Portugal

Regierungskrise dämpft Ausblick

Nachdem die Minderheitsregierung gescheitert ist, stehen in Portugal Ende Januar Neuwahlen an. Analysten senken wegen der politischen Krise ihre Wachstumsprognose.

Regierungskrise dämpft Ausblick

ths Madrid

Die wirtschaftliche Erholung in Portugal wird wegen der vorgezogenen Neuwahlen nach An­sicht von Analysten einen Dämpfer erleben. Der Staatspräsident Marcelo Rebelo de Sousa hatte am Donnerstagabend den 30. Januar als Wahltermin verkündet. Er rechtfertigte seine Entscheidung zur Auflösung des Parlaments mit dem Scheitern des Haushaltsplans der sozialistischen Minderheitsregierung von António Costa.

„Wir stehen an einem entscheidenden Punkt, und dieser Haushalt ist entscheidend, da er den Weg aus der durch die Pandemie erzeugten Krise zeigt und die europäischen Fonds verwaltet“, erklärte das Staatsoberhaupt. Doch der Erhalt der Gelder aus dem europäischen Aufbaufonds – Portugal erwartet 13,9 Mrd. Euro an direkten Zuwendungen und 2,7 Mrd. Euro an Krediten – ist an die Reformen und Ausgabenpläne im Staatshaushalt gebunden und wird daher vorerst ausgesetzt. Ein neuer Finanzplan dürfte frühestens im April grünes Licht bekommen.

Die Experten des britischen Analysehauses Oxford Economics senkten daraufhin ihre Wachstumsprognose für Portugal im kommenden Jahr von 5,2% auf 4,5%, da der Empfang der EU-Gelder in vollem Umfang erst einmal warten muss. „Ein großer Teil der verlorenen Wirtschaftsleistung sollte aber 2023 bis 2024 wieder hereingeholt werden, nachdem eine neue Regierung wieder EU-Gelder ausgeben kann. Doch ein wesentliches Risiko ist, dass eine neue Regierung vom bisherigen Plan abweichen könnte und so den Erhalt der Gelder erschwert oder gar gefährdet“, schreiben die Analysten von Oxford Economics.

Ratingagenturen gelassen

Bisher hat die politische Krise keine sichtbaren Spuren an den Märkten gezeigt. Die portugiesischen Anleihen blieben zunächst stabil, und Volkswirte in Lissabon rechnen nicht damit, dass die Ratingagenturen ihre Bewertung kurzfristig verschlechtern werden. „Nur das hypothetische Szenario, dass die Parteien weiter links an Gewicht gewinnen, könnte für die Ratingagenturen eine ‚unbequemere‘ Situation ergeben“, kommentierte der Chefökonom von Banco Montepio, Rui Serra, gegenüber der Nachrichtenagentur Lusa.

Die jüngsten Umfragen sehen jedoch keinen Anstieg in der Wählergunst für die Kommunisten der PCP und den Linken Block BE vor. Die beiden Parteien hatten die Minderheitsregierung seit Costas erstem Wahlsieg 2015 gestützt, ihm diesmal jedoch beim Haushalt die Gefolgschaft verweigert. Sie werfen den Sozialisten eine zu konservative, auf die Reduzierung des Defizits fokussierte Wirtschaftspolitik vor.

Die PS von Costa könnte laut einer Umfrage der Zeitung „Diário de Notícias“ aktuell mit ca. 39% der Stimmen rechnen. Der BE mit 9% und die Kommunisten mit knapp 5% würden dagegen schlechter ab­schneiden als bei der Wahl 2019. Die konservative PSD liegt mit 24% weit hinter den Sozialisten. Die Partei wählt am 4. Dezember einen neuen Vorsitzenden. Der Europaabgeordnete Paulo Rangel fordert den amtierenden PSD-Chef Rui Rio heraus.

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