Spanien

Sánchez bleibt bei Reformplänen noch vage

Die spanische Regierung erwartet 140 Mrd. Euro aus EU-Krisenfonds. Ein Großteil der Hilfen soll in den Umweltbereich fließen, dabei hat der Ausbau der Elektromobilität Priorität.

Sánchez bleibt bei Reformplänen noch vage

ths Madrid

Spaniens Ministerpräsident Pedro Sánchez sparte nicht mit Superlativen, als er am Mittwoch den Plan zur wirtschaftlichen Wiederbelebung im Parlament vorstellte. Madrid erwartet vom europäischen Hilfsfonds „Next Generation EU“ in den kommenden Jahren nicht weniger als 140 Mrd. Euro, je zur Hälfte Direkthilfen und Kredite. Nur Italien erhält noch mehr Geld. „Das ist die größte Chance seit unserem Beitritt zur Europäischen Gemeinschaft vor 37 Jahren“, erklärte der Sozialist.

Die Chance, auf die sich Sánchez bezieht, besteht darin, mit dem Geldregen endlich langfristige strukturelle Probleme der Wirtschaft anzugehen. Daher verspricht Madrid auch grundlegende Reformen des Arbeitsmarktes oder der Rentenkasse, wie sie seit langem von Brüssel gefordert werden. Die Opposition hielt dem Regierungschef jedoch vor, reine Propaganda zu betreiben, da der 200 Seiten starke Plan viele Details vermissen lässt. In der Tat müssen die meisten Reformen erst noch ausverhandelt werden. Madrid will den Plan aber fristgemäß bis Ende des Monats bei der Europäischen Kommission einreichen und erwartet grünes Licht für die Hilfen.

Recht konkret sieht es bei den Investitionen aus. Allein in den nächsten zwei Jahren sind 50 Mrd. Euro an Hilfen verplant, der Großteil davon für den Umweltbereich. Spanien will 13 Mrd. Euro in die Elektromobilität stecken, wie den Ausbau von Ladestationen im Land. Europas zweitgrößter Autobauer hat sich zuletzt den Bau von Batteriefabriken im Lande gesichert, etwa von der VW-Tochter Seat.

Der zweitgrößte Einzelposten, 6,8 Mrd. Euro, geht in die Gebäudesanierung. Bei der Energieeffizienz hat Spanien gegenüber anderen europäischen Staaten Aufholbedarf. Mit weiteren Milliarden soll die Digitalisierung des öffentlichen Dienstes und der kleinen und mittleren Unternehmen vorangetrieben werden. Spanien hat heute bereits das größte Glasfasernetz Europas, doch bei anderen Aspekten hakt es noch. Die Tourismusbranche, die vor der Pandemie mit mehr als 10% des Bruttoinlandsproduktes der wichtigste Wirtschaftszweig war, wird mit 3,4 Mrd. Euro unterstützt. Nach der Vorstellung von Politik und Unternehmen soll das Modell vom Sand-und-Sonne-Urlaub hin zu hochwertigeren Ferienerlebnissen geändert werden.

Was die Reformpläne anbelangt, stehen in dem Wiederaufbauplan eher Absichtserklärungen, die jedoch in eine klare Richtung weisen. Am Arbeitsmarkt mit seiner chronisch hohen Erwerbslosenquote von aktuell 16% will man den Missbrauch von Zeitarbeit einschränken. Mit den Hilfen aus Europa sollen die Ausbildung und die Arbeitsmarktpolitik vor allem jüngeren Menschen zu einem Job verhelfen.

Mit dem Ziel, das ausufernde Ungleichgewicht der staatlichen Rentenkasse auszugleichen, ist ein späteres Eintrittsalter in den Ruhestand geplant, teils mit finanziellen Anreizen. Schließlich strebt die Minderheitsregierung aus Sozialisten und Linken eine große Steuerreform an, bei der vor allem höhere Einkommen über die Erbschaft- und Vermögensteuer zur Kasse gebeten werden. Schon länger schwebt den Sozialisten ein Mindestsatz von 15% Körperschaftsteuer für Großunternehmen vor, unabhängig von Ab­schreibungsmöglichkeiten. Der Vorstoß der US-Re­gierung zu einer international abgestimmten Unternehmensbesteuerung wurde von Sánchez sehr begrüßt.