LEITARTIKEL

Vergütung auf dem Holzweg

Gerechtigkeit in der Sozialen Marktwirtschaft: diese Motivation reklamieren diejenigen für sich, die eine gesetzliche Begrenzung von Managergehältern betreiben. Deshalb wollen die Sozialdemokraten nun einen Höchstlohn für Vorstände festlegen, ein...

Vergütung auf dem Holzweg

Gerechtigkeit in der Sozialen Marktwirtschaft: diese Motivation reklamieren diejenigen für sich, die eine gesetzliche Begrenzung von Managergehältern betreiben. Deshalb wollen die Sozialdemokraten nun einen Höchstlohn für Vorstände festlegen, ein limitiertes Vielfaches des durchschnittlichen Arbeitnehmerlohns im Unternehmen. Die Vorstandsvergütung soll transparenter werden, indem darüber die Hauptversammlung abstimmt. Dies kann sie schon heute. Neu daran ist, dass dies verbindlich und obligatorisch geschehen soll. Schließlich wollen die Sozialdemokraten über das Steuerrecht steuern: für Vorstandsvergütungen – feste und flexible Teile – jenseits von 500 000 Euro im Jahr soll ein Steuerabzugsverbot gelten.Die SPD stößt mit ihrem Gesetzentwurf im anlaufenden Wahlkampf in eine politisch heiß geführte Debatte. Diese hat neues Leben bekommen, als sich der VW-Konzern vor Vertragsablauf von Christine Hohmann-Dennhardt trennte und dennoch einen schätzungsweise zweistelligen Millionenbetrag zahlen muss. Der frühere VW-Chef Martin Winterkorn sitzt trotz Dieselaffäre, die das Unternehmen in den Grundfesten erschüttert hat, auf Ruhebezügen, die den meisten Menschen exorbitant erscheinen. Es gehe nicht um eine Neiddebatte, versicherte SPD-Fraktionsvorsitzender Thomas Oppermann. Es gehe um “Maß und Mitte” bei der Vergütung der Unternehmensspitzen und um die Akzeptanz der Sozialen Marktwirtschaft.Um dieses Ziel zu erreichen, sind SPD, Grüne, Linke und die Spitze von CDU/CSU mit ihren Plänen, gesetzliche Grenzen einzuziehen, auf dem Holzweg. Akzeptanz für die Soziale Marktwirtschaft lässt sich nicht durch die Umdeutung des “Sozialen” in Verbindung mit Marktwirtschaft erreichen, um dann dem neu definierten Ziel zu folgen. Sozial im Sinne der geistigen Väter der Sozialen Marktwirtschaft heißt gerade nicht Umverteilung oder staatliche Eingriffe in Lohnfindung oder Vertragsfreiheit. “Soziale Gerechtigkeit”, so schrieb es Walter Eucken, sollte durch eine “funktionsfähige Gesamtordnung” geschaffen werden, die “die Einkommensbildung den strengen Regeln des Wettbewerbs, des Risikos und der Haftung unterwirft”. Eucken hatte bei der Einkommensbildung mehr im Sinn als nur Vorstandesgehälter. Aber die Prinzipien von Wettbewerb, Risiko und Haftung gelten auch für diese.Immerhin ist die SPD in ihrem Gesetzentwurf vom ursprünglichen Ziel der Fraktion abgerückt, den Höchstlohn für Vorstände als Multiplikator des Durchschnittslohns im Unternehmen in einer Art Tarifverhandlung mit Gewerkschaften und Unternehmensverbänden festzulegen. Dazu sollen nun die Aktionäre verpflichtet sein. Wenn dies Limit überhaupt nötig sein sollte, ist dies der richtige Platz. Nur der Eigentümer ist frei, solche Entscheidungen zu treffen. Unbegreiflich ist aber der Zickzackkurs, den SPD und auch Union in Sachen Verantwortung und Haftung des Aufsichtsrats fahren. Nachdem das Kontrollgremium zu Recht im Feuer steht, wenn im Unternehmen etwas schiefgeht, haben alle jüngeren Gesetzesnovellen die Aufsichtsräte stärker in die Pflicht genommen. Nun nimmt die SPD, im Übrigen im Einvernehmen mit dem Koalitionsvertrag und der CDU/CSU, dort wieder Verantwortung weg und verlagert diese in die Hauptversammlung. Etwas mehr Gradlinigkeit würde helfen. Schief sind auch die Pläne zum Steuerabzugsverbot. Denn es zielt willkürlich auf rund 7 700 Aktiengesellschaften, 125 Europäischen SEs und 125 KGaAs. Nur für diese Rechtsform soll die Abkehr vom Nettoprinzip gelten. Nur hier sollen Teile der Vergütung nicht als Betriebskosten abgezogen werden können. Die Gesellschafter der 528 000 GmbHs in Deutschland dürfen ihren Geschäftsführern weiter zahlen, was sie wollen.An Akzeptanz in der Gesellschaft für hohe Managervergütungen mangelt es dann, wenn schlechte Leistung die Vergütung nicht rechtfertigt. Deshalb ist es richtig, dass in solchen Fällen Boni gekürzt und zurückgeholt werden können. Dies ist schon heute aktuelle Rechtslage und liegt richtigerweise in der Verantwortung des Aufsichtsrats. Dieses Gremium kann im Einzelfall besser entscheiden als der Gesetzgeber generell. Der Akzeptanz dienlich wäre es, wenn Aufsichtsräte einschließlich der Gewerkschaftsvertreter die Vorstände nicht mit Rundum-sorglos-Pakten versorgten – mit Abfindungen bei vorzeitigem Ausscheiden und bequemen Ruhebezügen für alle Ewigkeit. Die hohe Vergütung umfasst schließlich auch eine Risikoprämie. Und Risiko gehört zur Sozialen Marktwirtschaft.——–Von Angela WefersPolitisch willkürliche Eingriffe in die Lohnfindung an der Unternehmensspitze sind untauglich, um Akzeptanz für die Soziale Marktwirtschaft zu schaffen.——-