Grenzausgleich

Viel Kritik an Brüsseler Klimazoll

Es gibt noch eine Menge Bedenken gegen den Vorschlag der EU-Kommission zu einer CO2-Grenzsteuer. Rechtliche Unsicherheiten und die Einladung zum Betrug sind nur zwei davon.

Viel Kritik an Brüsseler Klimazoll

ahe/cru/ab Brüssel/Frankfurt

Erste Entwürfe für einen von der EU-Kommission geplanten CO2-Grenzausgleichsmechanismus sind sowohl in der Politik als auch in der Wissenschaft auf Kritik gestoßen. Der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber monierte, die Brüsseler Behörde plane „ein neues Bürokratiemonster“, das sicher zu steigenden Importpreisen führen und sich in der Praxis kaum kontrollieren lassen werde. Auch nach Einschätzung von Gabriel Felbermayr, dem Präsidenten des Instituts für Weltwirtschaft (IfW) Kiel, würde der Vorschlag der Kommission „viele Probleme und Risiken schaffen, aber kaum etwas zum Klimaschutz beitragen“.

Die EU-Kommission will ihren Gesetzentwurf für den geplanten Klimazoll Mitte Juli vorlegen. Ein vorab bekannt gewordener Entwurf, der auch der Börsen-Zeitung vorliegt, nimmt vor allem die energieintensiven Sektoren Zement, Stromerzeugung, Düngemittel, Stahl sowie Aluminium in den Fokus. In diesen Bereichen sollen Importe in die EU ab 2026 mit einem zusätzlichen Zoll belegt werden, der sich am Preis der Emissionszertifikate in der EU orientieren soll. Mittels eines komplizierten Verfahrens soll der Energiegehalt dieser Importgüter bestimmt werden. Dabei soll auch eine etwaige CO2-Bepreisung in den jeweiligen Drittstaaten berücksichtigt werden.

Nach Einschätzung von Felbermayr sind die von Brüssel geplanten Formeln und Verfahren zur Bestimmung des CO2-Gehalts der ausländischen Güter aber komplex und könnten zu Rechtsunsicherheit und Betrug führen. Ferber kritisierte zudem, dass die EU-Kommission den Nachweis schuldig bleibe, dass der Grenzausgleichsmechanismus tatsächlich mit WTO-Regeln vereinbar ist. „Das könnte für die EU schnell zur handelspolitischen Hypothek werden.“

Zweifel an WTO-Konformität

Nach den Regeln des Entwurfs würden Importeure aufgefordert, jedes Jahr bis Ende Mai die Menge an Emissionen zu melden, die in den Waren enthalten sind, die sie im vergangenen Jahr nach Europa importiert haben, sowie die Anzahl der erworbenen Grenzabgabe-Zertifikate. Laut EU-Kommission können Länder, deren klimapolitische Ambitionen mit denen der EU übereinstimmen, die Grenzgebühr umgehen.

Unternehmen wie RWE und HeidelbergCement, die von der CO2-Grenzsteuer profitieren, haben sich dazu auf Anfrage zunächst nicht geäußert. Vor allem die europäischen Stahlkonzerne wie ArcelorMittal, Thyssenkrupp und Salzgitter werden schon jetzt erheblich von EU-Zöllen auf billigere Importe aus Ländern wie China, Türkei und Russland begünstigt. Die geplante CO2-Grenzsteuer würde ihnen eine weitere Entlastung gegenüber der außereuropäischen Konkurrenz verschaffen.

Ein Thyssenkrupp-Steel-Sprecher erklärte, „für uns bleibt es dabei von zentraler Bedeutung, dass ein Grenzausgleichsmechanismus als zusätzliches Instrument und nicht alternativ zu bestehenden Carbon-Leakage-Maßnahmen installiert wird. Wir werben vor allem auch für den Erhalt der Freizuteilung im ETS. Das ist notwendig, um uns nicht zusätzliche Mittel zu entziehen“. Es würde aber wohl gegen WTO-Regeln verstoßen.

ArcelorMittal hatte schon im März 2020 die EU-Staaten aufgefordert, die Einführung eines CO2-Grenzausgleichs als Teil des 1 Bill. Euro schweren Green Deal zu unterstützen. Derzeit zahlen energieintensive Industrien wie Zement, Stromerzeugung und Düngemittel, einschließlich der Stahlproduzenten, innerhalb der EU im Rahmen des EU-Emissionshandelssystems (ETS) für den Ausstoß von CO2. Der Preis je Tonne ist vor kurzem auf das Allzeithoch von 53 Euro gestiegen und notiert jetzt bei 52 Euro. Dies gilt jedoch nicht für Stahlproduzenten aus Märkten außerhalb der EU, die Stahl mit vergleichbaren CO2-Emissionen produzieren. Diese können ihren Stahl zu einem niedrigeren Preis verkaufen.

So äußerte Geert van Poelvoorde, Chef der europäischen Flachstahlsparte von ArcelorMittal, seine Erwartung: „Wir hoffen, dass die Entscheidungsträger in ganz Europa die Vorschläge unterstützen werden.“ ArcelorMittal ist der Ansicht, dass ein Grenzausgleich auf verschiedene Weise eingesetzt werden kann, solange er die Unterschiede in den Kosten für CO2, die aus dem ETS entstehen, aus dem ETS zwischen einheimischen Produkten und Importen neutralisiert.