Häusermarkt

Wohnimmobilien­preise sinken erstmals seit 2014

Wohneigentum in Deutschland wird erstmals seit Jahren billiger. Ökonomen erwarten deutliche Preiskorrekturen. Das Platzen einer Immobilienblase erwarten sie allerdings nicht, denn die Deutschen finanzieren ihre Häuser eher konservativ.

Wohnimmobilien­preise sinken erstmals seit 2014

ast Frankfurt

Erstmals seit fast acht Jahren sind die Preise für Wohnimmobilien in Deutschland leicht gesunken. Gegenüber dem Vorquartal sanken die Preise für Wohnungen und Häuser zwischen Juli und September um durchschnittlich 0,4%. Zwar stiegen sie im Vergleich zum Vorjahresquartal im Schnitt um 4,9%, wie das Statistische Bundesamt (Destatis) am Donnerstag mitteilte. Es handelt sich jedoch um den geringsten Anstieg seit 2015 (siehe Grafik). Der Zinsanstieg im Zuge des geldpolitischen Schwenks auch der Europäischen Zentralbank (EZB) und die hohe Inflation schwächen die Nachfrage. Ökonomen hatten zuletzt mit einer Trendwende auf dem Immobilienmarkt gerechnet.

Wie die Wiesbadener Statistiker mitteilten, war der letzte Rückgang im Vergleich zum Vorquartal Ende 2014 gemessen worden. Ein geringerer Anstieg war den Angaben zufolge zuletzt im dritten Quartal 2015 mit 4,4% verzeichnet worden. Im zweiten Vierteljahr des laufenden Jahres hatten sich Ein- und Zweifamilienhäuser sowie Eigentumswohnungen innerhalb eines Jahres noch um 9,7% verteuert. Am deutlichsten stiegen die Preise in bevölkerungsarmen, ländlichen Kreisen. Dort kosteten Ein- und Zweifamilienhäuser durchschnittlich 7,8% mehr. Die Preise für Eigentumswohnungen kletterten um 7,4% gegenüber einem Jahr zuvor. Wohneigentum in den begehrten Metropolen Berlin, Hamburg, München, Köln, Frankfurt, Stuttgart und Düsseldorf verteuerte sich um 6,2% (Ein- und Zweifamilienhäuser), bzw. 5,0% (Eigentumswohnungen). Den geringsten Anstieg verzeichnete Destatis mit 1,8% für Ein- und Zweifamilienhäuser in städtischen Kreisen. Wohnungen kosteten dort 4,5% mehr als im Vorjahresquartal.

Trendwende erwartet

Dass die Zeiten für die Bau- und Immobilienwirtschaft nach jahrelangem Boom rauer werden, hatten Ökonomen angesichts der Zinswende der Zentralbanken bereits erwartet. Aber auch die hohe Inflation, die zuletzt in Deutschland im zweistelligen Bereich lag und zunächst hoch bleiben dürfte, belastet die Nachfrage. In den vergangenen Wochen hatten Marktbeobachter bereits rückläufige Preise zwischen 10 und 25% für die kommenden Monate erwartet.

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) etwa erwartet Preisrückgänge von bis zu 10%. „Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Phase der Immobilienpreisübertreibungen, die 2010 angefangen hat, sich jetzt ihrem Ende nähert“, sagte DIW-Ökonom Konstantin Kholodilin auf Anfrage. „Allerdings platzt nicht jede spekulative Preisblase mit katastrophalen gesamtwirtschaftlichen Folgen.“ Dies hänge vor allem davon ab, wie stark die Fremdfinanzierung der Immobilienkäufe gewesen ist. Da die Finanzierung in Deutschland traditionell eher konservativ sei und der Anteil der Darlehen mit langfristiger Zinsbindung relativ hoch sei, dürften die meisten Haushalte mit Hypothekenschulden die Phase der steigenden Zinsen „mit minimalen Verlusten“ überleben, erklärte DIW-Experte Kholodilin.

Der Verband deutscher Pfandbriefbanken (VDP) rechnet über einen längeren Zeitraum gar mit Preisrückgängen von bis zu 15 bis 25%. Die DZ Bank erwartet 2023 ein Minus von bis zu 6%.

Die Stimmung im Immobiliensektor ist daher im Keller. Der ebenfalls am Donnerstag vorgestellte Immobilienstimmungsindex (ISI) des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) und des Zentralen Immobilien Ausschusses (ZIA) ergab für Dezember einen neuen Tiefpunkt. Nie wurde die Lage in der Branche seit Beginn der Befragung im Jahr 2014 schlechter eingeschätzt. Besserung ist angesichts der jüngsten Entscheidungen der Notenbanken nicht in Sicht.

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