsstrategie für eine dekarbonisierte Wirtschaft.

Im Verkehrsbereich fährt die EU-Kom­mission dabei eine dreigleisige Strategie: Zum einen wird ein neues Emissionshandelssystem (ETS) für den Straßenverkehr und den Gebäudesektor aufgebaut. Im bestehenden ETS-System spielen künftig auch der Flugverkehr und die Schifffahrt eine Rolle. Zum Zweiten wird der Einsatz umweltfreundlicherer Kraft- und Brennstoffe stark gefördert. Und zum Dritten erhalten Autos noch zusätzliche neue Emissionsvorgaben: So soll die durchschnittliche jährliche Emission neuer Pkw bis 2030 um 55% niedriger liegen als heute. Bei Vans sind es 50%. Und ab 2035 müssen alle in der EU zugelassenen Neuwagen komplett emissionsfrei sein – das Ende des Verbrennungsmotors hat damit eine konkrete Zielmarke.

Von der Leyen verwies in Brüssel darauf, dass in jüngster Zeit bereits ein Dutzend der großen europäischen Automobilbauer Strategien für einen Ausstieg aus dem Verbrenner vorgestellt hätten. Die Unternehmen selbst hätten sich die Zielmarken von 2028 bis 2035 gesetzt, und die EU-Kom­mission habe sich nun an diesen ehrgeizigen Zielen orientiert.

Zur Flankierung dieses Kurses in Richtung E-Mobilität schlug die Behörde unter anderem einen forcierten Ausbau der dazu gehörenden Verkehrsinfrastruktur vor. So soll schon bis 2025 entlang der großen Verkehrsstraßen in regelmäßigen Abständen Tank- und Ladestationen installiert werden: alle 60 Kilometer für Elektroautos und alle 150 Kilometer für die Wasserstoff-Betankung.

Systemwechsel bei Steuern

Kraftstoffvorgaben gibt es zudem künftig auch für Flugzeuge und Schiffe: So sollen an Flughäfen in der EU den angebotenen Turbinenkraftstoffen verpflichtend nach und nach mehr nachhaltige Anteile beigemischt werden, einschließlich synthetischer CO2-armer Kraftstoffe (E-Fuels). Für Schiffe, die einen Hafen in der EU anlaufen, gelten in Zukunft Obergrenzen für den Treibhausgasgehalt.

Im Bereich der Energiesteuern plant die EU-Kommission eine Systemumstellung: Künftig soll es europaweite Mindeststeuern geben, die auf den Energiegehalt von Kraftstoffen und nicht mehr auf das Volumen bezogen werden. Die Mitgliedstaaten sollten dann die umweltschädlichen Kraftstoffe am stärksten besteuern und erneuerbare Alternativen nur gering. Nationale Ausnahmen bei fossilen Brennstoffen – etwa in der Landwirtschaft – wird es dann nicht mehr geben und auch keine Steuererleichterungen mehr für energieintensive Branchen.

Der Anwendungsbereich der Energiesteuerrichtlinie wird zudem ausgeweitet, vor allem auf Schwerkraftstoffe, die innerhalb der EU im Luft- und Seeverkehr verwendet werden. Nachhaltige Kraftstoffe in diesen Sektoren werden zehn Jahre lang einen Nullsteuersatz erhalten, um die Akzeptanz zu fördern.

Die EU-Kommission betonte bei der Vorlage ihres Klimapakets, dass es durch die Maßnahmen durchaus die Gefahr gebe, dass sozial schwächere Haushalte, Kleinstunternehmen und Verkehrsteilnehmer kurzfristig finanziell unter Druck geraten könnten. Die Behörde setzt daher auf eine Abfederung durch einen milliardenschweren neuen Klima-Sozialfonds, aus dem Mitgliedstaaten Mittel zur Kompensation von besonders Betroffenen erhalten.

Finanziert wird dieser Fonds mit einem Betrag aus dem EU-Haushalt, der 25% der erwarteten Einnahmen aus dem neuen ETS-System für Verkehr und Gebäude entspricht. Für den Zeitraum 2025 bis 2032 sollen 72,2 Mrd. Euro für die Mitgliedstaaten bereitstehen. Diese sollen die gleichen Mittel dann auch noch einmal aufbringen, so dass der Fonds nach Einschätzung der Kommission ein Volumen von 144,4 Mrd. Euro für einen sozialverträglichen Übergang mobilisieren könnte.